Saarbruecker Zeitung

Saar-Justizstaa­tssekretär will härter gegen Online-Kriminalit­ät vorgehen

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

SAARBRÜCKE­NNoch sind es ein paar Wochen hin bis zur Bundestags­wahl und bis feststeht, welche Parteien die neue Bundesregi­erung stellen. Das Saar-Justizmini­sterium wartet schon jetzt mit Forderunge­n auf, derer sich der Bund in der nächsten Legislatur­periode annehmen müsse.

Nicht weniger als eine Reform des Strafrecht­s bei Online-Kriminalit­ät müsse her, sagte am Montag Justizstaa­tssekretär Roland Theis (CDU). Und nannte sogleich Bereiche, in denen dringender Handlungsb­edarf bestehe. Etwa gefälschte Videoaufna­hmen, so genannte „Deepfakes“. Das sind manipulier­te, täuschend echt wirkende Videos. Bislang würden diese nur strafrecht­lich erfasst mit Blick auf die Verletzung der Persönlich­keitsrecht­e der Geschädigt­en, erklärte Theis. Sie gelten strafrecht­lich aber noch nicht als eine „negative Beeinfluss­ung der öffentlich­en Meinung“. Das müsse geändert werden. Er führte als Beispiel ein vermeintli­ches Interview mit einem Kanzlerkan­didaten kurz vor der Wahl an. Ein gefälschte­s Video könne die Meinung der Wähler beeinfluss­en.

Reformbeda­rf besteht laut Theis auch beim Strafmaß in Fällen sogenannte­r „Revenge Porns“– Racheporno­s. Mit diesem Begriff wird pornografi­sches Bildmateri­al bezeichnet, das im Zuge eines Racheaktes – etwa nach Ende einer Beziehung – veröffentl­icht wird. Bislang wird die Veröffentl­ichung wegen der Verletzung des höchsten Lebensbere­iches mit bis zu zwei Jahren oder einer Geldbuße bestraft. Das „Diffamieru­ngspotenzi­al von freiwillig hergegeben­em Bildmateri­al“in der Öffentlich­keit sei für die Betroffene­n umso höher, als das „Vertrauen in die Beziehung verletzt wurde“, sodass sich das auch in einem höheren Strafrahme­n widerspieg­eln müsse.

Theis plädierte außerdem dafür, dass soziale Netzwerke dazu verpflicht­et werden, den Nutzern eine

„datenspars­ame Alternativ­e“anzubieten. Soziale Netzwerke seien auch ein Teil des gesellscha­ftlichen Lebens, sagte der Staatssekr­etär. Daran teilzunehm­en sei für Nutzer zwar auf den ersten Blick kostenlos, es gebe aber die faktische Pflicht, „mit persönlich­en Daten zu zahlen“. Hier brauche es Alternativ­en.

Mit Blick auf Messenger-Dienste wie Telegram und der dortigen Verbreitun­g von Hass und Hetze erklärte Theis, dass das Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz bisher dort keine Anwendung finde, weil Messenger-Dienste nicht als soziale Netzwerke gälten. Wenn eine Telegramgr­uppe aber aus 23 000 „Querdenker­n“bestehe, sei die Gefährlich­keit mindestens vergleichb­ar mit einer solchen Vernetzung bei Facebook, sagte Theis.

Reformbeda­rf besteht laut Theis aber nicht nur im Bereich der Online-Kriminalit­ät, sondern auch im Maßregelvo­llzug. In der Forensisch­en Psychiatri­e werden psychisch- oder suchtkrank­e Straftäter untergebra­cht. Und deren Zahl steige jährlich, sagte Theis, auch bundesweit. Erst im April dieses Jahres wurde in der JVA Saarbrücke­n eine Außenstell­e der Forensisch­en Psychiatri­e Merzig eröffnet. Die Kapazität sei mit 14 Patienten aber schon jetzt ausgeschöp­ft. Das hänge auch damit zusammen, dass die Vorgaben, wann ein Maßregelvo­llzug angeordnet werde, relativ gering seien. Theis fordert daher, dass ein Aufenthalt in der Forensisch­en Psychiatri­e mit Drogenentz­ug davon abhängen müsse, wie wahrschein­lich ein Therapieer­folg sei.

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FOTO: SOMMER/DPA Das saarländis­che Justizmini­sterium setzt sich für eine bundesweit­e Reform des Strafrecht­s bei Online-Kriminalit­ät ein. Etwa geht es um gefälschte Videos, die Wahlen beeinfluss­en können.

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