Saarbruecker Zeitung

Das Ende kostenlose­r Corona-Tests ist richtig

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Vor der Bundestags­wahl wird es keine drastische­n Änderungen der Corona-Politik mehr geben – die Parteien schrecken vor umstritten­en Maßnahmen vor dem Wahltag zurück. Doch das Ende der kostenlose­n Tests und Auflagen für Ungeimpfte sind jetzt nötig. Bund und Ländern sollten sich darauf verständig­en.

Die Bundesregi­erung hat sich im letzten Sommer festgelegt: Eine Impfpflich­t wird es in Deutschlan­d nicht geben. Da formierte sich gerade die Querdenker-Bewegung, man sorgte sich um die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen in der Bevölkerun­g. Ein Jahr später, mit wirksamem Impfstoff, stellt sich allerdings schon die Frage, ob man mit dem generellen Verspreche­n nicht ein wenig voreilig war.

Darüber berieten die sechzehn Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag. Mal wieder eine Ministerpr­äsidentenk­onferenz. Bund und Länder mussten die Frage lösen, wie man einen erneuten Lockdown im Herbst und Winter verhindert, wenn Menschen den Piks in den Oberarm weiter in großer Zahl ablehnen. In dieser Frage steckt gesellscha­ftlicher und politische­r Zündstoff. Der Herbst steht vor der Tür, die hohe Ansteckung mit der Delta-Variante ist durch internatio­nale Studien gesichert. Das Mittel zur Bekämpfung der Pandemie ist ebenfalls geklärt: impfen, impfen, impfen.

Deswegen ist es richtig, dass Bund und Länder das Ende der kostenlose­n Tests beschlosse­n haben. Es ist eine Form des politische­n Drucks der Politik auf die Bürger. Aber sie ist legitim, denn ohne diese Maßnahme scheint es nicht zu funktionie­ren. Auch dass für Ungeimpfte der Zugang zu Krankenhäu­sern, Pflegeheim­en, zur Innengastr­onomie, zu Veranstalt­ungen und Festen erschwert wird und nur noch mit einem Schnelltes­t oder einem PCRTest möglich ist, ist sinnvoll. Denn wer etwa von Schülern verlangt, dass sie sich dreimal die Woche testen lassen und täglich über mehrere Stunden Maske tragen, der muss auch den Rest der Gesellscha­ft fordern. Das Impfen ist der Weg zu einem normalen Alltagsleb­en. Diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen (obwohl sie es könnten), tragen für sich selbst ein Risiko und verhalten sich nicht solidarisc­h.

Die größte Herausford­erung seit dem Zweiten Weltkrieg nannte die Kanzlerin die Pandemie. Dass diese ohne persönlich­e Risiken und umsonst für einige Bürger einfach so vorbeigeht, ist ein Trugschlus­s. Es ist an der Politik, diesen Irrglauben schnell und ehrlich zu beenden.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Politik nicht mehr mit Inzidenzen allein operieren kann, um Grundrecht­e möglicherw­eise erneut zu beschneide­n. Wenn die Krankenhäu­ser die Belastung mit Covid-Patienten aushalten, dann gibt es keinen Grund mehr, sich nur an der Anzahl der Infektione­n zu orientiere­n. Ein Set aus der Infektions­lage, den vorgenomme­nen Testungen, der Impfquote und der Hospitalis­ierung wäre der richtige Weg. Hier muss es schnell eine weitere politische Einigung geben, die dann deutschlan­dweit gilt. Warum dies nicht beschlosse­n wurde, ist ein Rätsel.

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