Das Schwimmschiff „Vaterland“ist zerbrochen
Wrack zieht Sprayer und Einbrecher magisch an. Sein Schicksal ist besiegelt. Doch wer zahlt die 250 000 Euro für die Bergung?
SAARBRÜCKEN Da liegt er nun auf dem Trockenen und hatte bereits viermal Besuch: vom Gutachter einer Versicherung, der Polizei, einem Sprayer und einem Einbrecher. Der Ponton, besser bekannt als Schwimmschiff „Vaterland“, wartet auf dem Gelände des Wasser- und Schifffahrtsamtes ( WSA) an der Burbacher Schleuse auf die Verschrottung. Der Ponton, der über Monate auf dem Grund der Saar am Willi-Graf-Ufer lag, wird nie mehr ins Wasser kommen.
Seit sie vorige Woche an Land gehoben wurde, hat sich noch nicht viel getan. Am ersten Werktag nach der Bergung kam ein Gutachter der Versicherung des Shisha-Café-Betreibers. Er muss klären, ob es sich um einen Haftpflichtschaden handelt. Genau darauf baut die Eignerin. Denn die ist nach Auskunft ihres Mannes Lothar Steinacker nicht selbst versichert und kann die enormen Bergungskosten von rund 250 000 Euro nur dann tragen, wenn der Gutachter einen Haftpflichtschaden bejaht.
Michael Klein von der Wasserschutzpolizei des Saarlandes ( WSP) war mit dem Gutachter vor Ort: „Es gab definitiv keine Hinweise auf eine Straftat. Wir haben kein Leck gefunden und nichts, was auf ein Fremdverschulden hindeutet. Für uns als Polizei ist die Akte damit geschlossen. Es ist jetzt ein privatrechtlicher Fall. Der Gutachter hat angekündigt, dass er Berechnungen vornehmen wird, wie viel Wasser durch den Wasseranschluss an der Berliner Promenade ins Schwimmschiff gelangt sein kann und ob sich damit das Sinken erklären lässt. Dazu benötigt der Gutachter noch Angaben und Zeit“, sagte Klein auf SZ-Anfrage. Das Ergebnis des Gutachtens liege noch nicht vor, werde aber auch nicht an die Polizei geschickt.
Kristina Decker, die Fachbereichsleiterin Schifffahrt beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Mosel
Saar-Lahn ( WSA) in Saarbrücken, kennt die Untersuchungsergebnisse auch nicht. Ihre Behörde hat die teure Bergung in Auftrag gegeben und muss für die Kosten von mindestens 250 000 Euro in Vorlage treten.
Der Grund: Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hat der Behörde zur Gefahrenabwehr die sogenannte Ersatzvornahme gestattet. Das ist möglich, wenn der oder die Handlungsverpflichtete, hier die Schiffseignerin, der Beseitigung des Wracks trotz Aufforderung durch die Verwaltung nicht nachkommt. Wobei das WSA eine Gefahr für die Schifffahrt sah. Bei Hochwasser hätte die „Vaterland“vom Ufer hätte abreißen und führerlos davontreiben können. Eine Stütze zum Land war bereits gerissen. „Jederzeit hätte auch Inventar abtreiben oder der aus viel Holz bestehende Aufbau abreißen können“, sagt Decker. Das hätte besonders kleinere Wasserfahrzeuge gefährdet.
Steinacker habe gegen erste Beseitigungsaufforderungen Widersprüche eingelegt. Das Verwaltungsgericht habe diese zurückgewiesen. Danach habe man im beschleunigten und vereinfachten Verfahren Angebote geeigneter Bergungsunternehmen eingeholt und ohne eine europaweite Ausschreibung Aufträge vergeben, wie das in Eilfällen juristisch statthaft sei. Dass von dem Wrack eine ständige Gefahr ausgegangen sei, habe sich bei der Bergung eindrucksvoll gezeigt. Ein WSA-Video zeigt, wie das Schiff kurz vor dem Absetzen krachend zerbricht. Der gesamte Aufbau gibt nach, der Rumpf platzt, Wasser tritt aus.
„Das Schwimmschiff hat mehrere gravierende Schadstellen und wird so nie mehr eine Zulassung bekommen, zu Wasser gelassen zu werden“, sagt Decker. Sie hatte zuvor noch gesagt, bei einem schlüssigen Sanierungskonzept könne das Abschleppen zu einer Werft genehmigungsfähig sein. Diese Alternative sei inzwischen ausgeschlossen. Das Schwimmschiff müsse bis zum 3. September beseitigt werden, dass habe man der Eignerin offiziell mitgeteilt. Diese müsse nun ein Abrissunternehmen bestellen. Wenn sie dem nicht nachkomme, werde man erneut nach Möglichkeiten suchen, die Beseitigung selbst in Auftrag geben zu können, erklärte Decker. Natürlich müsse auch dann die Eignerin die Kosten tragen. Keinesfalls werde man das Schiff lange in Burbach am Ufer tolerieren.
Schon jetzt zieht das Wrack, aktuell mit einem Bauzaun gesichert, ungebetene Eindringlinge an. Am Rumpf sind schon farbige Graffiti zu sehen, Mitarbeiter des WSA entdeckten im Schiff einen Einbrecher, der auf der Suche nach Alkohol war. Deshalb wurde die Polizei hinzugerufen. Es waren auch Drogen im Spiel.
Ein Sprecher des Bergungsunternehmens Steil sprach von einer extrem schwierigen Bergung. Wenn das Schiff nicht Zentimeter über dem Boden, sondern in der Luft durchgebrochen wäre, hätten die Schwerlastkräne Schäden davontragen und schlimmstenfalls umstürzen können. Der Schiffsrumpf habe sich als so instabil erwiesen, dass auch er ein erneutes Anheben nicht verantworten könne.
Die „Vaterland“wird also in Burbach nur noch zu Einzelteilen zersägt in Schrottcontainern verlassen. Ihr Ende als Gastro-Ponton steht fest.