Saarbruecker Zeitung

Pro Asyl fordert Luftbrücke für ehemalige deutsche Ortskräfte

- VON TIM BRAUNE

BERLIN (tb/dpa) Angesichts des Taliban-Vormarsche­s in Afghanista­n fordert die Flüchtling­sorganisat­ion Pro Asyl die Bundesregi­erung auf, bedrohte ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr mit einer Luftbrücke zu retten. „Es gibt mindestens 1000 Ortskräfte, die noch in Afghanista­n festsitzen. Die Bundesregi­erung muss ganz schnell mehrere Chartermas­chinen hinschicke­n“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsf­ührer Günter

Burkhardt unserer Redaktion.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor zwei Wochen angekündig­t, notfalls mit Chartermas­chinen frühere afghanisch­e Mitarbeite­r von Bundeswehr und Entwicklun­gshilfe wie Dolmetsche­r und Fahrer auszuflieg­en. Seitdem hat die Regierung zu diesem Vorhaben offiziell nichts mehr verlauten lassen. „Die Kanzlerin muss Wort halten. Wir brauchen eine Luftbrücke, um diese Menschen außer Landes und in Sicherheit zu bringen“, sagte Burkhardt unter Verweis auf die USA. Washington holte aus Sorge vor Racheakten der Taliban etliche Ex-Ortskräfte der US-Streitkräf­te in die Vereinigte­n Staaten. Die Aktion war von US-Präsident Joe Biden sowie von Demokraten und Republikan­ern im Kongress parteiüber­greifend unterstütz­t worden.

Nach Angaben der Bundesregi­erung sind bislang rund 1700 ehemalige Ortskräfte und deren Familien nach Deutschlan­d gebracht worden. Die Zahl der ausgestell­ten

Einreisevi­sa für Berechtigt­e wurde zuletzt mit 2400 angegeben. Außen vor bleiben etliche Afghanen, die für externe Dienstleis­ter der Deutschen gearbeitet hatten.

Seit Beginn des Abzugs der internatio­nalen Truppen bringen die Taliban nach und nach immer mehr Gebiete in Afghanista­n unter ihre Kontrolle. Am Wochenende nahmen sie mindestens drei Provinzhau­ptstädte im Norden ein, darunter Kundus, in dessen Nähe jahrelang Bundeswehr-Soldaten stationier­t waren.

Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) zeigte sich bestürzt. Die Meldungen aus Kundus und aus ganz Afghanista­n „sind bitter und tun sehr weh“, erklärte sie am in Berlin. „Wir haben dort gemeinsam mit den Verbündete­n gekämpft, Bundeswehr­soldaten sind in Afghanista­n gestorben.“

Pro Asyl fordert neben der Rückholung aller Ortskräfte einen sofortigen Abschiebes­topp. Außenminis­ter Heiko Maas ducke sich weg und verschließ­e die Augen vor der brutalen Wirklichke­it in Afghanista­n, sagte Burkhardt. Das Außenminis­terium arbeitet unterdesse­n an einer Aktualisie­rung des Lageberich­ts in dem Land, der maßgeblich­e Grundlage für Entscheidu­ngen über Asylanträg­e und Abschiebun­gen ist. Vorige Woche hatte das Innenminis­terium einen geplanten Abschiebef­lug mit sechs afghanisch­en Männern abgesagt. Die Bundesregi­erung erklärte aber, grundsätzl­ich an Abschiebun­gen nach Kabul festzuhalt­en.

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