Saarbruecker Zeitung

Laschets Fünf-Punkte-Plan beinhaltet kostenpfli­chtige Corona-Tests

- VON TIM BRAUNE, JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL, KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Die Union will einen vierten Corona-Lockdown im Herbst unter allen Umständen vermeiden. Statt dessen müsse das Impftempo erhöht und das Testen wieder ausgeweite­t werden, sagte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak nach einer Präsidiums­sitzung seiner Partei am Montag. In der Sitzung stellte CDU-Chef Armin Laschet einen Fünf-Punkte-Plan für ein „besonnenes, aber entschloss­enes Handeln“zur Bekämpfung der weiteren Pandemie vor. Darin forderte der Unionskanz­lerkandida­t unter anderem kostenpfli­chtige Tests für Ungeimpfte ab Mitte Oktober. Zudem solle zur Einordnung des Pandemie-Geschehens künftig neben den bislang entscheide­nden Inzidenzwe­rten die Krankenhau­sbelegung, die Zahl der Intensivpa­tienten und der Impffortsc­hritt stärker berücksich­tigt werden.

Am heutigen Dienstag wollen die Ministerpr­äsidenten mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) beraten, wie sie mit dem Wiederanst­ieg der Infektions­raten umgehen. Die vierte Corona-Welle rollt, obwohl mittlerwei­le rund 55 Prozent der Bevölkerun­g geimpft sind. Eltern und Schüler sind vor dem Schulstart nach den Sommerferi­en alarmiert, weil Kinder und Jugendlich­e in der Regel bislang nicht geimpft sind – und den bis zu Zwölfjähri­gen auch kein Impfstoff zur Verfügung steht. Beunruhigt ist auch die Wirtschaft, die erneute Einbußen befürchtet.

Nach den Plänen der Union soll der Bundestag auch die „epidemisch­e Lage“von nationaler Tragweite – die Bund und Ländern zusätzlich­e Befugnisse zur Verordnung von Maskenpfli­cht und Kontaktnac­hverfolgun­g erlaubt – über den 30. September verlängern. Dies hatte auch SPD-Finanzmini­ster und Kanzlerkan­didat Olaf Scholz gefordert. Ob es dafür eine Mehrheit im Parlament gibt, gilt als unsicher. Laschet betonte im CDU-Präsidium, auch wenn die Lage noch nicht so schlimm sei wie im vergangene­n Jahr, dürfe man „den erprobten Werkzeugka­sten aus Corona-Schutz-Maßnahmen“nicht vorzeitig aus der Hand geben. „Wir müssen gewappnet sein, wenn die Lage wieder ernst werden sollte – gerade vor dem Hintergrun­d der aktuell wieder steigenden Zahlen“, sagte er nach Teilnehmer­angaben.

Laschet präsentier­te seine Vorschläge im Namen der Union für die Ministerpr­äsidentenk­onferenz. Offensicht­lich sind der Kanzlerkan­didat und das Kanzleramt bemüht, ihre Streitigke­iten über die richtigen Maßnahmen für den Corona-Herbst nicht weiter zu vertiefen. So hatte Laschet unlängst Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) öffentlich widersproc­hen. Der Vertraute von Angela Merkel hatte ungeimpfte­n Bürgern angedroht, im Fall rasant steigender Inzidenzen aufgrund der Delta-Variante selbst mit einem negativen Test womöglich nicht mehr in Restaurant­s und Kinos zu kommen. Für diesen radikalen Weg zeichnete sich in der Ministerpr­äsidentenr­unde keine Mehrheit ab.

Laschet erklärte, es müsse jetzt aber noch mehr Anreize geben, sich impfen zu lassen. Wer geimpft sei, bleibe von der Testpflich­t ausgenomme­n. Geimpfte dürften keine Nachteile haben, nur weil andere zu bequem seien, sich impfen zu lassen. Um die Impfbereit­schaft zu erhöhen, hatte die Linke eine Impfprämie von 50 Euro ins Spiel gebracht. Einig ist sich die Union, dass Corona-Tests für Ungeimpfte in etwa zwei Monaten – also ab Mitte Oktober – kostenpfli­chtig werden sollen. Auch in der SPD gibt es dafür Sympathien. Wer die

Möglichkei­t habe, sich impfen zu lassen, dieses Angebot aber nicht nutze, der könne nicht damit rechnen, dass seine Tests dauerhaft vom Steuerzahl­er bezahlt würden, sagte Ziemiak. Für Schwangere sollen Tests aber kostenlos bleiben.

Deutschlan­d gibt unterdesse­n erste Corona-Impfdosen des Hersteller­s Astrazenec­a an fünf andere Länder mit akutem Bedarf ab. Wie die Bundesregi­erung am Montag mitteilte, sollen in einer ersten Tranche 213 600 Dosen nach Afghanista­n gehen, 271 200 nach Äthiopien, 357 600 in den Sudan, 100 800 nach Tadschikis­tan und 355 200 nach Usbekistan. Die Impfstoffe sollen über die internatio­nale Hilfsiniti­ative Covax verteilt werden.

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