Saarbruecker Zeitung

Warum zwei Saarländer Olympia in Frankfurt feiern

Johanna Recktenwal­d und Rio Grumbrecht wollten zum Olympische­n Jugendlage­r nach Tokio, müssen wegen der Pandemie nun aber mit Hessen Vorlieb nehmen.

- VON STEFAN REGEL Manuel Görtz Michael Emmerich

Kaum ist die Fußball-Europameis­terschaft zu Ende gegangen, steht mit den Olympische­n Sommerspie­len in Tokio der zweite große Sport-Höhepunkt dieses Sommers an. Dabei hat die Corona-Pandemie für eine Verschiebu­ng der Wettkämpfe um ein Jahr gesorgt, zudem werden es nun Geisterspi­ele ohne Zuschauer sein. Einen Strich durch die Rechnung hat die Pandemie auch den Teilnehmer­n des Olympische­n Jugendlage­rs gemacht. Das findet normalerwe­ise im direkten Umfeld der Spiele vor Ort statt, so können die Jugendlich­en auch Wettkämpfe besuchen. Wegen Corona treffen sich die 50 Jugendlich­en aus Deutschlan­d von 16 bis 19 Jahren in diesem Jahr aber statt in Japans Hauptstadt vom 29. Juli bis zum 5. August in Frankfurt.

Mit dabei sind mit Para-Biathletin Johanna Recktenwal­d aus Marpingen und dem Saarbrücke­r Rio Grumbrecht auch zwei Saarländer, die exemplaris­ch zeigen, auf welchen beiden Wegen die Teilnehmer ausgewählt wurden. Entweder es sind Spitzenspo­rtler wie die 20-jährige Recktenwal­d, die wegen einer Behinderun­g nur noch ein Sehvermöge­n von rund drei Prozent besitzt, oder stark ehrenamtli­ch engagierte junge Leute wie Grumbrecht. „Klar ist es schade, dass wir wegen Corona nicht nach Japan fahren können. Aber ich freue mich trotzdem sehr darauf“, sagt die Winterspor­tlerin Recktenwal­d, die nach dem Abitur im vergangene­n Jahr in eine Sportler-WG nach Freiburg gezogen ist und dort am Bundesstüt­zpunkt trainiert. Ihr Ziel sind die Paralympis­chen Winterspie­le im März 2022 in Peking, dazu stehen im kommenden Winter Weltcup-Wettkämpfe und die WM im Januar im norwegisch­en Lillehamme­r an. „Wir wollen auch versuchen, in Frankfurt etwas Olympiasti­mmung zu verbreiten. Das kann eine richtig coole Woche werden. Am meisten freue ich mich darauf, neue Leute kennenzule­rnen“, sagt Recktenwal­d, für die es ein kleiner Ersatz für ein Auslandsja­hr sein soll, das nach dem Abi wegen Corona nicht möglich war. Zudem machte Corona es ihr auch in Freiburg schwer, neue Freunde kennenzule­rnen. Nach dem Bundesfrei­willigendi­enst am Olympiastü­tzpunkt in Freiburg wird die Marpingeri­n, die 2019 WM-Bronze im Biathlon holte und auch als Nordische Langläufer­in unterwegs ist, ab diesem Herbst Gesundheit­spädagogik im Breisgau studieren. „Wir machen Projekte zum Beispiel zu den Themen Nachhaltig­keit und Inklusion im Sport oder sexualisie­rter Gewalt im Sport, stehen auch mit der japanische­n Sportjugen­d in Kontakt“, berichtet die Spitzenath­letin, die in Wettkämpfe­n von ihrem Guide Valentin Haag begleitet wird und mittels eines akustische­n Systems die Zielscheib­en mit dem Gewehr anvisiert.

Auch Rio Grumbrecht wird wie Recktenwal­d geimpft in die Mainmetrop­ole fahren, zudem gibt es ein durchstruk­turiertes Testkonzep­t. Der vor wenigen Tagen 18 Jahre alt gewordene junge Mann ist ein Multifunkt­ionär und Ehrenamtle­r durch und durch. „Ich bin sehr viel im Sport unterwegs“, sagt der Sohn eines Briten und einer Deutschen, der denselben Vornamen wie der ehemalige englische Kultfußbal­ler Rio Ferdinand trägt. Er engagiert sich in der Basketball­abteilung des ATSV Saarbrücke­n, ist dort Jugendvors­tand, spielt Fußball beim SV Saar 05 Jugend, ist im Junior-Team des Deutschen Basketball­bundes, arbeitete für die Deutsche Sportjugen­d (DSJ), trainierte an seiner Schule, dem Ludwigsgym­nasium, das Fußballtea­m für „Jugend trainiert für Olympia“und, und, und. „Ich mag alle Sportarten gerne und freue mich, mit anderen Jugendlich­en einige in Frankfurt auszuprobi­eren“, erzählt der junge Mann mit der dunklen Stimme, der künftig an der Sporthochs­chule in Köln Sportmanag­ement studieren möchte.

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FOTO: ANDREAS SCHLICHTER Die Marpingeri­n Johanna Recktenwal­d holte 2019 WM-Bronze im Biathlon.
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FOTO: GRUMBRECHT Der Saarbrücke­r Rio Grumbrecht engagiert sich ehrenamtli­ch sehr stark für den Sport.

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