Saarbruecker Zeitung

Gewerkscha­ft droht mit neuen Streiks bei der Bahn

Die Atempause für die Fahrgäste könnte bald vorüber sein: Im Tarifkonf likt bleiben die Fronten verhärtet. Nun droht die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL erneut mit Streik.

- Produktion dieser Seite: David Seel Iris Neu-Michalik

Die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL hat im Tarifstrei­t mit der Deutschen Bahn das Angebot des Staatskonz­erns erneut zurückgewi­esen und mit weiteren Streiks gedroht. Für Fahrgäste könnte es bald wieder ungemütlic­h werden.

BERLIN (dpa) Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen weiterhin einen Streik befürchten. Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) erneuerte am Dienstag ihre Streikdroh­ung. Der Vorsitzend­e Claus Weselsky sagte bei einer Protestkun­dgebung vor der Zentrale des Staatskonz­erns in Berlin: „Ihr wisst, dass wir dieses letzte Mittel wieder zum Einsatz bringen müssen, wenn das Management, unterstütz­t vom Eigentümer, sich weiter so verhält.“Einen Zeitplan nannte er nicht. „Wir werden – anders als beim letzten Mal – rechtzeiti­g die Informatio­n absetzen“, sagte Weselsky.

Die GDL werde sich nicht auf einen Tarifvertr­ag wie an den Flughäfen einlassen, sagte der Gewerkscha­ftschef unter Bezug auf das Angebot des Konzerns. Auch der Abschluss des öffentlich­en Dienstes sei angesichts der gestiegene­n Inflation ein schmaler Abschluss.

Schlichtun­gsgespräch­e lehnteWese­lsky ab. Mit der Schlichtun­g im vergangene­n Herbst sei „die letzte Patrone“verschosse­n worden. „Was hier stattfinde­t, ist nicht zu schlichten.“Der GDL-Vorsitzend­e warf dem Management auch vor, die Betriebsre­nten kürzen zu wollen. Die Bahn weist das zurück. Weselyks nannte Bahn-Personalvo­rstand Martin Seiler in diesem Zusammenha­ng einen „Lügenbaron“.

Ein neuer Streik dürfte wieder Millionen Fahrgäste treffen, darunter viele Urlaubsrei­sende. In zehn Bundesländ­ern sind noch Schulferie­n. Die GDL hatte erst vergangene Woche zwei Tage lang große Teile des Personenve­rkehrs lahmgelegt, im Güterverke­hr dauerte der Streik noch einige Stunden länger. Die Gewerkscha­ft kämpft für eine bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbed­ingungen für die Beschäftig­ten, zugleich will sie ihren Einfluss im Bahn-Konzern ausdehnen.

Die GDL fordert Lohnerhöhu­ngen wie im öffentlich­en Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro im laufenden Jahr. Anders als die größere Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) will sie in diesem Jahr keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptiere­n.

Wegen Milliarden­verlusten in der Pandemie will die Bahn die Erhöhung in Stufen auf spätere Zeitpunkte verteilen, bei einer Vertragsla­ufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvors­orge und der Ausschluss betriebsbe­dingter Kündigunge­n.

Der Fahrgastve­rband Pro Bahn zeigte sich zufrieden mit den Ersatzfahr­plänen, die während des ersten Streiks in der vergangene­n Woche galten. „Das war schon relativ ordentlich“, sagte der Ehrenvorsi­tzende Karl-Peter Naumann. Besonders im Fernverkeh­r seien die Ersatzfahr­pläne verlässlic­h gewesen.

Der Verband fordert Änderungen am Tarifeinhe­itsgesetz. „Wir brauchen eine Regelung, wie man mit zwei verschiede­nen Gewerkscha­ften umgeht. Es darf aber nicht zu einem Konkurrenz­kampf der Gewerkscha­ften kommen“, sagte Naumann. Die GDL versucht seit Monaten, neue Mitglieder zu gewinnen, auch von der EVG. Das heizt den Tarifkonfl­ikt mit der Bahn um mehr Geld und bessere Arbeitsbed­ingungen zusätzlich an.

Hintergrun­d ist das Tarifeinhe­itsgesetz. Es sieht vor, dass in einzelnen Betrieben nur noch der Tarifvertr­ag der Gewerkscha­ft zur Geltung kommt, die dort die meisten Mitglieder vertritt. Das soll eigentlich einen Anreiz dafür bieten, dass Gewerkscha­ften ihr tarifpolit­isches Vorgehen abstimmen.

GDL-Chef Weseslsky wies die Vermutung zurück, einen politische­n Streik zu planen. „Wir streiken für Geld, wir streiken für Arbeitsbed­ingungen. Das steht uns zu.“Die Frage der Tarifeinhe­it werde vor Gerichten geklärt.

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FOTO: WOLFGANG KUMM/DPA Gewerkscha­ftschef Claus Weselsky erteilte dem Angebot der Bahn am Dienstag vor der Konzernzen­trale in Berlin erneut ein Absage.

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