Zwischen Salz, Kohle, Glas und Preußisch Blau
Die Industriegeschichte Sulzbachs ist eine besonders spannende. Und eine ziemlich facettenreiche.
SULZBACH (kip) Die Geschichte Sulzbachs ist eng mit der des Glases, der Kohle, der Farbe Blau – und natürlich mit dem Salz verbunden: Das „weiße Gold“ist im 16. Jahrhundert begehrt als Gewürz, als Konservierungsmittel. Graf Philipp II. zu Nassau-Saarbrücken lässt daher ab 1650 in Sulzbach Salz aus Grundwasser gewinnen. Gelohnt hat sich das nie wirklich. Außer, dass in den heute schick sanierten Gebäuden Kulturveranstaltungen stattfinden können. Die Brunnen sind damals nicht ergiebig genug. 1618, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, legt der Fürst die Saline still.
Im Krieg zerstört 1635 die kroatische Soldateska des kaiserlichen Generalleutnants Gallas Sulzbach vollständig. Erst 92 Jahre später, am 14. Oktober 1727, schreibt Graf Friedrich Ludwig von Ottweiler und Saarbrücken, dass in Sulzbach doch bitte schön „wieder ein tüchtiges Dorf aufgerichtet“werden solle, um den Einkünften der Regierung „einige Vermehrung und Verbesserung“angedeihen zu lassen. Auch die Salzgewinnung startet der Fürst wieder. Doch nur bis 1736 – auch ihm ist sie zu unrentabel.
1765 eröffnet in Sulzbach die Eisenschmelze auf der „Schmelz“– der Start für die Industrialisierung, in der sich zunächst Glashütten und eine Blaufabrik in Sulzbach etablieren. Die Blaufabrik startet 1786 mit der Produktion von koch- und lichtfestem Preußischen oder Berliner Blau. Damit lassen sich Stoffe färben. In den 1920er Jahren liefert die Firma ihr Blau bis nach Japan, China, Indien und Südamerika. 1938 ist Schluss. Demnächst sollen die verbliebenen Gebäude abgerissen werden. Baufällig.
Die baulichen Erinnerungen an die Glashütten sind (größtenteils) schon weg. Zwischen 1784 und 1929 gab es insgesamt drei im heutigen Sulzbach: die Mariannenthaler Hütte in Schnappach. Sie stellte Tafelglas her, ab 1831 Flaschen und ab den 1860er Jahren auch Mousselin- und Ornamentglas, sowie ab 1874 Mattglas, ab 1864 Glasmalereiarbeiten für Kirchenfenster; 1918 die Stilllegung. Ab 1815 produziert Carl Philipp Vopelius in einer zweiten Schnappacher Glashütte hauptsächlich Fensterglas. 1858/59 lässt er eine ergänzende Glashütte auf preußischer Seite bauen. 1911 schließen sich seine zwei Glashütten mit St. Ingberter Hütten zur Vereinigten Vopelius & Wentzel’schen Glashütte ( VVG) zusammen. Die Schnappacher Glashütten schließen hernach– auch wegen Bergbauschäden an den Gebäuden. 1865 entsteht die dritte Sulzbacher Glashütte. Eduard Vopelius hat sie gegründet, ein Sohn von Carl Philipp. Auch sie stellte Fensterglas her, auch sie ging 1911 in der VWG auf. 1929 ist dort endgültig Schluss.
Bereits 1462 berichten Chroniken über noch wilde, ungeordnete Kohlengräbereien im heutigen Sulzbach. Der Bergbau boomt erst richtig, seit die Eisenbahnlinie 1852 durchs Tal rollt. Drei (Gold)-Gruben hat Sulzbach. Mellin in Sulzbach: Sie fördert von 1853 bis 1959. Die Grube Altenwald hebt bis 1932 Kohlen, die Fördertürme in Brefeld bis 1942. 1924 arbeiteten allein in Mellin und Altenwald rund 5800 Bergleute. Dazu kommen noch Röchlings Kokerei in
Altenwald (1852 bis 1963), die Glasfabriken, die Blaufabrik: Zwischen 1850 und 1950 hat Sulzbach seine Wachstumsphase.
Mit dem Boom der Industrie steigen die Einwohnerzahlen. Von 1843 bis 1866 vervierfacht sich die Zahl der Einwohner des Ortes auf 4688; 1875 sind es 5419. Auch Altenwald und Hühnerfeld wachsen gewaltig. 1925 leben auf dem heutigen Stadtgebiet 23 850 Menschen. 2015 sind es 16215, heute 17 679 Einwohner, die noch ein wenig des alten Glanzes der „Stadt der Steinkohle“erhaschen können. Einige Wohn- und Geschäftshäuser im Stadtzentrum zeugen mit ihren schönen Fassaden und Ziergiebeln von dieser Zeit. Auch das Rathaus, das alte Gymnasium oder das Amtsgericht oder die kunstvollen Glasfenster in der evangelischen Kirche, im Rathausfestsaal oder in der Aula des alten Gymnasiums. Oder der alte Salzbrunnen, der pünktlich zum 75-jährigen Stadtjubiläumsfest am 15. September fertig saniert sein soll.