Olaf Scholz will Helfer schneller aus Afghanistan holen
OSNABRÜCK/DÜSSELDORF (kna) Nach Angaben von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) will die Bundesregierung die Helfer der deutschen Truppen und deren Familien schneller aus Afghanistan nach Deutschland holen. „Wir diskutieren, ob es Möglichkeiten gibt, den Transport zu beschleunigen, um die Betroffenen schneller auszufliegen“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat der Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Das kann Deutschland aber nicht alleine entscheiden, da geht es um eine enge Abstimmung mit der afghanischen Regierung.“Zur Debatte über einen generellen Abschiebestopp nach
Afghanistan erklärte der Kanzlerkandidat: „Generell bleibt es unser Wunsch, diejenigen abzuschieben, die schwere Straftaten begangen haben. Solche Täter dürfen nicht damit rechnen, dass sie bei uns bleiben können.“In welche Länder nicht abgeschoben werde, ergebe sich „aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes“.
Unterdessen wächst angesichts des Vormarschs der Taliban in Afghanistan die Kritik an der Bundesregierung und ihrem Umgang mit den Ortskräften. „Die halbherzige Unterstützung der Bundesregierung für afghanische Ortskräfte, die die Bundeswehr in ihrem 20-jährigen Einsatz tagtäglich unterstützt haben, ist beschämend“, sagte Alexander Graf Lambsdorff, Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, der Zeitung Welt.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl forderte die Bundesregierung auf, bedrohte ehemalige Hilfskräfte mit einer Luftbrücke zu retten. „Es gibt mindestens 1000 Ortskräfte, die noch in Afghanistan festsitzen. Die Bundesregierung muss ganz schnell mehrere Chartermaschinen hinschicken“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor zwei Wochen in ihrer letzten Sommerpressekonferenz angekündigt, notfalls mit Chartermaschinen frühere afghanische Mitarbeiter von Bundeswehr und Entwicklungshilfe wie Dolmetscher und Fahrer auszufliegen. „Die Kanzlerin muss Wort halten. Wir brauchen eine Luftbrücke, um diese Menschen außer Landes und in Sicherheit zu bringen“, sagte Burkhardt unter Verweis auf die USA. Washington hat aus Sorge vor Racheakten der Taliban etliche Ex-Ortskräfte der US-Streitkräfte in die Vereinigten Staaten geholt.
Nach Angaben der Bundesregierung sind bislang rund 1700 ehemalige Ortskräfte und deren Familien nach Deutschland gekommen. Die Zahl der ausgestellten Einreisevisa für Berechtigte wurde zuletzt mit 2400 angegeben.
„Wir lassen die afghanischen Ortskräfte nicht im Stich“, konterte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), die Kritik. „Wir haben den Kreis derer, die Anspruch auf ein beschleunigtes Verfahren haben und ein Visum für sich und ihre Familie erhalten können, auf jene Personengruppe erweitert, die für die Bundeswehr oder die Bundespolizei seit 2013 tätig war, auch wenn die betreffende Ortskraft schon lange ausgeschieden ist“, sagte Frei der Zeitung Welt. „Das ist eine sehr großzügige Regelung.“Allerdings müssten Sicherheitsüberprüfungen der jeweiligen Personen vorgenommen werden.