„Die Gäste wollen so richtig genießen“
Verändert Corona auch die Luxusgastronomie? Wie sieht das im Saarland aus? Das haben wir Sterneköche in unserer Region gefragt.
Klaus Erfort ist nach der Wiedereröffnung seines Restaurants (zwei Michelin-Sterne) in diesem Sommer „sehr, sehr zufrieden. Wir haben zurzeit richtig hohe Pro-Kopf-Umsätze.“Die Leute hätten während Corona viel Geld gespart, weil ja etliche Feiern und Veranstaltungen ausgefallen seien. „Jetzt haben viele Leute großen Genussbedarf, die wollen sich was gönnen, verlangen nach den besten Produkten, sind bereit, auch sehr hochpreisig zu genießen.“
Worüber man sich in der Luxusgastronomie aber Gedanken machen müsse, das seien neue Konzepte, was die Rahmenbedingungen angeht. „Der Restaurantbesuch muss noch ungezwungener werden – ja, das Ganze muss auch ein bisschen sexy sein“, so der Sternekoch. „Wir müssen mehr junge Leute für unsere Art der Gastronomie gewinnen.“Das Thema konservative Etikette dagegen sei lange vorbei. „Die Gäste kommen, wie es ihnen passt, in Anzug und mit Krawatte oder in Jeans mit T-Shirt.“
Silio Del Fabro, Küchenchef im Restaurant Esplanade (zwei Sterne) in Saarbrücken, ist derzeit ebenfalls „überaus zufrieden“und kann gut planen, denn das Restaurant ist immer vollbesetzt. „Unter der Woche haben wir einen Vorlauf von drei, vier Wochen, auch mittags“, erklärt er, für einen Termin am Wochenende müssten die Gäste schon zirka acht Wochen vorher anfragen. „Unsere Kunden sind wie ausgehungert nach feinem Essen, sie wollen nach der langen Zeit wieder so richtig genießen.“Mittags sei die „Plat du Jour“sehr stark nachgefragt, abends werde – wenn schon, denn schon – überwiegend das große Menü gegessen. Im Esplanade herrsche eine sehr lockere Atmosphäre, so der Küchenchef. „Unser Servicepersonal trägt keine Anzüge und keine Krawatte, der erste Knopf am Hemd ist offen.“Schwellenangst und Etikette seien kein Thema, „ob eher feierlich oder leger gekleidet, bei uns ist jeder willkommen.“Und wie sieht es mit den Produkten für die Spitzengastronomie aus? Greift er auch auf regionale Waren zurück? „Ja, klar, das versuchen wir natürlich und bemühen uns auch um Nachhaltigkeit.“Das Esplanade arbeitet mit dem Saarbrücker Stadtbauernhof zusammen. „Wir sind dort der größte Erntenehmer, ich beziehe Gemüse, Kräuter und Blumen, die werden mit dem Schwerlastenfahrrad gebracht, nachhaltiger geht es nicht.“Derzeit biete er auch Forellen aus dem Schwarzwald an, die bestelle er einen Tag vorher, „die sind an Frische und Qualität nicht zu überbieten.“Auf Edelprodukte wie bretonischen Steinbutt oder Fleischspezialitäten aus Frankreich könne man aber in der Spitzengastronomie nicht verzichten.
Im Gegensatz zu seinen Kollegen in anderen Häusern ist das Esplanade von Personalproblemen verschont geblieben. „Wir haben das Glück, dass während Corona niemand abgesprungen ist, wir konnten mit dem kompletten Team wieder starten. Alle haben Bock und geben Gas.“
Cliff Hämmerle aus Blieskastel-Webenheim kann von Müdigkeit an der Gourmetküche und an Edelprodukten auch nichts spüren. „Ganz im Gegenteil, die Nachfrage ist wieder deutlich gestiegen“, freut sich Hämmerle, „wir sind für den Monat August komplett ausgebucht.“Schwellenangst und Etepetete sind in Hämmerle’s Restaurant Barrique (ein Michelin-Stern) Fremdwörter. „Wir waren noch nie ein Nobelrestaurant“, sagt der Besitzer und Küchenchef. „Wir sind ein ganz normales Restaurant, das einen Stern hat. Die Gäste fühlen sich wohl, loben die lockere Atmosphäre bei uns, das hören wir immer wieder. Im Sterne-Restaurant Barrique bediene ich seit gut zehn Jahren mit, bringe, ebenso wie einige meiner Köche, regelmäßig auch Gerichte an die Tische.“Das werde von den Kunden geschätzt. „Die Gäste sind immer neugierig, wer für sie kocht, freuen sich, wenn sie auch mal die Köche sehen.“
Im Barrique wird eine hochwertige französisch-regionale Küche angeboten. Von Anfang an setzt Hämmerle neben Spitzenprodukten wie Hummer, Wolfsbarsch oder Thunfisch auf Erzeugnisse aus der Umgebung. Lamm aus dem Bliesgau, heimisches Rind und Wild, ebenso Forellen und Saibling. Auch Käse, Brot, Kartoffeln, Linsen oder Öle stammen aus der Region, die Erzeuger und ihre Produkte kann man auf der Speisekarte nachlesen, auch im Restaurant Landgenuss (Bib Gourmand). Diese Transparenz und Nachhaltigkeit kommt bei den Gästen sehr gut an – da weiß man, was man isst.
Alexander Kunz aus St. Wendel-Bliesen (ein Michelin-Stern) macht derzeit gerade Urlaub in Südfrankreich, ist mit dem Motorrad unterwegs und schaut sich natürlich auch an, was die Kollegen dort so anbieten. Nach der Wiedereröffnung Anfang Juni sei es in Bliesen gut gelaufen. „Die Leute wollen raus, wollen wieder essen gehen, wir waren immer ausgebucht.“Thema Schwellenangst? „Das ist bei uns längst vorbei. Die Leute kommen, wie es ihnen gefällt, auch in Jeans.“In seinem Gourmetrestaurant gehe es locker zu, „die Leute genießen in ungezwungener Atmosphäre“.
Am 12. August geht es nach den Betriebsferien weiter im Restaurant Kaminzimmer (Bib Gourmand), am 26. August öffnet das Gourmet-Restaurant wieder. Dort ist von Donnerstag bis Sonntag geöffnet. „Wir bieten ein großes Menü plus Ausweichgänge an“, so der Küchenchef. „Ich verarbeite hochwertige Produkte der klassischen französischen Gourmetküche, ohne überflüssige Spielereien.“Da gibt es demnächst Gerichte wie Jakobsmuscheln und Kaviar, Loup de Mer mit Wassermelone, Kalbsfilet und Kalbsbries oder Rehrücken im Rotweinsud. Fleisch beziehe er zu rund 80 Prozent von der Firma Schwamm in Saarbrücken, die biete dauerhaft gute Qualität. Ein zweites Standbein ist seine Alexander Kunz Manufaktur mit frisch zubereiteten, meist regionalen Produkten für Zuhause. Die sei in Coronazeiten, vor allem bei den Lockdowns, noch stärker nachgefragt worden. Die Gerichte können Interessierte dienstags und freitags von 14 bis 16 Uhr in Bliesen abholen oder per UPS liefern lassen.
„Die Leute wollen raus, wollen wieder essen gehen.“Alexander Kunz Sternekoch aus St. Wendel
Küchenchef in Victor’s Fine Dining (drei Michelinsterne) auf Schloss Berg in Perl-Nennig, hatte die letzten Wochen ebenfalls sehr viel zu tun. In den letzten Tagen so viel, dass er leider keine Zeit für ein kurzes Gespräch mit unserer Zeitung fand. Inzwischen sei er verreist und außer Landes, ließ er über seine persönliche Assistentin verlauten.