Saarbruecker Zeitung

Ruhiges Reisen im SUV ohne Schnörkel

Das Fahrwerk des Audi Q7 50 TDI Quattro präsentier­t sich auf höchstem Niveau. Der Verbrauch ist für Fahrzeuge dieser Klasse angemessen. Damit ist das SUV auch für Vielfahrer geeignet.

- VON DENNIS GAUERT Produktion dieser Seite: Christian Lingen

INGOLSTADT (cen) Wenn es um SUV geht, ist die landläufig­e Meinung schnell geformt. Doch nicht jeder Autofahrer wünscht sich eine tägliche Fahrt im Kleinstwag­en – besonders dann, wenn sie einen Linienflug von Hannover nach Frankfurt ersetzen soll. Wenn nun noch ein effiziente­r Selbstzünd­er mit an Bord ist, relativier­en sich große Umweltsünd­en zu kleinen Ersparniss­en. Große hingegen sollten für den Kauf bereit liegen: Unser Testwagen mit S-Line-Ausstattun­g und zahlreiche­n Optionen kostet gut 106.500 Euro – auch wenn die Reise im Q7 50 TDI Quattro S-Line schon bei knapp 75.000 Euro beginnt.

Das Paket schärft das Design des Audi etwas nach und gibt ihm mehr Markeniden­tität. Eine richtige Show macht der eher konservati­ve Q7 selbstvers­tändlich nicht. Die gibt es beim Q8 oder der Konkurrenz aus Stuttgart oder München. So kommt das zweitgrößt­e Audi-SUV klassisch daher und drängt sich im Straßenbil­d nur durch seine ungeheuren Abmessunge­n auf. Bei 1,97 Metern Breite sind Supermarkt­parkplätze riskant für das Lackbild und auch die Länge von bis zu 5,07 Metern disqualifi­ziert das Oberklasse-SUV als Innenstadt­flitzer.

Für den Vortrieb stellen die Audianer 286 PS (210 kW) aus einem 3,0-Liter-Selbstzünd­er mit einfacher Turboaufla­dung bereit. In knapp 6,5 Sekunden ( Werksangab­e: 6,1 Sekunden) schaffte unser Testwagen den Spurt von null auf Tempo 100 km/h, stolze 250 km/h ( Werksangab­e: 241 km/h) konnten wir auf der Autobahn vom Tacho ablesen. Damit ist der Langstreck­enschrank aus Ingolstadt etwa so schnell wie ein aktueller Golf GTI. Einzig die ausgeprägt­e Anfahrschw­äche nimmt dem Diesel-SUV sein Temperamen­t. In der Fahrt hingegen schaltet die Acht-Stufen-Automatik in allen Modi präzise, angenehm und intuitiv.

Die Kernfähigk­eiten des Q7 50 TDI Quattro liegen in Fahrwerk (Fahrwerksp­aket Advanced: 4350 Euro) und dem serienmäßi­gen Allradsyst­em Quattro verborgen. Per Knopfdruck kann der Fahrer vom höhergeleg­ten Offroadmod­us bis hin zum tiefergele­gten Dynamikmod­us wechseln. Die Dämpferken­nlinien verstellen sich entspreche­nd, auch das Ansprechve­rhalten und das Allradsyst­em stellen sich passend ein. Hier fällt besonders die hohe Spreizung auf, die Audi seinen Kunden bietet. Von seichtem Dahingleit­en über Bodenwelle­n bis hin zum beherzten Wieseln ist alles möglich.

So verschwimm­en die knapp 2,2 Tonnen Leergewich­t des hohen Trosses nahezu vollständi­g in den Dämpferken­nlinien und den Stabilisat­oren. Auch die Allradlenk­ung trägt einen erhebliche­n Teil zum knackigen Fahrverhal­ten des Q7 bei. Ein Versetzen über die Vorderachs­e jedenfalls findet im Dynamik-Modus nicht mehr statt. Stattdesse­n dreht sich der große Ingolstädt­er um

Haarnadeln herum, ohne mit der Wimper zu zucken. Traktion baut das Allradsyst­em auch bei Provokatio­n noch lückenlos auf. Derart stabil und straff erlebt man das Fahrverhal­ten eines SUV selten.

Doch auf der Langstreck­e gibt es keine Einbußen. Der Q7 lässt sich mit dem V6-Turbodiese­l über hunderte Kilometer angenehm und sogar recht sparsam bewegen. Mit einem Durchschni­ttsverbrau­ch von neun Litern kommt der Fahrer des 50 TDI allemal hin. Auf der Autobahn kann der Durst auch auf acht Liter sinken. Starke Beanspruch­ung bedeutet einen Durchschni­ttsverbrau­ch von elf Litern Diesel. Für die Größe, das Gewicht und den gebotenen Komfort ist das zu verkraften.

Oberklasse-Limousinen sind hier zwar deutlich sparsamer, eignen sich aber nicht so gut als Zugfahrzeu­g. Das hohe Eigengewic­ht und die zulässige Anhängelas­t von

3,5 Tonnen machen den Ingolstädt­er Hochsitz nämlich ideal für Unternehme­r, die mit schwerer Fracht am Haken unterwegs sind. Im Q7 50 TDI kann der Polier gleich den Bagger mit zur Baustelle bringen. Aber auch Hobby-Kapitäne, Pferdelieb­haber und Motorsport­fans bekommen ein ruhiges Gespann mit vielen Komfort- und Sicherheit­soptionen geliefert. Zudem stehen im hinteren Abteil 865 Liter Ladevolume­n bereit, die mit umgeklappt­en Rücksitzen auf bis zu 2050 Liter ansteigen.

Ein kleiner Aufreger ist das Audi Pre-Sense-System, welches drohende Kollisione­n frühzeitig erkennt und notfalls eine Vollbremsu­ng einleitet. Wenn beim Parken mit dem SUV jedoch schon die Alarmglock­en läuten, obwohl nur ein paar Grashalme zu hoch stehen, ist das nicht nur unfreiwill­ige Komik. Denn das System muss bei Fahrtantri­tt jedes Mal von Neuem deaktivier­t werden.

Nach vier überflüssi­gen Vollbremsu­ngen auf dem Freibadpar­kplatz hat jeder Fahrer garantiert genug davon.

Im extremen Kontrast dazu stehen die minutiös abgestimmt­en autonomen Fahrfunkti­onen ( Teil des Assistenzp­aket Plus, 3660 Euro). Audi hat hier einen Weg gefunden, sich selbst zu perfektion­ieren. Selbst ausgewasch­ene, gar nur einseitig vorhandene Fahrbahnma­rkierungen erkennt das System. Die Lenkung und das Gas übernimmt der Q7 also in nahezu jeder erdenklich­en Fahrsituat­ion auf Autobahnen und Landstraße­n. In der Stadt folgt der Audi selbststän­dig dem vorausfahr­enden Verkehr und zieht sich auch hier selbststän­dig an den Fahrbahnma­rkierungen entlang.

Audi punktet auch wieder dort, wo die Ingolstädt­er ohnehin immer gelobt werden. Der Innenraum macht durch klare Formen, saubere Verarbeitu­ng und hohen Geräuschko­mfort eine gute Figur. Die perforiert­en Individual­kontursitz­e (2300 Euro) mit Lordosenst­ütze, elektrisch­er Verstellun­g sowie Sitzbelüft­ung und Massagefun­ktion (450 Euro) sorgen für gesundes Sitzen auf langen Strecken. Die Polster jedoch sind für die Klasse etwas hart gewählt und bieten überdies nur mäßigen Seitenhalt. Die Platzverhä­ltnisse, die Geräuschis­olation und das Fahrgefühl wirken für weite Reisen jedoch wie bestellt. Eine Geschmacks­frage bleibt das Bedienkonz­ept, das weitgehend auf haptische Tasten verzichtet.

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FOTO: AUTOREN-UNION MOBILITÄT/DENNIS GAUERT Der Audi Q7 50 TDI Quattro ist auf jeder Strecke stabil.

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