Gutes Zeugnis für Artenschutz im Saarland
Der Leiter des Rote-Liste-Zentrums war zu Besuch im Bliesgau. Hier haben es vor allem Schmetterlinge besser als bundesweit.
Der Saarländer Steffen Caspari, Leiter des Rote-Liste-Zentrums Deutschland, war zu Besuch im Bliesgau. Bei seiner Tour in die Heimat stellte er dem Saarland ein gutes Zeugnis in Sachen Artenschutz aus.
WITTERSHEIM Als wären sie zum Termin bestellt worden, flattern Schmetterlinge munter um das Haus Lochfeld in Wittersheim im Mandelbachtal. Ob es sich dabei um den Goldenen Scheckenfalter handelt, lässt sich mit Laien-Augen nicht sagen. Erstaunlich wäre es aber nicht, denn diese Tierart, die deutschlandweit stark gefährdet ist, ist im Saarland noch gut vertreten, vor allem im Bliesgau. Das hänge damit zusammen, dass die Grünräume im Bliesgau sowohl in der Qualität als auch in der Flächenausdehnung bundesweit einzigartig seien, meint Steffen Caspari.
Der Leiter des Rote-Liste-Zentrums Deutschland, der gerade zu Besuch ist, kennt sich mit der hiesigen Natur bestens aus. „Ein saarländisches Eigengewächs“, scherzt Saar-Umweltminister Reinhold Jost (SPD). Seit Mai hat der Wissenschaftler die Saar verlassen und leitet nun die Organisation, die bundesweit die Planung und die Redaktion der Roten Listen koordiniert. Diese werden von den jeweiligen Ländern alle zehn Jahre erstellt und verzeichnen Tiere, Pflanzen und Pilze, die ausgestorben sind oder deren Bestand gefährdet ist. Elf Menschen arbeiten in Casparis Team, und der Blick auf die Roten Listen ist oft ernüchternd. Viele Arten gelten als stark oder weniger stark gefährdet, glücklicherweise nicht unbedingt für immer. „In den letzten drei dürren Jahren sind zum Beispiel manche Arten stark zurückgegangen. Erleben wir in den nächsten Jahren aber weitere feuchte Sommer wie jetzt, kann sich das wieder ändern“, erklärt Steffen Caspari.
Sein Heimatbundesland steht vergleichsweise gut dar. Auch wenn er die schlechten Schüler nicht benennen will, stellt Caspari fest: „Während man in anderen Bundesländern bereits auf verlorenem Posten steht, lohnen sich im Saarland noch die Anstrengungen“, so der Wissenschaftler. Damit sind auch politische Anstrengungen gemeint, und so stellt er auch dem saarländischen Umweltministerium indirekt ebenso ein gutes Zeugnis aus. Für Minister Jost ist
Casparis Besuch in der Heimat auch natürlich die Möglichkeit, für die bisherige Bilanz seines Hauses zu werben. „Auch im Saarland ist der Rückgang der Arten zu spüren, er ist aber nicht so dramatisch wie in anderen Regionen, gerade hier im Bliesgau haben wir einen Hotspot der Biodiversität“, sagt er. Die saarländischen Wälder etwa zählen 52 Baumarten, und der Staatsforst einen Zehn-Prozent-Anteil Wildnis. Auch in der Landwirtschaft erreiche das Saarland zurzeit einen Bio-Anteil von 20 Prozent. In den kommenden Jahren wolle man sogar 25 Prozent erreichen. „Das ist das Ergebnis unserer Strategie ‚Naturschutz durch Landnutz’“, sagt Jost. Zusammen mit Landwirten und Naturschützern werde definiert, wie welche Flächen unter welchen Voraussetzungen geschützt und zugleich bewirtschaftet werden können. Das komme nicht nur Tierund Pflanzenarten zugute. „Der hohe Bioanteil ist gut für das Tierwohl, weil die Tiere bessere Lebensbedingungen genießen, für die Böden, in die weniger Chemikalien gelangen, aber auch für die Landwirte selbst, denn ihre Produkte werden von den Kunden besser wertgeschätzt und dementsprechend können sie auch höhere Preise erzielen“, erläutert der
Umweltminister. Das Saarland will bis Ende des Jahres seine Roten Listen veröffentlichen.
Doch mit dem Weggang von Steffen Caspari ist auch unserem Bundesland ein Experte im Bereich Artenschutz abhandengekommen. Einerseits freue man sich, durch das Rote-Liste-Zentrum viele Handlungsempfehlungen zu bekommen und dass Caspari nun sein Wissen bundesweit einbringen könne. „Wir müssen aber dafür sorgen, dass wir im Saarland auch in den nächsten Jahren genug Artenkenner haben, die ihr Wissen weitergeben können“, sagt der Minister. Um dies zu unterstützen, gründete sein Haus zusammen mit der Naturschutzorganisation Delattinia in diesem Jahr die Saarländische Akademie für Artenkenntnis (SAKA).