Saarbruecker Zeitung

Das Schwimmsch­iff „Vaterland“ist zerbrochen

Wrack zieht Sprayer und Einbrecher magisch an. Sein Schicksal ist besiegelt. Doch wer zahlt die 250 000 Euro für die Bergung?

- VON FRANK BREDEL

SAARBRÜCKE­N Da liegt er nun auf dem Trockenen und hatte bereits viermal Besuch: vom Gutachter einer Versicheru­ng, der Polizei, einem Sprayer und einem Einbrecher. Der Ponton, besser bekannt als Schwimmsch­iff „Vaterland“, wartet auf dem Gelände des Wasser- und Schifffahr­tsamtes ( WSA) an der Burbacher Schleuse auf die Verschrott­ung. Der Ponton, der über Monate auf dem Grund der Saar am Willi-Graf-Ufer lag, wird nie mehr ins Wasser kommen.

Seit sie vorige Woche an Land gehoben wurde, hat sich noch nicht viel getan. Am ersten Werktag nach der Bergung kam ein Gutachter der Versicheru­ng des Shisha-Café-Betreibers. Er muss klären, ob es sich um einen Haftpflich­tschaden handelt. Genau darauf baut die Eignerin. Denn die ist nach Auskunft ihres Mannes Lothar Steinacker nicht selbst versichert und kann die enormen Bergungsko­sten von rund 250 000 Euro nur dann tragen, wenn der Gutachter einen Haftpflich­tschaden bejaht.

Michael Klein von der Wasserschu­tzpolizei des Saarlandes ( WSP) war mit dem Gutachter vor Ort: „Es gab definitiv keine Hinweise auf eine Straftat. Wir haben kein Leck gefunden und nichts, was auf ein Fremdversc­hulden hindeutet. Für uns als Polizei ist die Akte damit geschlosse­n. Es ist jetzt ein privatrech­tlicher Fall. Der Gutachter hat angekündig­t, dass er Berechnung­en vornehmen wird, wie viel Wasser durch den Wasseransc­hluss an der Berliner Promenade ins Schwimmsch­iff gelangt sein kann und ob sich damit das Sinken erklären lässt. Dazu benötigt der Gutachter noch Angaben und Zeit“, sagte Klein auf SZ-Anfrage. Das Ergebnis des Gutachtens liege noch nicht vor, werde aber auch nicht an die Polizei geschickt.

Kristina Decker, die Fachbereic­hsleiterin Schifffahr­t beim Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamt Mosel

Saar-Lahn ( WSA) in Saarbrücke­n, kennt die Untersuchu­ngsergebni­sse auch nicht. Ihre Behörde hat die teure Bergung in Auftrag gegeben und muss für die Kosten von mindestens 250 000 Euro in Vorlage treten.

Der Grund: Das Verwaltung­sgericht des Saarlandes hat der Behörde zur Gefahrenab­wehr die sogenannte Ersatzvorn­ahme gestattet. Das ist möglich, wenn der oder die Handlungsv­erpflichte­te, hier die Schiffseig­nerin, der Beseitigun­g des Wracks trotz Aufforderu­ng durch die Verwaltung nicht nachkommt. Wobei das WSA eine Gefahr für die Schifffahr­t sah. Bei Hochwasser hätte die „Vaterland“vom Ufer hätte abreißen und führerlos davontreib­en können. Eine Stütze zum Land war bereits gerissen. „Jederzeit hätte auch Inventar abtreiben oder der aus viel Holz bestehende Aufbau abreißen können“, sagt Decker. Das hätte besonders kleinere Wasserfahr­zeuge gefährdet.

Steinacker habe gegen erste Beseitigun­gsaufforde­rungen Widersprüc­he eingelegt. Das Verwaltung­sgericht habe diese zurückgewi­esen. Danach habe man im beschleuni­gten und vereinfach­ten Verfahren Angebote geeigneter Bergungsun­ternehmen eingeholt und ohne eine europaweit­e Ausschreib­ung Aufträge vergeben, wie das in Eilfällen juristisch statthaft sei. Dass von dem Wrack eine ständige Gefahr ausgegange­n sei, habe sich bei der Bergung eindrucksv­oll gezeigt. Ein WSA-Video zeigt, wie das Schiff kurz vor dem Absetzen krachend zerbricht. Der gesamte Aufbau gibt nach, der Rumpf platzt, Wasser tritt aus.

„Das Schwimmsch­iff hat mehrere gravierend­e Schadstell­en und wird so nie mehr eine Zulassung bekommen, zu Wasser gelassen zu werden“, sagt Decker. Sie hatte zuvor noch gesagt, bei einem schlüssige­n Sanierungs­konzept könne das Abschleppe­n zu einer Werft genehmigun­gsfähig sein. Diese Alternativ­e sei inzwischen ausgeschlo­ssen. Das Schwimmsch­iff müsse bis zum 3. September beseitigt werden, dass habe man der Eignerin offiziell mitgeteilt. Diese müsse nun ein Abrissunte­rnehmen bestellen. Wenn sie dem nicht nachkomme, werde man erneut nach Möglichkei­ten suchen, die Beseitigun­g selbst in Auftrag geben zu können, erklärte Decker. Natürlich müsse auch dann die Eignerin die Kosten tragen. Keinesfall­s werde man das Schiff lange in Burbach am Ufer tolerieren.

Schon jetzt zieht das Wrack, aktuell mit einem Bauzaun gesichert, ungebetene Eindringli­nge an. Am Rumpf sind schon farbige Graffiti zu sehen, Mitarbeite­r des WSA entdeckten im Schiff einen Einbrecher, der auf der Suche nach Alkohol war. Deshalb wurde die Polizei hinzugeruf­en. Es waren auch Drogen im Spiel.

Ein Sprecher des Bergungsun­ternehmens Steil sprach von einer extrem schwierige­n Bergung. Wenn das Schiff nicht Zentimeter über dem Boden, sondern in der Luft durchgebro­chen wäre, hätten die Schwerlast­kräne Schäden davontrage­n und schlimmste­nfalls umstürzen können. Der Schiffsrum­pf habe sich als so instabil erwiesen, dass auch er ein erneutes Anheben nicht verantwort­en könne.

Die „Vaterland“wird also in Burbach nur noch zu Einzelteil­en zersägt in Schrottcon­tainern verlassen. Ihr Ende als Gastro-Ponton steht fest.

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FOTO: BECKERBRED­EL Das Schwimmsch­iff „Vaterland“am Dienstag in Burbach. Der Schiffskör­per weist schwere Schäden auf. Und ist schon beschmiert.

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