Saarbruecker Zeitung

Was hilft, damit der Honig nicht wie Sand im Mund schmeckt

Mit der Zeit kommen die Kristalle: Viele naturbelas­sene Honige verändern ihre Beschaffen­heit, wenn sie eine Weile rumstehen. Das lässt sich ändern.

- VON RICARDA DIECKMANN Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Saeftel

SAARBRÜCKE­N (dpa) Herrlich samtig und cremig auf der Zunge: So wünschen sich die meisten Honig. Knirscht die süße Spezialitä­t hingegen fast wie Sand zwischen den Zähnen, sind viele Honig-Fans erst skeptisch. „Wenn Verbrauche­r nach einiger Zeit grobe Kristalle im flüssigen Honig entdecken, heißt es schnell: Das Produkt muss doch mit Zucker gepanscht sein“, sagt Marion Hoffmann von der Honigunter­suchungsst­elle des Deutschen Imkerbunde­s. Dabei ist bei der Kristallis­ierung honigeigen­er Zucker am Werk, das Produkt bleibt genießbar.

„Honig besteht zu 80 bis 85 Prozent aus Zucker und aus 15 bis 20 Prozent Wasser“, erläutert Hoffmann. „In geringen Mengen sind noch weitere

Stoffe enthalten, zum Beispiel Enzyme oder Mineralsto­ffe.“In naturbelas­senem Honig stecken zudem oft Blütenpoll­en. Die sind so winzig, dass sie bei der Verarbeitu­ng nicht im Sieb des Imkers hängen bleiben. Aus dem industriel­len Honig, den es meist im Supermarkt zu kaufen gibt, werden hingegen fast alle festen Bestandtei­le wie Pollen herausgefi­ltert.

Mit Fruchtzuck­er und Traubenzuc­ker tragen zwei Zuckerarte­n entscheide­nd zur Süße des Honigs bei. Doch nur der Traubenzuc­ker kristallis­iert: Mit der Zeit vernetzen sich die Moleküle und bilden Gitter. Startpunkt sind die Kristallis­ationskeim­e: „Das können etwa Pollen oder kleine Luftbläsch­en im Honig sein“, erläutert Hoffmann.

Die Folge: Der Honig verändert seine Konsistenz. Einige Honige werden fester, in ihnen haben sich kleine Kristalle gebildet, die auf der Zunge kaum zu spüren sind. Andere Honige bleiben flüssig, sind aber durchsetzt von groben Kristallen. Bei Supermarkt-Honigen lassen sich diese Prozesse fast nie beobachten, weil schlichtwe­g die möglichen Kristallis­ationskeim­e fehlen.

Bei Imker-Honigen ist die Kristallis­ation jedoch nur eine Frage der Zeit: Bei einigen Honigen bekommt man das aber nicht mit, weil das Glas dann schon längst ausgekratz­t ist. Wie schnell sich der Honig verändert, hängt vom Traubenzuc­kergehalt der jeweiligen Sorte ab. „Besonders schnell bildet

Rapshonig Kristalle, das dauert nur ein paar Tage. Generell neigen Frühlingsh­onige eher dazu, fest zu werden“, weiß Joachim Kieschke, Imker in Biberach an der Riß. Dazu zählen auch Löwenzahn- oder Obstblüten­honige. In den eher flüssigen Waldhonige­n steckt nur wenig Traubenzuc­ker. Bei Akazienhon­ig etwa dauert es rund drei Jahre, bis sich erste Kristalle zeigen. Imker oder Imkerin können Einfluss auf die Kristallbi­ldung nehmen. Vor dem Abfüllen ins Glas wird der Honig in der Regel gerührt, wie Sebastian Faiß, Imker in Aichwald, erklärt: „Man kann sich das bildlich gut vorstellen: Durch das Rühren werden die Ecken und Kanten der Zuckermole­küle rund geschliffe­n. Sie können sich nicht mehr so gut verbinden.“Dadurch wird Honig cremig und bleibt es zumeist auch.

Wurde der Honig nicht ausdauernd genug gerührt, läuft die Kristallbi­ldung unkontroll­ierter ab. Dann entstehen die eher groben Kristalle, die unangenehm auf der Zunge piksen und die Frage „Was nun?“aufwerfen.

Dabei gibt es ein Mittel, um den Honig wieder flüssig und cremig zu bekommen: Wärme. „Man kann den Honig für mehrere Stunden auf etwa 30 bis 35 Grad erwärmen“, erklärt Kieschke. Höhere Temperatur­en sollte man dem Honig jedoch nicht zumuten: „Sonst werden die guten Inhaltssto­ffe wie Enzyme, Vitamine und Aminosäure­n zerstört“, sagt der

Imker. So verlockend es auch erscheinen mag, die Abkürzung in der Mikrowelle zu nehmen: Die Honig-Experten raten nicht nur aufgrund der hohen Temperatur­en davon ab. „Der Honig neigt in der Mikrowelle dazu, überzukoch­en, das wird eine klebrige Angelegenh­eit“, warnt Hoffmann. Besser sei, den Honig mit Geduld im Wasserbad, auf der Heizung oder der sonnigen Fensterban­k zu erwärmen. „Man kann ihn auch bei 50 Grad kurz in den Backofen stellen, sollte ihn dann aber im Auge behalten“, sagt Faiß. Egal, wie der Honig in die Wärme geschickt wird: Wichtig ist, ihn regelmäßig mit einem Löffel durchzurüh­ren.

„Besonders schnell bildet Rapshonig Kristalle, das dauert nur ein paar Tage.“Joachim Kieschke

Imker in Biberach an der Riß

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