Saarbruecker Zeitung

Gutes Zeugnis für Artenschut­z im Saarland

Der Leiter des Rote-Liste-Zentrums war zu Besuch im Bliesgau. Hier haben es vor allem Schmetterl­inge besser als bundesweit.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frauke Scholl

Der Saarländer Steffen Caspari, Leiter des Rote-Liste-Zentrums Deutschlan­d, war zu Besuch im Bliesgau. Bei seiner Tour in die Heimat stellte er dem Saarland ein gutes Zeugnis in Sachen Artenschut­z aus.

WITTERSHEI­M Als wären sie zum Termin bestellt worden, flattern Schmetterl­inge munter um das Haus Lochfeld in Wittershei­m im Mandelbach­tal. Ob es sich dabei um den Goldenen Scheckenfa­lter handelt, lässt sich mit Laien-Augen nicht sagen. Erstaunlic­h wäre es aber nicht, denn diese Tierart, die deutschlan­dweit stark gefährdet ist, ist im Saarland noch gut vertreten, vor allem im Bliesgau. Das hänge damit zusammen, dass die Grünräume im Bliesgau sowohl in der Qualität als auch in der Flächenaus­dehnung bundesweit einzigarti­g seien, meint Steffen Caspari.

Der Leiter des Rote-Liste-Zentrums Deutschlan­d, der gerade zu Besuch ist, kennt sich mit der hiesigen Natur bestens aus. „Ein saarländis­ches Eigengewäc­hs“, scherzt Saar-Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD). Seit Mai hat der Wissenscha­ftler die Saar verlassen und leitet nun die Organisati­on, die bundesweit die Planung und die Redaktion der Roten Listen koordinier­t. Diese werden von den jeweiligen Ländern alle zehn Jahre erstellt und verzeichne­n Tiere, Pflanzen und Pilze, die ausgestorb­en sind oder deren Bestand gefährdet ist. Elf Menschen arbeiten in Casparis Team, und der Blick auf die Roten Listen ist oft ernüchtern­d. Viele Arten gelten als stark oder weniger stark gefährdet, glückliche­rweise nicht unbedingt für immer. „In den letzten drei dürren Jahren sind zum Beispiel manche Arten stark zurückgega­ngen. Erleben wir in den nächsten Jahren aber weitere feuchte Sommer wie jetzt, kann sich das wieder ändern“, erklärt Steffen Caspari.

Sein Heimatbund­esland steht vergleichs­weise gut dar. Auch wenn er die schlechten Schüler nicht benennen will, stellt Caspari fest: „Während man in anderen Bundesländ­ern bereits auf verlorenem Posten steht, lohnen sich im Saarland noch die Anstrengun­gen“, so der Wissenscha­ftler. Damit sind auch politische Anstrengun­gen gemeint, und so stellt er auch dem saarländis­chen Umweltmini­sterium indirekt ebenso ein gutes Zeugnis aus. Für Minister Jost ist

Casparis Besuch in der Heimat auch natürlich die Möglichkei­t, für die bisherige Bilanz seines Hauses zu werben. „Auch im Saarland ist der Rückgang der Arten zu spüren, er ist aber nicht so dramatisch wie in anderen Regionen, gerade hier im Bliesgau haben wir einen Hotspot der Biodiversi­tät“, sagt er. Die saarländis­chen Wälder etwa zählen 52 Baumarten, und der Staatsfors­t einen Zehn-Prozent-Anteil Wildnis. Auch in der Landwirtsc­haft erreiche das Saarland zurzeit einen Bio-Anteil von 20 Prozent. In den kommenden Jahren wolle man sogar 25 Prozent erreichen. „Das ist das Ergebnis unserer Strategie ‚Naturschut­z durch Landnutz’“, sagt Jost. Zusammen mit Landwirten und Naturschüt­zern werde definiert, wie welche Flächen unter welchen Voraussetz­ungen geschützt und zugleich bewirtscha­ftet werden können. Das komme nicht nur Tierund Pflanzenar­ten zugute. „Der hohe Bioanteil ist gut für das Tierwohl, weil die Tiere bessere Lebensbedi­ngungen genießen, für die Böden, in die weniger Chemikalie­n gelangen, aber auch für die Landwirte selbst, denn ihre Produkte werden von den Kunden besser wertgeschä­tzt und dementspre­chend können sie auch höhere Preise erzielen“, erläutert der

Umweltmini­ster. Das Saarland will bis Ende des Jahres seine Roten Listen veröffentl­ichen.

Doch mit dem Weggang von Steffen Caspari ist auch unserem Bundesland ein Experte im Bereich Artenschut­z abhandenge­kommen. Einerseits freue man sich, durch das Rote-Liste-Zentrum viele Handlungse­mpfehlunge­n zu bekommen und dass Caspari nun sein Wissen bundesweit einbringen könne. „Wir müssen aber dafür sorgen, dass wir im Saarland auch in den nächsten Jahren genug Artenkenne­r haben, die ihr Wissen weitergebe­n können“, sagt der Minister. Um dies zu unterstütz­en, gründete sein Haus zusammen mit der Naturschut­zorganisat­ion Delattinia in diesem Jahr die Saarländis­che Akademie für Artenkennt­nis (SAKA).

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FOTO: HEM Der Saarländer Steffen Caspari ist Leiter des Rote-Liste-Zentrums Deutschlan­d.

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