Ein goldener Tag für Völklingen
Wann kann man schon Mal eine „eigene“Goldmedaillen- Gewinnerin begrüßen? – Ein fröhlicher Empfang im Stadtteil Lauterbach für Lisa Klein.
VÖLKLINGEN „Jonas! Bleib auf deinem Platz!“, wird ein junger Nachwuchs-Kicker ermahnt, der vorwitzig aus seiner Reihe im Spalier hervorgetreten ist, um zu sehen, wo sie denn bleibt, die Goldmedaillen-Gewinnerin. Spontan hatten sich die Kinder der SG Warndt gemeldet, um Lisa Klein einen lautstarken Empfang zu bereiten. Und lange musste Jonas auch nicht mehr warten, bis die sympathische Sportlerin kam – natürlich standesgemäß auf dem Fahrrad, auch wenn sie und ihre Kolleginnen bei ihrer Wahnsinns-Weltrekord- und Gold-Fahrt im Izu-Velodrom nur zehn Tage zuvor wohl eher keine Sandalen getragen hatten.
Die Stadt Völklingen hatte für Freitagnachmittag zu einem Empfang für Lisa Klein geladen, auf dem Schulhof der Grundschule in „ihrem“Stadtteil Lauterbach. Ein Ort, der prädestiniert dafür scheint, starke Frauen hervorzubringen. Denn während manch Männergesangsverein andernorts eher die Auflösung in Kauf nimmt, bevor er Frauen aufnimmt, besteht der MGV Lauterbach schon seit Jahren mehrheitlich aus Frauen. So konnte auch gut mehrstimmig „Freude schöner Götterfunken“angestimmt werden, was sehr schön zur rundum erfreut-gelösten Stimmung des Abends passte.
Die Völklinger Oberbürgermeisterin Christiane Blatt (SPD) erinnerte in ihrer kleinen Ansprache daran, dass sie die Geehrte seit etwa 15 Jahren kennt – als Lisa Klein und Florian Blatt zwei Jahre das Kinder-Prinzenpaar in Ludweiler waren, „das war ein ganz besonderes Prinzenpaar“, und als Lisa am Ende ihrer Amtszeit die Krone abgegeben hat, „da hat der ganze Saal geweint“. Schon damals habe sich gezeigt: „Was sie angepackt hat, das hat sie auch durchgezogen.“
Ortsvorsteher Dieter Peters erinnerte daran, dass der an diesem Abend häufig aufbrandende Applaus nicht nur der Radrennfahrerin gelte, sondern auch deren Eltern Bianca und Stefan Klein. Denn ohne Unterstützung der Eltern sei, in den Anfängen, eine Karriere im Leistungssport nicht denkbar.
Zur guten Laune an diesem Abend trug die 88-jährige Edith Klein vom MGV mit einem kleinen Gedicht für ihre Namens-Cousine bei und mit dem Bekenntnis: „Ich däd jò mid ihr radfahre’, aber mei Knie packe das nimmäh.“Der MGV und der Musikverein Lauterbach hätten auch sofort ihre Unterstützung für das kurzfristig organisierte Fest zugesagt, freuten sich als Haupt-Organisatoren die unter anderem für Sport zuständige Völklinger Fachdienstleiterin Jenny Ungericht und Lauterbachs stellvertretender Ortsvorsteher Erik Roskothen.
Und dann gab es noch ein paar Minuten Gänsehaut, als auf einer Leinwand das entscheidende Rennen gegen die britischen Fahrerinnen eingespielt wurde, kommentiert von Lisa Klein selbst, noch sichtlich bewegt von dem großen Ereignis. – Wie die vier, in den Endrunden mit schmerzverzerrten Gesichtern, das Letzte aus sich herausholen, zuletzt die Britinnen schon vor sich sehen können und damit wissen, dass der Triumph ihnen gehört. Selbstbewusst stellte sie sich auch einem Interview der Organisatoren. „Wir vier waren echt in Topform“, schilderte Lisa Klein,„technisch lief auch alles einwandfrei.“Und das muss es wohl auch, wenn man mit über 60 Stundenkilometer Runde um Runde durchs Oval rast, mit dem eigenen Vorderrad fast am Hinterrad der Vorausfahrenden klebend, dabei oft, ausscherend, um die Position zu wechseln. „Wir sind sehr engagiert losgefahren“, so die Sportsoldatin mit einem gewissen Understatement, das heißen soll: Von Beginn an wurde auf hohes Tempo gesetzt, was letztlich den Weltrekord um sechs Sekunden auf 4 Minuten und 4 Sekunden verbesserte.
„Mich persönlich“, so die Athletin, „reizt gerade die Geschwindigkeit an diesem Sport.“Dabei komme es auch auf die möglichst aerodynamische Körperhaltung an: „Wir sind gewissermaßen die Formel-1-Rennwagen beim Radfahren, kein SUV.“
„Bei uns im Ort“, so ein freundlicher Zwischenruf, „würdet ihr mit eurer Geschwindigkeit geblitzt werden“– was eindeutig stimmt.
Und die Gefahr des Stürzens? Gerade beim dichten Auffahren? „Ein Sturzrisiko ist einfach mit dabei. Aber das ist auch bei einem Straßenrennen groß.“Die Angst vor einem Sturz hätten ihre Kolleginnen und sie jedenfalls gut im Griff, die Angst werde ausgeblendet, „und es gibt auch wahnsinnig viele schöne Seiten an meinem Sport“, der ihr zudem viele Türen geöffnet habe.
Auch in Japan sei das Wichtigste gewesen, „dass wir die Nerven behalten haben“. Wenn man von Start bis zum Ziel Vollgas fährt, und auch bei jedem anderen Rennen, könne schon ein kleiner Fehler „alles kaputt machen“. Dass die Jungs vom Fußballverein vorbeigeschaut haben, freut sie besonders, denn Lisa Klein sieht sich auch als Botschafterin des Sports: „Ich habe mir immer gewünscht, dass die Kiddies aufs Rad steigen oder anderen Sport treiben“, und es müsse keineswegs für alle Leistungssport sein.
Einige weitere Sport-Termine warten jetzt auf die Goldmedaillen-Gewinnerin. Ende Oktober auch die Bahn-Weltmeisterschaft: „Da stehen wir mit dem selben Viererteam am Start wie in Japan – und wollen Weltmeister werden.“