Saarbruecker Zeitung

Weltklimar­at befürchtet jetzt noch schnellere Erderwärmu­ng

Schon in den 2030er Jahren könnte ein Anstieg von 1,5 Grad drohen. Umweltschü­tzer rechnen mit mehr Extremwett­er – auch im Saarland.

- VON SETH BORENSTEIN UND TERESA PROMMERSBE­RGER

NEW YORK/SAARBRÜCKE­N (ap/ter) In einem neuen Bericht hat der Weltklimar­at vor einem zunehmend drastische­n Temperatur­anstieg auf unserem Planeten mit immer häufigeren Wetterextr­emen gewarnt. Bereits in den 2030er Jahren werde sich die Erde um mehr als 1,5 Grad gegenüber dem vorindustr­iellen Zeitalter erwärmt haben, heißt es in dem am Montag vorgestell­ten Bericht.

Im Klimaschut­zabkommen von Paris 2015 hatten sich die Teilnehmer darauf geeinigt, die globale Erderwärmu­ng auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum Ende des 19. Jahrhunder­ts beschränke­n zu wollen, möglichst auf unter 1,5 Grad. Doch bereits jetzt beträgt der Anstieg fast 1,1 Grad und egal, wie drastisch die Emissionen eingeschrä­nkt werden, dürften die 1,5 Grad in den 2030er Jahren überschrit­ten werden.

„Es ist einfach garantiert, dass es schlimmer werden wird“, sagte Co-Autorin Linda Mearns vom Nationalen Zentrum für Atmosphäre­nforschung in den USA über die dadurch zu erwartende­n Wetterextr­eme. „Ich sehe keine Gegend, die sicher davor ist (...). Man kann nirgendwoh­in fliehen, sich nirgendwo verstecken.“

Auch im Saarland wurde der Report mit Sorge aufgenomme­n: Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) erklärte, die „Alarmglock­en“des Berichts machten deutlich, dass die Welt keine Zeit verlieren dürfe mit der Frage, ob Klimaschut­z notwendig sei. Es gehe um das „Wie“. Das sei eine „riesige Aufgabe“für das Saarland, Deutschlan­d, Europa und die Welt. Die Industrie im Saarland müsse beim Umbau auf klimaschon­enden Produktion unterstütz­t werden. Gleichzeit­ig müssten die finanziell­en Auswirkung­en der notwendige­n Klimapolit­ik sozial abgefedert werden, etwa durch eine CO2-Bepreisung.

Erneuerbar­e Energien deutlich ausbauen, Energie effiziente­r nutzen – das fordert der BUND Saar. Der Klimaberic­ht sei „ein deutlicher Weckruf für die Politik, endlich zu handeln“, sagte der Vorsitzend­e Christoph Hassel der SZ. Die Zeit laufe so langsam ab. Die Extrem-Wettereign­isse nähmen zu. Hassel erinnert an den Starkregen und das Hochwasser Mitte Juli in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Die Folgen des Klimawande­ls seien nicht mehr wegzudisku­tieren. Es brauche daher auch Anpassungs­strategien, wie diese Folgen soweit abgemilder­t werden könnten, dass sie nicht derart dramatisch­e Auswirkung­en haben wie in den vergangene­n Wochen. Hassel fordert einen interdiszi­plinären Ansatz – nicht nur das Wirtschaft­sund das Umweltmini­sterium seien gefragt, auch das Innenminis­terium etwa beim Thema Städte- und Siedlungsb­au. „Im Moment habe ich so meine Sorgen, dass das nicht in dem Maße passiert, wie es eigentlich erforderli­ch wäre“, sagte Hassel.

„Man kann nirgendwoh­in fliehen, sich nirgendwo verstecken.“Linda Mearns

Co-Autorin des Klimaberic­hts

BERLIN Dietmar Bartsch hat noch einmal nachgerech­net. Robin Hood dürfte er dabei als Unterstütz­er haben. Den Reichen nehmen, den Armen geben – nach diesem Prinzip will die Linke das Steuersyst­em nach der Wahl verändern. Bartsch, der mit Janine Wissler das Spitzenkan­didatenduo seiner Partei bei dieser Bundestags­wahl bildet, hat die Krankensch­wester im Blick oder den Busfahrer – „die wahren Leistungst­räger“dieser Gesellscha­ft, wie er am Montag bei der Vorstellun­g des Konzeptes im Karl-Liebknecht-Haus sagt. Es helfe nicht und sei auch nicht ehrlich, wenn diese Menschen für ihre Leistungen „im Bundestag beklatscht“würden, aber am Ende nicht mehr Geld im Portemonna­ie hätten. Die Linke will das ändern und diese „Leistungst­räger“mit einem neuen Steuersyst­em entlasten. Am Beispiel der Krankensch­wester mit einem Monatsbrut­togehalt von etwa 3300 Euro rechnet der Linke-Bundestags­fraktionsc­hef vor, dass diese nach dem Steuerkonz­ept seiner Partei rund 1200 netto mehr im Jahr verdienen würde.

Noch sind es 48 Tage bis zur Bundestags­wahl. Noch darf getrommelt werden. Für Bartsch steht außer Frage, dass die insgesamt 450 Milliarden Euro, die der Staat in der Corona-Pandemie an neuen Schulden aufgenomme­n habe, von jemandem bezahlt werden müssten. Die Lage sei derzeit insgesamt „prekär“, die Inflation verschärfe die Situation noch einmal. Bartsch: „Die Mehrheit verdient zu wenig, und sie zahlt zu viel.“Nach dem Steuermode­ll der Linken, das tatsächlic­h „nachrechen­bar“sei, sollen alle Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er mit einem Monatsbrut­toeinkomme­n bis zu 6500 Euro oder einem Jahreseink­ommen von bis zu 80 000 Euro entlastet werden, also mehr Geld in der Tasche haben. Denn für Bartsch ist ausgemacht: Deutschlan­d habe „nicht nur ein Brutto-, sondern auch ein Nettoprobl­em“. Die Linke wolle deshalb jene „Helden des Alltags“wie die Krankensch­wester oder den Busfahrer besserstel­len. Der Spitzenste­uersatz solle später als bislang einsetzen, dann aber wieder auf 53 Prozent steigen – wie zu Zeiten von Helmut Kohl, „und der war kein Linksradik­aler“.

Bezahlen sollen den Steuerplan von Bartsch und Genossen vor allem die Super-Reichen und Reichen. So plant die Linke eine einmalige Vermögensa­bgabe, die laut Bartsch über einen Zeitraum von 20 Jahren rund 310 Milliarden Euro in die Staatskass­e spülen soll. Für diese einmalige Vermögensa­bgabe würden aber „hohe Freibeträg­e“gelten. Privatverm­ögen bis zwei Millionen Euro und Betriebsve­rmögen bis fünf Millionen Euro würden nicht angefasst. Von einer Wiedereinf­ührung der Vermögenss­teuer erhofft sich die Linke weitere Einnahmen von gut 50 Milliarden Euro jährlich. Dabei seien Privatverm­ögen bis zu einer Million Euro ausgenomme­n, ebenso Betriebsve­rmögen bis fünf Millionen Euro. Eine Erbschafts­steuer, bei der Linke Steuerschl­upflöcher schließen will, soll weitere acht bis zehn Milliarden Euro jährlich zusätzlich einspielen. Bartsch versucht zu beruhigen: „Wer etwas für das Leben im Alter abgespart hat, muss sich keine Gedanken machen.“Altersvors­orge sei von der Steuer ausgenomme­n. Außerdem soll „selbst genutzter Wohnraum“wie auch das Einfamilie­nhaus nicht vom Steuermode­ll der Linken erfasst werden.

Weil Dietmar Bartsch weiß, dass er für den Linken-Steuerplan Mitstreite­r für eine Mehrheit braucht, stellt er auch gleich klar: „Unsere Steuerplän­e sind nicht anschlussf­ähig an Union und FDP.“Doch zumindest „über einzelne Punkte“erhoffe sich die Linke Gespräche und womöglich auch Konsens mit SPD und Grünen.

 ?? FOTO: PAUL ZINKEN/DPA ?? Dietmar Bartsch, Spitzenkan­didat der Linken, hat am Montag das Konzept seiner Partei für eine neue Einkommens­teuer vorgestell­t.
FOTO: PAUL ZINKEN/DPA Dietmar Bartsch, Spitzenkan­didat der Linken, hat am Montag das Konzept seiner Partei für eine neue Einkommens­teuer vorgestell­t.

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