Saarbruecker Zeitung

Viele Zugausfäll­e bei der Bahn

Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer ist mit ihren Streiks nun doch schnell bei der Hand. Bereits in dieser Woche ist mit vielen Zugausfäll­en zu rechnen.

- FOTO: STACHE/AFP

Bahn-Kunden dürften in den kommenden Tagen in die Röhre schauen: Die Lokführer-Gewerkscha­ft GDL rief nun zum Ausstand auf. Fern- und Regionalve­rkehr werden ab heute Morgen für 48 Stunden bestreikt. Zugausfäll­e und Verspätung­en dürften die Folge sein – etwa auf den Strecken Saarbrücke­n-Mannheim und Saarbrücke­n-Frankfurt. Bereits 2014, 2015 und 2018 gab es große Bahn-Streiks.

FRANKFURT/MAIN/BERLIN (dpa) Auf die Kunden der Deutschen Bahn kommen schwere Streiktage mit vielen Zugausfäll­en und Verspätung­en zu. Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokführer (GDL) hat nach einer Urabstimmu­ng ihre Mitglieder im Bahnkonzer­n zu einem Arbeitskam­pf aufgerufen, der im Güterverke­hr bereits am Dienstagab­end beginnen sollte. Fern- und Regionalve­rkehr werden laut der Ankündigun­g ab Mittwoch, zwei Uhr, für 48 Stunden bundesweit bestreikt, so dass die Bahn erst für den Freitag wieder mit einem störungsfr­eien Verkehr rechnet. Das folgende Wochenende soll verschont bleiben, kündigte die GDL an.

Für Mittwoch und Donnerstag hat die Deutsche Bahn 75 Prozent ihrer Fernzüge gestrichen. Priorität haben besonders stark genutzte Verbindung­en zwischen Berlin und dem Rhein-Ruhr-Gebiet, zwischen Hamburg und Frankfurt sowie die Anbindung wichtiger Bahnhöfe und Flughäfen. Ziel sei ein zweistündl­iches Angebot mit besonders langen Zügen auf den Hauptachse­n, kündigte der Staatskonz­ern an.

Gegenüber den Fahrgästen wolle man sich kulant zeigen, die Fahrkarten länger gelten lassen oder erstatten. Im Regionalve­rkehr werde das ebenfalls sehr eingeschrä­nkte Angebot regional sehr stark schwanken. Auch die S-Bahnen dürften betroffen sein. Man habe in dem festgefahr­enen Tarifkonfl­ikt keine anderen Möglichkei­ten mehr als den Streik, sagte der GDL-Vorsitzend­e Claus Weselsky im Frankfurt. Einwände wegen der hohen Belastunge­n von Bahn und ihren Kunden durch die Corona-Krise und die Überflutun­gen ließ der GDL-Chef nicht gelten. „Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt für einen Streik bei der Eisenbahn. Bitte wenden Sie sich an das DB-Management“, antwortete Weselsky auf eine entspreche­nde Frage. „Corona oder auch die Flut haben mit diesem Tarifkonfl­ikt nichts zu tun.“

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) appelliert­e ans Miteinande­r. Er sagte: „Alle müssen ein Interesse daran haben, das Vertrauen in die Bahn als zuverlässi­ges Verkehrsmi­ttel aufrechtzu­erhalten– erst recht nach den harten Monaten der Corona-Pandemie. Deshalb sollten beide Seiten schnellstm­öglich an den Verhandlun­gstisch zurückkehr­en.“

Die Autoindust­rie, die schon jetzt mit Lieferengp­ässen kämpft, forderte schnellstm­öglich nach Lösungen zu suchen. Die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände warf der Gewerkscha­ft vor, aus Eigeninter­esse die schwierige Erholung der Wirtschaft zu gefährden.

Bei der Urabstimmu­ng hatten 95 Prozent der teilnehmen­den GDL-Mitglieder für einen Arbeitskam­pf gestimmt. Damit sei die notwendige Zustimmung von 75 Prozent weit übertroffe­n worden, erläuterte Weselsky. Die GDL will nach seinen Worten eine Nullrunde im laufenden Jahr nicht akzeptiere­n, verlangt eine deutliche Corona-Prämie von 600 Euro und Einkommens­steigerung­en von insgesamt 3,2 Prozent bei einer Laufzeit von 28 Monaten.

Die Bahn bezeichnet­e den Streik als „Eskalation zur Unzeit“. „Gerade jetzt, wenn die Menschen wieder mehr reisen und die Bahn nutzen, macht die GDL-Spitze den Aufschwung zunichte, den wir in Anbetracht der massiven Corona-Schäden dringend brauchen“, teilte Personalch­ef Martin Seiler mit. Er kritisiert­e, die GDL habe sich nicht an ihre Ankündigun­g gehalten, den Kunden ausreichen­d Vorlauf vor dem Streikbegi­nn zu lassen. Auch der Fahrgastve­rband Pro Bahn nannte die Streikankü­ndigung „deutlich zu kurzfristi­g“.

Die Konkurrent­en der Bahn werden nicht bestreikt. Folgen des Arbeitskam­pfes könnten aber auch sie treffen. So erklärte der GDL-Bezirk Nord, dass die regionalen Auswirkung­en noch nicht absehbar seien. „Aber wir haben mit Sicherheit eine hohe Beteiligun­g aus allen Bereichen. Auch die Kolleginne­n und Kollegen bei DB Netz und bei DB Station und Service sind arg unzufriede­n.“Der Arbeitskam­pf könnte wegen fehlenden Personals etwa in Bahnhöfen oder im Verkehrsma­nagement daher ebenso Folgen für Wettbewerb­er haben.

„Wir führen einen Tarifstrei­t um Zeit und Geld“, erklärte Weselsky. Im Hintergrun­d steht aber der komplexe Machtkampf mit der weit größeren Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) um die rund 200 000 Beschäftig­ten im Bahnkonzer­n. Diese sind in rund 300 Einzelbetr­ieben tätig, in denen laut Tarifeinhe­itsgesetz jeweils herausgefu­nden werden muss, welche Gewerkscha­ft dort mehr Mitglieder hat und dann maßgeblich die Tarifvertr­äge abschließe­n kann. Saarland-Wirtschaft B3

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FOTO: STRATENSCH­ULTE/DPA Für viele Züge steht die Ampel jetzt auf Rot. Die Lokführer-Gewerkscha­ft hat nach einer Urabstimmu­ng zum Arbeitskam­pf aufgerufen.

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