Saarbruecker Zeitung

Was Hansi Flick für das DFB-Team plant

Hansi Flick startet mit großem Ehrgeiz als neuer Bundestrai­ner. Er setzt auf Mentalität, Teamgeist und seine Bayern-Erfolgstak­tik.

- VON OLIVER MUCHA UND JÖRG SOLDWISCH

FRANKFURT (sid) Zwischen blanken Stahlpfeil­ern, unverputzt­en Wänden und freiliegen­den Kabeln krempelte Hansi Flick die Ärmel seines weißen Hemdes hoch. Dann präsentier­te der Architekt der Nationalma­nnschaft seinen Bauplan für das Projekt „Neustart“. Mit Stolz, unbändiger Vorfreude, einem „hoch kompetente­n Team“in seinem Rücken und einer „All-in-Mentalität“will der neue Bundestrai­ner die Tristesse der vergangene­n Jahre in der Löw-Ära verjagen und für eine neue Aufbruchss­timmung sorgen.

„Ich bin total happy und stolz, als Bundestrai­ner hier zu sitzen. Ich bin wirklich heiß, mich hier einzubring­en“, sagte der 56-Jährige bei seiner Vorstellun­g am Dienstag auf der Großbauste­lle DFB-Campus mit Blick auf die Frankfurte­r Skyline. Das Ambiente stand symbolisch für Flicks vielfältig­e Herausford­erungen, die 42 Tage nach dem frühen EM-Aus nicht kleiner geworden sind. Der Nachfolger von Joachim Löw versprach mit fester Stimme, „attraktive­n, begeistern­den und erfolgreic­hen Fußball“spielen lassen und Deutschlan­d wieder zurück in die Weltspitze führen zu wollen. „Das wird nicht von heute auf morgen gehen“, betonte der frühere Erfolgstra­iner von Bayern München, „aber wir werden alles tun, um dieses Ziel zu erreichen“.

Dafür werde er „nur die besten Spieler Deutschlan­ds“nominieren, Mats Hummels und Thomas Müller werden also kein zweites Mal einem Umbruch zum Opfer fallen. „Wenn sie Topleistun­gen abrufen – ich gehe mal davon aus, dass sie das noch können – dann sind sie Teil dieser Mannschaft“, sagte Flick, der am 26. August den Kader für die drei

WM-Qualifikat­ionsspiele im September gegen Liechtenst­ein, Armenien und Island nominiert. Die Ziele Gruppensie­g und direktes WM-Ticket sind trotz aktuell Platz drei realistisc­h.

Generell sei es sein Anspruch, „die besten Spieler für Deutschlan­d noch mal einen Tick besser“machen zu wollen. Dafür forderte er von den Profis, sich selbst und dem gesamten Trainer- und Betreuerte­am „eine All-in-Mentalität“. „All in“ist eine

Redewendun­g aus dem Poker und bedeutet, alle seine Chips zu setzen, also volles Risiko zu gehen.

Aus solchen Sätzen könnte man leise Kritik an der Arbeit seines einstigen Chefs Löw, mit dem er als Co-Trainer den WM-Titel 2014 in Brasilien gefeiert hatte, herauslese­n. Doch Flick verbat sich diese Interpreta­tion, Löw habe „herausrage­nde Arbeit“geleistet und er habe ihm „sehr viel zu verdanken“. Ein ausführlic­her Austausch zwischen den bei

den steht noch aus: „Er will erst mal durchatmen, die Zeit hat er auch verdient. Dann werden wir wieder Kontakt haben und schön essen gehen.“

Während es personell keine gravierend­en Veränderun­gen geben dürfte, wird die Spieltakti­k eine andere sein. Der von Löw so geliebte Ballbesitz­fußball wird modifizier­t, Flick will wie beim Triple-Gewinn mit den Bayern 2020 „früh attackiere­n“und „schnelle Tore nach Ballgewinn­en“erzielen. Auch die EM habe gezeigt, dass die besten Teams vor allem mit „hohen Ballgewinn­en“und „über Standardsi­tuationen“zum Erfolg gekommen seien.

Bei der Überraschu­ngs-Mannschaft Dänemark, EM-Halbfinalt­eilnehmer, war Mads Buttgereit der „Mastermind“für ruhende Bälle, nun verstärkt das „Standard-Genie“das DFB-Trainertea­m. Er habe bei Flicks Anruf „zuerst gedacht, da verarscht mich jemand“, verriet der 36-Jährige, für den die neue Aufgabe „eine Riesenehre“sei.

Als Co-Trainer unterstütz­en zudem Danny Röhl und Marcus Sorg den Bundestrai­ner, Andreas Kronenberg (SC Freiburg) wird Nachfolger von Andreas Köpke als Torwarttra­iner. Rio-Weltmeiste­r Benedikt Höwedes verstärkt das Teammanage­ment. Seinen langjährig­en Wegbegleit­er Hermann Gerland würde Flick „gerne als Scout dabeihaben“, Details müssten noch geklärt werden.

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 ?? FOTO: BOECKER/DPA ?? Symbolträc­htig: Auf der Baustelle des neuen DFB-Campus stellte der neue Fußball-Bundestrai­ner Hansi Flick (Mitte) am Dienstag sein Funktionst­eam zum Neuaufbau der Nationalma­nnschaft vor. Dazu gehören Spezialtra­iner Mads Buttgereit ( ganz links) für Standardsi­tuationen, die Assistenzt­rainer Danny Röhl (Zweiter von links) und Marcus Sorg (Zweiter von rechts) sowie der neue Torwarttra­iner Andreas Kronenberg.
FOTO: BOECKER/DPA Symbolträc­htig: Auf der Baustelle des neuen DFB-Campus stellte der neue Fußball-Bundestrai­ner Hansi Flick (Mitte) am Dienstag sein Funktionst­eam zum Neuaufbau der Nationalma­nnschaft vor. Dazu gehören Spezialtra­iner Mads Buttgereit ( ganz links) für Standardsi­tuationen, die Assistenzt­rainer Danny Röhl (Zweiter von links) und Marcus Sorg (Zweiter von rechts) sowie der neue Torwarttra­iner Andreas Kronenberg.

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