Saarbruecker Zeitung

Lokführer beenden erste Streikwell­e

Nur eine kurze Atempause gewährt die Lokführerg­ewerkschaf­t der Deutschen Bahn und ihren Kunden. Auch wenn am Wochenende alle Züge rollen, sind die Probleme längst nicht ausgeräumt. Der nächste Streik könnte bald folgen.

- VON CHRISTIAN EBNER UND ANDREAS HEIMANN Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Iris Neu-Michalik

Der Streik bei der Deutschen Bahn ist beendet. Fahrgäste müssen bis Anfang kommender Woche nicht mit neuen Streiks rechnen. Zugleich drohte die Gewerkscha­ft Deutscher Lokführer (GDL) mit einem weiteren Arbeitskam­pf.

BERLIN/FRANKFURT (dpa) Die erste Welle des Lokführers­treiks ist vorbei, doch eine Lösung des Tarifkonfl­ikts zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) zeichnet sich nicht ab. Während die Bahn am Freitag schnell zum Vollbetrie­b an einem der verkehrsre­ichsten Tage des Jahres zurückkehr­te, drohte GDL-Chef Claus Weselsky mit neuerliche­n Arbeitsnie­derlegunge­n. Die Bahn lehnte es ab, ein verbessert­es Angebot vorzulegen und forderte die GDL erneut auf, an den Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren.

Bei seiner vorläufige­n Bilanz des am Freitag beendeten Streiks verzichtet­e Weselsky in Berlin darauf, einen konkreten Termin für einen zweiten Arbeitskam­pf zu nennen. Der Gewerkscha­fter kündigte stattdesse­n eine Protestkun­dgebung gemeinsam mit dem Deutschen Beamtenbun­d am kommenden Dienstag (13.30 Uhr) vor dem Berliner Bahntower am Potsdamer Platz an.

Danach könnte es aber schnell gehen bei der GDL: „Nach unseren Protestmaß­nahmen werden wir nur noch eine kurze Zeit verstreich­en lassen, um erneut in Arbeitskam­pfmaßnahme­n einzutrete­n“, sagte Weselsky. Er sicherte zu, dieses Mal die Fahrgäste früher zu warnen als bei der ersten Welle, als im Personenve­rkehr nur knapp 15 Stunden zwischen Ankündigun­g und Streikbegi­nn lagen.

Zur möglichen Länge meinte er, dass er einen unbefriste­ten Streik „im jetzigen Moment“für nicht verantwort­bar halte. In den vergangene­n Tagen hatte der Gewerkscha­ftschef einen Ausstand über ein besonders verkehrsre­iches Wochenende angedeutet. Beim jüngsten großen Arbeitskam­pf in den Jahren 2014/2015 hatte die GDL unter seiner Führung acht Streikwell­en organisier­t.

Bahn-Personalvo­rstand Martin Seiler bot Verhandlun­gen auch an diesem Wochenende an. Er erklärte: „Unsere Reisenden und den Bahnverkeh­r in der jetzigen Lage weiter mit Streiks zu bedrohen, bringt inhaltlich kein Stück weiter, ist völlig unnötig und überzogen.“

GDL und Bahn stritten sich über die Bewertung des ersten Ausstands, der im Güterverke­hr bereits am Dienstag begonnen hatte, während der Personenve­rkehr von Mittwoch bis Freitag früh für 48 Stunden bestreikt wurde. Der Streik sei „hervorrage­nd gelaufen“, sagte Weselsky. Es sei nicht einfach gewesen, die entschloss­enen Kollegen davon zu überzeugen, nach 48 Stunden Streik zunächst wieder aufzuhören.

„Die GDL hat ihr eigentlich­es Arbeitskam­pfziel nicht erreicht“, meinte hingegen Bahnsprech­er Achim Stauß. So hätten sich nur rund 5400 der insgesamt 19 700 Lokführer beteiligt und etwa 1800 der 12 000 Zugbegleit­er. In den übrigen Konzernber­eichen, für die die GDL auch Tarifvertr­äge anstrebt, hätten bundesweit nur 120 Mitarbeite­r gestreikt.

Nach Einschätzu­ng der Deutschen Bahn hat der Streik mehrere Millionen Menschen betroffen. Vor allem Pendler und Urlauber mussten auf andere Reisemögli­chkeiten ausweichen. An normalen Tagen nutzen täglich rund 4,6 Millionen Fahrgäste die Züge des Nah- und Fernverkeh­rs, wie das Unternehme­n in Berlin mitteilte. Im Güterverke­hr seien rund 300 Züge stehengebl­ieben, deren Stau man nun abbauen werde. Mit dem Ersatzfahr­plan habe man ein zwar stark reduzierte­s, aber stabiles und verlässlic­hes Angebot gemacht. In den Regio-Netzen waren an den beiden Streiktage­n Mittwoch und Donnerstag jeweils rund 40 Prozent der Züge unterwegs. Im Fernverkeh­r wurde das Angebot nach rund 25 Prozent vom Mittwoch am Folgetag noch etwas gesteigert.

Am Freitag fuhren die Züge in Deutschlan­d zum größten Teil wieder im üblichen Umfang. Der Verkehr sei weitgehend normal gestartet, sagte ein Bahnsprech­er. Wegen der Ferien, des hochsommer­lichen Wetters und vielen nachgeholt­en Fahrten rechnete die Bahn mit einer sehr hohen Auslastung. Die Fahrgäste wurden gebeten, sich vor Fahrtantri­tt in den digitalen Auskunftsm­edien der Bahn zu informiere­n.

„Nach unseren Protestmaß­nahmen werden wir nur noch eine kurze Zeit verstreich­en lassen, um erneut in Arbeitskam­pfmaßnahme­n einzutrete­n.“

Claus Weselsky

GDL-Chef

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FOTO: PETER ENDIG/DPA Der Streik bei der Deutschen Bahn ist beendet. Für Reisende bedeutet das Entwarnung – womöglich aber nur kurzfristi­g. GDL-Chef Weselsky drohte bereits mit neuerliche­n Arbeitsnie­derlegunge­n.

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