Corona-Sorgen vor dem Start der Paralympics
Auch die Paralympics in Tokio werden wie erwartet ohne Fans ausgetragen. Die Sorgen vor dem Start bleiben unverändert groß.
Kurz vor den Paralympics wird in Japan angesichts der kritischen Corona-Lage der Notstand noch einmal erweitert. Die Para-Athleten, darunter zwei Saarländer, sind besorgt und traurig über den Zuschauer-Ausschluss.
TOKIO (sid) Täglich Rekordzahlen, die Corona-Situation „außer Kontrolle“: Auch die Paralympics in Tokio werden deshalb als „Geisterspiele“stattfinden. Angesichts der explodierenden Ausbreitung der Delta-Variante in Japan beschlossen Regierung, Organisatoren und das Internationale Paralympische Komitee (IPC) am Montag, dass die Veranstaltung vom 24. August bis 5. September in Tokio wie schon die Olympischen Spiele ohne Zuschauer ausgetragen werden muss.
Überraschend kam die kurze Mitteilung längst nicht mehr. Die Hoffnung auf Fans war minimal. „Wir müssen die Maßnahmen noch einmal verschärfen, dazu gehört nun auch, dass es keine Zuschauer geben wird“, hieß es nun in einer gemeinsamen Erklärung der Veranstalter. Eine kleine Ausnahme ist aber trotz der kritischen Lage vorgesehen: Einige wenige Schulkinder sollen in den Wettkampfstätten im Rahmen eines integrativen Erziehungsprogramms zugelassen werden.
Es ist ein schwacher Trost. „Das ist natürlich sehr schade und bitter“, sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS): „Aber wir waren auf so eine Entscheidung vorbereitet. Wir werden alles mitmachen, was der Prävention dient. Es sollen ja virusfreie Spiele werden.“
Es dürfte eine Wunschvorstellung bleiben. Aus Regierungskreisen in Japan hieß es bereits, dass die Situation einer Katastrophe ähnlich und aktuell „außer Kontrolle“sei. Am vergangenen Wochenende gab es erstmals über 20 000 Neuinfektionen, in Tokio über 5000. Der Notstand gilt derzeit noch bis 31. August. Die Olympia-Organisatoren hatten während der Spiele 540 positive Fälle bei Athleten, Offiziellen und Medienvertretern gemeldet.
Für das Team D Paralympics, zu dem auch die beiden Saarländer Nicole Nicoleitzik (Leichtathletik) und Boris Nicolai (Boccia) zählen, ist es ein harter Schlag. „Man hat so lang auf das eine Ziel hingearbeitet. Wenn das ohne Zuschauer stattfindet, ist das schon sehr herbe“, sagte Sportschütze Tim Focken stellvertretend: „So ist es jetzt halt sehr trocken und kühl. Es fehlt alles Mögliche, die Begeisterung, das
Feedback von außen. Das ist wirklich sehr, sehr traurig.“
Doch auch ohne Fans in den Stadien bleiben die Sorgen groß. Karl Quade, Chef de Mission, sprach „von einer ganz besonderen Herausforderung“. Man mache sich „viele Gedanken. Der schlimmste Fall wäre, wenn eine Sportlerin oder ein Sportler aus unserem Team in Quarantäne müsste.“Dies ist auch für Leichtathletin und Gold-Hoffnung
Irmgard Bensusan die „Horrorvorstellung“. „Das ist meine größte Angst, dass man sich fünf Jahre auf die Wettkämpfe vorbereitet, und dann wird man kurz vorher positiv getestet“, sagte die 30-Jährige von Bayer Leverkusen. Sie gehe deshalb „überhaupt kein Risiko“ein und treffe „extreme Vorsorge“.
Auch Verbands-Chef Beucher forderte seine Mannschaft noch einmal eindringlich auf, „die Regeln mit größter Sorgfalt einzuhalten, um eine Ansteckung zu verhindern. Dafür müssen wir alles tun.“
Weltverbands-Präsident Andrew Parsons hatte die erwarteten 4400 Sportler und Sportlerinnen sowie rund 12 000 Offizielle und Helfer ebenfalls noch einmal darauf hingewiesen, „sehr wachsam“zu sein. „Wir können die aktuellen Fallzahlen in Japan und Tokio nicht ignorieren, und ich fordere jeden auf, alle
im Playbook beschriebenen Maßnahmen zu befolgen“, sagte Parsons. Die Olympischen Spiele hätten der Welt jedoch gezeigt, sagte Parsons weiter, „dass ein großes globales Sportereignis sicher durchgeführt werden kann“. Vor allem ohne Fans. Auch wenn das vielen natürlich nicht gefällt.