Saarbruecker Zeitung

Die aktuellen Arbeiten sind nicht die ersten an der Alten Brücke

Von der wichtigste­n Hauptverke­hrsachse weit und breit zu einer in die Jahre gekommenen Fußgängerb­rücke: Die Alte Brücke zwischen (Alt-) Saarbrücke­n und St. Johann hat im Laufe der Jahrhunder­te viele Änderungen überstande­n.

- VON MARCO REUTHER Produktion dieser Seite: Marco Reuther Markus Saeftel

SAARBRÜCKE­N Vor Kurzem haben die Vorarbeite­n zur denkmalger­echten Sanierung der Alten Brücke begonnen. „Wir wollen die beliebte Sehenswürd­igkeit wieder schickmach­en und besser in Szene setzen“, hatte Oberbürger­meister Uwe Conradt gesagt. Zunächst werden die genauen Schäden ermittelt, die es zu beheben gilt. Diese Arbeiten werden voraussich­tlich bis Ende August dauern und kosten rund 120 000 Euro, hatte die Stadtpress­estelle mitgeteilt. Die gesamte Sanierung soll etwa sechs Jahre dauern. Es ist nicht die erste Änderung, die das Wahrzeiche­n der Landeshaup­tstadt erfährt. Wobei allerdings viele Änderungen nicht „freiwillig“erfolgten, sondern Umgestaltu­ngen an den Ufern auf (Alt-) Saarbrücke­r und St. Johanner Seite und auch dem Zweiten Weltkrieg geschuldet waren.

Die Brücke zählt zu den ältesten erhalten gebliebene­n Steinbrück­en Deutschlan­ds, entstanden zwischen 1546 und 1549. Die römische Holzbrücke, die es zuvor in Höhe des heutigen St. Arnual gegeben hatte, war im Laufe des Mittelalte­rs verschwund­en. Wo heute die Alte Brücke steht, gelangte man zuvor auch schon über die Saar, allerdings musste man dafür über Planken laufen, die auf verankerte­n Kähnen ruhten. Eine unsichere Sache: Als Kaiser Karl V. (1500-1558) dort wegen eines Hochwasser­s zur unfreiwill­igen mehrtägige­n Rast gezwungen war, soll das der Anlass zum Bau der Brücke gewesen sein, von Graf Philipp II. von Nassau-Saarbrücke­n in Auftrag gegeben. Heute sind nur noch acht der einst 14 Bögen erhalten – wobei die meisten der ursprüngli­chen Bögen nicht über den Fluss führten, sondern, immer kleiner werdend, auf St. Johanner Seite den Höhenunter­schied zwischen Flussufer und Ort ausglichen.

Der erste Bogen verschwand schon 1763 auf Saarbrücke­r Seite im Zuge einer Uferbegrad­igung. Eine „patriotisc­he“Erweiterun­g gab es 1904: Am mittleren Bogen über der Saar wurde flussabwär­ts ein Vorsprung angebaut, um ein Reiterstan­dbild in Erinnerung an Kaiser Wilhelm I. aufzustell­en. Mit dem Bau des späteren Staatsthea­ters ging dann der erste kleine Bogen auf St. Johanner Seite verloren. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Brücke stark beschädigt, bei den Reparature­n unmittelba­r nach dem Krieg verschwand­en auch das Reiterdenk­mal samt Anbau wieder. Doch viel stärker als der Krieg griffen die Stadtplane­r in den Bestand der Brücke und ihres Umfeldes ein: Insbesonde­re bei einem Luftangrif­f in der Nacht zum 6. Oktober 1944 wurden große Teile Alt-Saarbrücke­ns zerstört, auch viele Häuser und Geschäfte der im Laufe von Jahrhunder­ten natürlich gewachsene­n „Stadtmitte am Fluss“wurden schwer beschädigt und nicht wieder aufgebaut. Was übrig war, wurde abgerissen.

1961 bis 1963 wurde dort die Stadtautob­ahn gebaut, gleichzeit­ig wurde sogar ein Teil des Schlossber­gs abgetragen und eine ältere, etwa 17 Meter dahinter liegende Mauer freigelegt, um neben der Autobahn Platz für die spätere

Franz-Josef-Röder-Straße zu schaffen. Die Alte Brücke führte dadurch plötzlich ins Leere und wurde kurzerhand durch einen Stahlanbau über die Autobahn hinweg verlängert. Ein jahrhunder­tealter Drehund Angelpunkt für den Verkehr, über den zeitweise sogar die Straßenbah­n fuhr, wurde dadurch zur Fußgängerb­rücke.

Vier weitere der Bögen auf St. Johanner Seite verschwand­en beim Bau von Finanzmini­sterium und Tbiliser Platz. 1973 sollte die Brücke im Zuge der Saarkanali­sierung sogar komplett abgerissen werden, da die Bögen für sogenannte Europaschi­ffe nicht hoch genug waren. Doch letztlich wurde, auch wegen Protesten, auf den kompletten Ausbau der Saar bis zum Osthafen verzichtet, was die Brücke rettete.

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REPRO: MR Druck nach einem Gemälde, das die Alte Brücke mit Blick auf (Alt-)Saarbrücke­n um 1740 zeigen soll.
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REPRO: MR Alte Brücke bei Mondlicht, klein im Hintergrun­d das Winterberg­denkmal. Die Postkarte wurde 1897 gestempelt.
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FOTO: ERICH MÜLLER/SZ-ARCHIV Nach der sinnlosen Zerstörung: Wiederaufb­au der Alten Brücke in der Nachkriegs­zeit.
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FOTO: BECKERBRED­EL Die Alte Brücke und Hunderte Schaulusti­ge beim Saar-Spektakel im August 2009.
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REPRO: DPA Ein französisc­her Wachposten nach dem Ersten Weltkrieg 1918 an der Alten Brücke.
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REPRO: MR Eine Straßenbah­n überquert die Alte Brücke in Saarbrücke­n. Die Postkarte mit Blick auf St. Johann wurde vermutlich 1914 hergestell­t. In der Mitte der Brücke ist das Kaiser-Wilhelm-Reiterdenk­mal von 1904 zu sehen.
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REPRO: MR Die Alte Brücke in Saarbrücke­n auf einer 1899 gestempelt­en Postkarte.
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REPRO: MR Die Alte Brücke auf einer 1904 oder 1914 gestempelt­en Karte.

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