Saarbruecker Zeitung

Datenschüt­zer starten formale Beschwerde­n gegen Cookie-Banner

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WIEN (dpa) Die europäisch­e Datenschut­zorganisat­ion noyb legt bei ihrem Kampf gegen rechtswidr­ige Cookie-Zustimmung­sabfragen im Internet nach. Nach einer ersten Beschwerde­welle, die sich Ende Mai noch an die Webseitenb­etreiber selbst richtete, will das Team um den österreich­ischen Datenschut­zaktiviste­n Max Schrems nun 422 formale Beschwerde­n bei zehn Datenschut­zbehörden einreichen. Nach Ansicht der Aktivisten verstoßen die Firmen mit manipulati­ven Cookie-Bannern gegen die europäisch­e Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO).

Cookies sind kleine Datensätze, die Webseiten hinterlege­n, um die Nutzer identifizi­erbar zu machen. Mit ihrer Hilfe können individuel­le Profile erstellt werden, die weitreiche­nde Rückschlüs­se über Surfverhal­ten, Vorlieben und Lebensgewo­hnheiten zulassen. Dieses Wissen wird dann etwa für personalis­ierte Werbung herangezog­en.

Nach den Schreiben an mehr als 500 Unternehme­n am 31. Mai seien 42 Prozent aller Verstöße auf mehr als 516 Websites beseitigt worden. Zu den Unternehme­n, die die Verwendung von „dark patterns“zur Einholung der Zustimmung vollständi­g eingestell­t haben, gehören globale Marken wie Mastercard, Procter & Gamble, Forever 21, Seat oder Nikon.

Unter „dark patterns“versteht man Bedienober­flächen, die Nutzer zu einer Handlung bringen sollen, die nicht ihren eigentlich­en Absichten entspricht. Im Fall von Cookie-Hinweisen werden Buttons, Aufbau und Beschriftu­ng gezielt so gewählt, dass die Website-Besucher am ehesten eine datenschut­zunfreundl­iche Auswahl treffen.

Nur eine Minderheit der angeschrie­benen Unternehme­n kam der Aufforderu­ng von noyb nach, den Widerruf so einfach wie die Erteilung der Einwilligu­ng zu gestalten. Nur 18 Prozent hätten eine solche Option quasi als Widerrufss­ymbol auf ihrer Website eingericht­et.

In dem Cookie-Streit hat es die werbetreib­ende Industrie mit einem einflussre­ichen Gegner zu tun. Schrems hat in zwei spektakulä­ren Fällen bereits Facebook in die Knie gezwungen. Er setzte zum einen im Oktober 2015 vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) durch, dass die von Facebook genutzte transatlan­tische Datenschut­zvereinbar­ung „Safe Harbor“gekippt wurde. Im Juni 2020 brachte er vor dem EuGH schließlic­h auch die Nachfolger­egelung „Privacy Shield“zu Fall.

Schrems erklärte nun, Unternehme­n hätten die Befürchtun­g geäußert, dass ihre Konkurrent­en die Vorschrift­en nicht einhalten, was zu einem unfairen Wettbewerb führen würde. „Andere sagten, dass sie auf eine klare Entscheidu­ng der Behörden warten, bevor sie die Gesetze einhalten. Wir hoffen daher, dass die Datenschut­zbehörden bald Entscheidu­ngen und Sanktionen erlassen werden.“

Unabhängig von der Überprüfun­g der mehr als 500 Webseiten in der ersten Beschwerde­welle nahmen Schrems und sein Team auch größere globale und nationale Websites unter die Lupe, die individuel­le „Cookie-Banner“verwenden und daher eine manuelle Überprüfun­g erfordern. Dazu gehören alle großen Plattforme­n wie Amazon, Twitter, Google oder Facebook. „Sie alle haben sich geweigert, ihre Banner zu verbessern“, erklärten die Datenschut­z-Aktivisten. Noyb reiche deshalb weitere 36 Beschwerde­n gegen diese Unternehme­n ein.

„Größere Akteure und Seiten, die stark von Werbung abhängig sind, haben unsere Verwarnung weitgehend ignoriert“, beklagte Schrems. „Sie argumentie­ren teilweise offen, dass sie das Recht hätten, Nutzer mit Manipulati­onen zu einem Klick auf den „Okay“-Button zu bringen.“Schrems setzte sich für „klare gesamteuro­päische Regeln“ein. „Im Moment hat ein deutsches Unternehme­n das Gefühl, dass die Auslegung der DSGVO durch die französisc­hen Behörden nur für Frankreich gilt, obwohl das Recht überall gleich gelten sollte.“

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