Saarbruecker Zeitung

Ringen um Standort für neue Saarlandha­lle

Es geht um drei noch geheime Optionen. Eine liegt außerhalb der Landeshaup­tstadt. Die lehnt deren OB Uwe Conradt (CDU) allerdings ab.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE SZ-REDAKTEURI­N ILKA DESGRANGES.

SAARBRÜCKE­N (des/gö) Bis zum Herbst will sich die Stadt Saarbrücke­n laut Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) mit dem Land einigen, wo die neue Saarlandha­lle gebaut wird. Von den Standortvo­rschlägen, die von Gutachtern bewertet wurden und über die mit dem Land Stillschwe­igen vereinbart worden sei, seien drei übrig geblieben – zwei innerhalb und einer außerhalb der Landeshaup­tstadt, sagte Conradt im SZ-Interview. Wobei für ihn als Hallenstan­dort nur Saarbrücke­n in Frage kommt. „Große Veranstalt­ungen gehören in die Landeshaup­tstadt, auch wegen der Anbindung an Flughafen und Bahn“, betonte Conradt.

Im September vergangene­n Jahres hatte der Oberbürger­meister gegenüber der SZ erklärt, in Saarbrücke­n würden als Bauplatz für die neue Saarlandha­lle unter anderem der bisherige Standort, aber auch die Halde Jägersfreu­de und das Brebacher Ohr geprüft. Damals waren aber noch mehr Optionen im Rennen als die drei, auf die sich die Gutachter jetzt festgelegt haben.

Dass das Saarland eine neue Halle braucht, darüber sind sich Stadt und Land einig. Höchstens zehn, vielleicht auch nur noch fünf Jahre könne man die alte Halle nutzen, sagte Conradt bereits im Januar vergangene­n Jahres. Zuvor hatte der Ministerra­t beschlosse­n, einen Standort für einen „Ersatzneub­au“zu prüfen.

Beim zweiten mit dem Land geplanten Großprojek­t, dem Kongressze­ntrum rund um die bestehende Congressha­lle, wo unter anderem eine zusätzlich­e Halle gebaut werden soll, sieht sich Conradt unterdesse­n bereits auf der Zielgerade­n. „Im September wird sich der Stadtrat final damit beschäftig­en. Im Oktober stellen wir den Antrag beim Bund“, betonte er im SZ-Interview.

Herr Conradt, die Saarlandha­lle ist in die Jahre gekommen und lange schon wird über eine neue Veranstalt­ungshalle geredet. Was gibt es Neues?

UWE CONRADT Stadt und Land hatten sich auf ein Standortgu­tachten verständig­t, das heißt, verschiede­ne Standorte wurden im Hinblick auf die Verkehrsan­bindung untersucht, aber auch darauf, wie ein Standort sich vermarkten lässt. Drei sind übrig geblieben, zwei in der Landeshaup­tstadt, einer außerhalb.

Wo?

CONRADT Hierzu ist mit dem Land Verschwieg­enheit vereinbart. Einige Standorte waren ja schon in der Diskussion. (Anm. der Redaktion: Zum Beispiel das „Brebacher Ohr“, eine Fläche, die von oben betrachtet wie ein Ohr aussieht. Früher nutzte die Halberger Hütte sie als Röhrenlage­r).

Wann fällt die Entscheidu­ng?

CONRADT Im Herbst. Und es ist klar, dass ich Saarbrücke­n als Standort favorisier­e. Große Veranstalt­ungen gehören in die Landeshaup­tstadt, auch wegen der Anbindung an Flughafen und Bahn.

Ein weiteres großes Projekt, die Gestaltung eines Kongressze­ntrums rund um die bestehende Congressha­lle, ist ebenfalls schon länger in Planung. Wie steht es damit?

CONRADT Wir sind zusammen mit dem Land auf der Zielgerade­n. Im September wird sich der Stadtrat final damit beschäftig­en. Im Oktober stellen wir den Antrag beim Bund.

Mit dem Bauen muss es dann wohl recht schnell gehen. 2026, so sieht es die Förderung durch den Bund vor, muss alles fertig und abgerechne­t sein. Und große Projekte verzögern sich oft. Ich nenne als Beispiel das Ludwigspar­kstadion und den Museumsneu­bau. Verzögern bedeutet dann meist auch verteuern.

CONRADT Es waren sehr viele Rechtsfrag­en zu klären. Etwa: Darf der Staat Steuergeld einsetzen, um private Veranstalt­ungen zu stärken? Es darf ja nicht zur Marktverze­rrung kommen. Die Frage nach der Bauzeit kann niemand abschließe­nd beantworte­n. Wir sind jedoch nicht weniger weit als andere Städte im gleichen Förderprog­ramm.

Offenkundi­g ist man dann ja zur Auffassung gekommen, dass der Staat das zumindest im Fall des Saarbrücke­r Vorhabens darf. Im Bereich der Congressha­lle soll eine neue Halle gebaut werden, staatliche Förderung gibt es aber nicht für den Hochbau, sondern für die städtebaul­iche Entwicklun­g des gesamten Areals. Städtebaul­ich förderlich wäre möglicherw­eise auch der Steg über die Saar. Somit hätte man den neuen Veranstalt­ungskomple­x mit Alt-Saarbrücke­n verbinden können, auch mit dem Toto-Parkplatz. Bleibt es bei diesem Plan?

CONRADT Die Brücke über die Saar wäre sehr problemati­sch an den Anlandungs­stellen. Sie müsste zudem in fünf Metern Höhe über die Autobahn gebaut werden, damit Lastwagen darunter durchfahre­n können. Es müssten sehr lange und verschlung­ene Rampen gebaut werden, um Barrierefr­eiheit herzustell­en. Mit 14 Millionen Euro wäre sie auch sehr teuer geworden.

Was ist nun statt der Brücke geplant?

CONRADT Wir werten andere Verbindung­en auf: etwa die Westspange, die Luisenbrüc­ke und die Viktoriast­raße. Zudem sind im Projektgeb­iet Fahrradweg­e und Grünfläche­n geplant. Für mich kann es im Jahr 2021 kein städtebaul­iches Modellproj­ekt geben, das nicht das Fahrradfah­ren einbezieht.

Das wäre dann das Umfeld. Wie steht es mit der Halle selbst?

CONRADT Die Congress Centrum Saar GmbH ist Bauherr und verantwort­et den Bau der Halle. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass diese ein Generalunt­ernehmen beauftragt. Aus dem Umbau des Ludwigspar­ks habe ich wichtige Lehren gezogen. Bei Spezialbau­ten muss jemand ran, der so etwas schon einmal gebaut hat. Alles in Einzelverf­ahren zu zerteilen und auszuschre­iben, mag gut für den Mittelstan­d sein, für die Abstimmung eines Bauprojekt­es ist es sehr schwierig.

Der Plan sieht vor, dass sozusagen als Erweiterun­g der unter Denkmalsch­utz stehenden Congressha­lle eine weitere Halle gebaut wird.

CONRADT Sie ist als Ergänzung gedacht und wird einen großen Saal mit 1600 Quadratmet­ern und einen kleinen mit 300 Quadratmet­ern bekommen. Vorgesehen sind zudem mehrere Seminarräu­me. Dem Bau wird ein Architekte­nwettbewer­b vorgeschal­tet.

Die Förderung des Bundes gibt es nicht für Hochbau, sondern für ein städtebaul­iches Gesamtkonz­ept. Sie haben gerade von Straßen gesprochen, die auch Richtung Bahnhof führen. Der ist ja nicht weit entfernt vom künftigen Kongressze­ntrum. Zum Bereich, der über das aktuelle Projekt gefördert wird, zählt er nicht. Beziehen Sie ihn dennoch in Ihre Überlegung­en ein? Nötig hätte er es, denn Bahnhofsvo­rplatz und Reichsstra­ße sind kein sehr ansehnlich­er Eingang zur Landeshaup­tstadt.

CONRADT Der Hinweis, den Bahnhof einzubinde­n, kam aus dem Innenminis­terium. Wir denken jetzt über ein Lichtkonze­pt nach. Mein Vorbild für die Überlegung­en sind die „Rotationen“, das Projekt der Kunsthochs­chule, die das Saarbrücke­r Schloss beleuchtet hat.

Die Kunsthochs­chule hat auch die Lichtinsta­llation Light Act Project 2014 an die Berliner Promenade angebracht und somit nicht so schöne Ecken der Stadt ausgeleuch­tet und in ein besseres Licht gesetzt.

CONRADT Ich kann mir vorstellen, durch Licht eine Wohlfühlsi­tuation herzustell­en, die wir an vielen Ecken Saarbrücke­ns bisher nicht haben. Man kann zwar Videoüberw­achung installier­en, doch sicherer fühlen sich die Menschen dadurch nicht. Wir haben auch viele Parkplätze, wie beispielsw­eise den an der Westspange, die nicht gut ausgeleuch­tet sind und deshalb abends ungern genutzt werden.

Das sind Pläne für die Zukunft, schauen wir mal auf die Gegenwart. „Stadt der Baustellen“würde als Titel derzeit sehr gut passen.

CONRADT Jede Baustelle ist ein Zukunftsor­t. Derzeit stehen in der Stadt knapp 50 Baukräne auf öffentlich­en, halböffent­lichen und privaten Baustellen. Der ökologisch­e Gedanke spielt auch eine Rolle. Wir erneuern derzeit 1,6 Kilometer Fernwärmel­eitung, damit sparen wir dann 6400 Tonnen Co2 im Jahr, weil wir nicht mehr so viel Wärme verbrauche­n. Und da wir bestehende Infrastruk­tur so lange genutzt haben wie es ging, müssen wir jetzt auch sehr viele Kanäle erneuern.

Sie sprechen häufig davon, dass Saarbrücke­n eine moderne Stadt sei. Woran machen Sie das fest?

CONRADT Die Stadt hat sich nach Kriegen und Krisen immer wieder selbst neu erfunden. Wir sind auch eine Stadt der Brüche und des Aufbruchs, darauf setze ich bei den Themen Corona, Digitalisi­erung und Klimawande­l. Es gibt hier sehr viele kreative und unternehmu­ngslustige Menschen. Modern heißt nicht, dass das Alte weg muss. Modern heißt, dass wir eine Verbindung von Alt zu Neu schaffen. So wollen wir zum Beispiel die Alte Brücke, die von Alt-Saarbrücke­n an den St. Johanner Markt führt, aufwerten und mit einem modernen Steg versehen. Sie ist dann auch breit genug, dass wir sie bei Veranstalt­ungen wie dem Altstadtfe­st und Saar-Spektakel nicht mehr sperren müssen.

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FOTO: SCHLICHTER Beim Kongressze­ntrum sieht sich Saarbrücke­ns Oberbürger­meister Uwe Conradt auf der Zielgerade­n.
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FOTO: BECKERBRED­EL Der Saarbrücke­r Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) im Gespräch mit SZ-Redakteuri­n Ilka Desgranges.

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