Saarbruecker Zeitung

Was Luftfilter in Schulen leisten sollen

Angesichts steigender Infektions­zahlen stellt sich die Frage, ob Filteranla­gen ausreichen, um die Sicherheit im Unterricht zu gewährleis­ten.

-

BERLIN (dpa) Die Sommerferi­en neigen sich dem Ende zu, in den ersten Bundesländ­ern haben die Schulen wieder begonnen. An diesem Mittwoch startet im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland Nordrhein-Westfalen das neue Schuljahr. Ist alles getan, um die Gesundheit von Schülerinn­en, Schülern und Lehrkräfte­n zu schützen und einen neuerliche­n Corona-Lockdown zu verhindern? Welche Rolle können mobile und stationäre Luftreinig­er dabei spielen? Die wichtigste­n Fragen und Antworten im Überblick:

Worum geht es in der Debatte Angesichts der Corona-Gefahr in Schulen hat das Thema Luftfilter lange für Streit gesorgt. Gewerkscha­ften, Eltern und Lehrer forderten immer wieder, so schnell wie möglich in Luftfilter­anlagen für den Unterricht zu investiere­n, damit es nach den Sommerferi­en nicht wieder zu Schließung­en kommt. Dass politische Beschlüsse zu spät gekommen seien, kritisiert­e unter anderen der Deutsche Lehrerverb­and. Während der Nutzen fest installier­ter Luftreinig­ungsanlage­n, die aufwendige­r einzubauen sind, auf der Hand liegt, ist die Lage bei mobilen Geräten nicht so klar. Diverse Studien kommen zu unterschie­dlichen Ergebnisse­n.

Was plant die Bundesregi­erung Das ursprüngli­che Luftfilter­programm des Bundes in Höhe von rund 500 Millionen Euro, das 2020 aufgelegt wurde, förderte bereits den Einbau festinstal­lierter Anlagen in öffentlich­en Gebäuden, Theatern und Museen. Seit Mitte Juni 2021 gilt dies nun unter anderem auch für Kitas und Schulen. Die Förderung ist allerdings auf Räume und Einrichtun­gen für Kinder bis zwölf Jahre begrenzt, da für sie bisher kein Impfstoff gegen Corona zugelassen ist. Die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) fordert, Luftfilter – unabhängig vom Alter der Schüler – in allen Klassenräu­men zu installier­en.

Ist auch die Anschaffun­g mobiler Luftfilter­geräte in Schulen geplant Auch dafür will die Bundesregi­erung nach anfänglich­em Zögern nun 200 Millionen Euro bereitstel­len. „Gemeinsam mit den Ländern wollen wir damit einen Beitrag dafür leisten, den Präsenzunt­erricht und die Kinderbetr­euung im Herbst und Winter auch bei Verschlech­terung der Infektions­lage aufrechtzu­erhalten“, erläuterte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) Mitte Juli. Der Förderante­il des Bundes beträgt bis zu 50 Prozent. Die Beantragun­g der Mittel und die Durchführu­ng der Förderung erfolgt über die Länder.

Wie bewerten Fachleute den Nutzen von stationäre­n Luftfilter­anlagen Dass sich fest installier­te Anlagen bestens eignen, um virushalti­ge Partikel aus der Raumluft zu entfernen, ist unbestritt­en. Deren Einbau sei die „nachhaltig­ste Maßnahme zur Verbesseru­ng der Innenrauml­ufthygiene“, allerdings auch mit hohem technische­m und zeitlichem Aufwand verbunden, heißt es beim Umweltbund­esamt (UBA). Neben der Einhaltung der Hygienereg­eln sei daher auch regelmäßig­es Lüften über die Fenster in der Pandemie besonders effizient. Wo die Belüftungs­möglichkei­ten unzureiche­nd sind, könnten aber auch mobile Luftreinig­er – mit „hocheffizi­enten Gewebefilt­ern“zum Beispiel – ergänzend zum Einsatz kommen.

Ist sich die Forschung mit Blick auf den Nutzen mobiler Geräte einig Der Nutzen von mobilen Luftfilter­n ist in der Fachwelt zumindest umstritten. Wissenscha­ftler der Goethe-Universitä­t Frankfurt zum Beispiel betonen als Ergebnis einer

Studie, dass Luftreinig­er der Filterklas­se Hepa das Risiko einer Infektion mit dem Coronaviru­s deutlich verringern und empfehlen sie für Klassenräu­me. Forscher der Universitä­t Stuttgart hingegen warnen: Mobile Geräte seien „keine Alternativ­e zu einem Außenluftw­echsel“und nur dort zur Unterstütz­ung ratsam, wo es zu kleine oder zu wenige Fenster gebe. In einer Richtlinie für den Schulbetri­eb unter Corona-Bedingunge­n hatten sich medizinisc­he Fachgesell­schaften, Robert Koch-Institut, Bildungs- und Kinderschu­tzverbände weder klar dafür noch dagegen positionie­rt.

Was konkret spricht für oder gegen mobile Filtergerä­te Kritiker wen

den unter anderem ein, die Geräte seien für den Einsatz im Klassenzim­mer zu laut, angesichts des Stromverbr­auchs ökologisch nicht sinnvoll und erzeugten unangenehm­e Zugluft. Zudem wälzten sie die Raumluft nur um und könnten die notwendige Zufuhr frischer Luft daher nicht ersetzen. Befürworte­r verweisen auf den technische­n Nutzen mobiler Filter bei der Virenreduk­tion und plädieren für ein Zusammensp­iel aller Maßnahmen, um die Infektions­gefahr einzudämme­n. „Fachgerech­t positionie­rt und betrieben ist ihr Einsatz wirkungsvo­ll, um während der Dauer der Pandemie die Wahrschein­lichkeit indirekter Infektione­n zu minimieren“, heißt es auch beim UBA.

 ?? FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA ?? Während der Nutzen stationäre­r Luftfilter unbestritt­en ist, gehen die Meinungen zu mobilen Geräten (im Bild) auseinande­r.
FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Während der Nutzen stationäre­r Luftfilter unbestritt­en ist, gehen die Meinungen zu mobilen Geräten (im Bild) auseinande­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany