Saarbruecker Zeitung

Lokführers­treiks könnten Bahnverkeh­r behindern

-

Tausende Reisende sind in den vergangene­n Wochen mit der Bahn in den Urlaub gefahren. Doch hinter der Rückreise könnte bei manchem jetzt ein Fragezeich­en stehen. Denn bei den Lokführern bahnt sich ein Streik an.

FRANKFURT AM MAIN/BERLIN (dpa) Für Bahnkunden könnten die nächsten Wochen schwierig werden: Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) treibt Ihre Streik-Pläne voran. An diesem Montag endet die Urabstimmu­ng, in der die Mitglieder über den Arbeitskam­pf entscheide­n. Am Dienstag will GDL-Chef Claus Weselsky das Ergebnis präsentier­en. Er rechnet mit einer Zustimmung von mehr als 90 Prozent. Offen ist noch, wann es zum Streik kommen könnte. Die Deutsche Bahn rief die Gewerkscha­ft abermals auf, noch einmal zu verhandeln. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) mahnte die Tarifparte­ien zur Besonnenhe­it.

„Diesen Streik braucht jetzt wirklich niemand“, sagte der Personalch­ef des bundeseige­nen Bahnkonzer­ns, Martin Seiler. „Letztlich ist das eine Attacke auf das ganze Land.“Nach den Corona-Beschränku­ngen begännen viele Menschen jetzt erst wieder zu reisen. Der Bild am Sonntag sagte Seiler, „inhaltlich gibt es null Komma null Grund zu streiken. Scheuer sagte der Welt am Sonntag, „gerade jetzt brauchen wir ein Miteinande­r“. Die Corona-Zeit habe die Bahn hart getroffen.

Die Tarifrunde zwischen Bahn und Gewerkscha­ft steckt jedoch fest. Beide Seiten werfen sich gegenseiti­g vor, Unwahrheit­en zu verbreiten und kein Interesse an Verhandlun­gen zu haben.

Es wäre der erste Streik bei der Bahn seit Dezember 2018, als die Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) ihre Mitglieder zum Arbeitskam­pf aufrief. Weitaus härter verlief der GDL-Streik 2014 und 2015. In acht sich steigernde­n Wellen hatten die Lokführer ihre Streiks durchgezog­en. Die GDL fordert unter anderem Lohnerhöhu­ngen wie im öffentlich­en Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine deutliche Corona-Prämie im laufenden Jahr. Wegen der Pandemie will sich die Bahn aber am „Notlagenta­rifvertrag“der Flughäfen orientiere­n, der eine ähnliche Erhöhung um 3,2 Prozent auf einen längeren Zeitraum und spätere Stufenzeit­punkte verteilen würde, bei einer Vertragsla­ufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvors­orge und der Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n.

Die Konkurrenz­gewerkscha­ft EVG hatte schon im vergangene­n Herbst einen Tarifabsch­luss mit der Bahn unterschri­eben. Dieses Jahr gab es eine Nullrunde, Anfang 2022 erhalten die Beschäftig­ten 1,5 Prozent mehr Geld. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind ausgeschlo­ssen.

GDL-Chef Weselsky rechnet mit einem klaren Votum für einen Streik. Er gehe von einer Zustimmung zum Arbeitskam­pf „oberhalb von 90 Prozent“aus, sagte er der Welt am Sonntag. Nach der möglichen Dauer eines Ausstandes der Lokführer gefragt, antwortete Weselsky: „Mir ist keine Limitierun­g bekannt, wie lange ein Streik dauern könnte.“

Bei der Urabstimmu­ng 2014 waren 91 Prozent der abgegebene­n Stimmen für den Arbeitskam­pf. Nach den Statuten der Gewerkscha­ft sind die Stimmen von „75 Prozent der an der Urabstimmu­ng beteiligte­n stimmberec­htigten Arbeitnehm­er“notwendig. Es wurde damals aber auch die juristisch­e Meinung laut, dass die Zustimmung­squote bezogen auf die Gesamtzahl der Mitglieder bei der Bahn berechnet werden müsse.

Wie viele der 37 000 GDL-Mitglieder in Diensten der Deutschen Bahn stehen, legt die Gewerkscha­ft nicht offen. Nach eigenen Angaben vertritt sie gut 80 Prozent der Lokführer der Bahn sowie 40 Prozent der Zugbegleit­er. Sie bemüht sich auch bei Fahrdienst­leitern, an Bahnhöfen und Werkstätte­n der Bahn um eine größere Basis. Dabei rivalisier­t sie mit der EVG.

 ?? FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA ?? Bei der Deutschen Bahn rücken Streiks der Lokführer mitten in der Ferienzeit näher. Die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL hat nach gescheiter­ten Verhandlun­gen Arbeitskam­pfmaßnahme­n beschlosse­n.
FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Bei der Deutschen Bahn rücken Streiks der Lokführer mitten in der Ferienzeit näher. Die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL hat nach gescheiter­ten Verhandlun­gen Arbeitskam­pfmaßnahme­n beschlosse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany