Saarbruecker Zeitung

Mit einem Hechtsprun­g in die freie Szene

Man kennt sie aus dem saarländis­chen „Tatort“– doch lieber spielt Eva Kammigan für Kinder. Am Samstag zeigt sie das Solo „ Jenny Hübner greift ein“an der Congressha­lle. Worum geht’s dabei?

- VON ISABELL SCHIRRA Produktion dieser Seite: Frank Kohler Markus Saeftel

SAARBRÜCKE­NWenn Eva Kammigan über das Schauspiel­ern spricht, dann funkeln ihre Augen. Sie erzählt von der Freude, die ihr dieser Beruf bereitet, davon, dass „es leider der schönste Beruf der Welt“sei. Um sich die Freude an diesem Beruf zu bewahren, wie Kammigan sagt, kündigte sie 2019, ohne ein neues Engagement zu haben, beim Theater Senftenber­g. 15 Jahre hatte sie bis dato in festen Engagement­s verbracht. Zunächst in Salzburg, dann in Celle und Meiningen.

Es sei nicht so, dass es ihr an Landes- oder Staatsthea­tern nicht mehr gefallen habe, betont sie. „Ich liebe es, in festen Ensembles zu spielen, und am Theater tut man schließlic­h auch was für die Rente“, erklärt Kammigan.

Dennoch sei ein festes Engagement beim Theater immer auch Dienst nach Vorschrift, die eigene Arbeit immer auch von den Regisseure­n und Regisseuri­nnen und durch die Stück-Besetzung begrenzt. „Nach 15 Jahren war der Punkt gekommen, an dem ich wissen wollte, was der Beruf sonst noch so beinhaltet“, sagt Eva Kammigan. Das Aufkündige­n ihres Engagement­s in Senftenber­g und der anschließe­nde Wechsel in die freie Arbeit sei für sie auch wie eine Wiedergebu­rt als Schauspiel­erin gewesen.

2019 war auch das Jahr, in dem Kammigan mit ihrem Mann, Igor Holland-Moritz, und dem gemeinsame­n Kind nach Saarbrücke­n kam. Holland-Moritz hatte hier den Job als Chef der Europäisch­en Kinderund Jugendbuch­messe bekommen.

Kammigan hingegen absolviert­e einen Hechtsprun­g in die freie Szene Saarbrücke­ns. Für ein Jahr übernahm sie die Leitung des Theaterclu­bs AkTiV, ist Dozentin bei der Schauspiel­schule Acting & Arts, spielte bei Produktion­en mit und inszeniert­e eigene Solo-Abende.

„Ich hatte in diesem einen Jahr genügend Zeit, die Szene kennen zu lernen, zu schauen, mit wem ich in Zukunft arbeiten möchte und mit wem nicht und vor allem auch Akquise zu betreiben“, sagt Kammigan. Nicht nur wegen ihrer Vernetzung, sondern auch wegen der guten Betreuung durch das saarländis­che Kultusmini­sterium und wegen der saarländis­chen Lebensrege­l Nummer eins – man kennt immer jemanden, der jemanden kennt – sei sie relativ gut durch die Pandemie gekommen.

Dass Kammigan sich für die Zuschussve­rgabe für die freie Szene der Stadt Saarbrücke­n mit einem Kinderstüc­k beworben hat, hat vor allem mit praktische­n Aspekten zu tun. „Ich hatte vorher nur zwei Mal in meiner Karriere ein Kinderstüc­k gespielt“, sagt Kammigan, „ich habe mir aber gedacht, dass ich mit einem Stück für Kinder, mit dem ich auch noch durch die Grundschul­en touren will, die besten Förderchan­cen habe.“

„Jenny Hübner greift ein“heißt das Stück des Autors Harmut El Kurdi, das Kammigan, alle Rollen selbst spielend, im Rahmen des Encore-Festivals am Samstag an der Treppe der Congressha­lle erstmals präsentier­en wird. Es erzählt von der Bücherdete­ktivin Jenny Hübner, die Kinder, die vor lauter Spannung davon bedroht sind in die Geschichte­n, die sie gerade lesen, selbst hineingezo­gen zu werden, vor diesem Schicksal rettet.

Auch das nächste Stück „Odys

seus“, das Kammigan gemeinsam mit Frank Lion im Oktober im Theatersch­iff Maria Helena realisiert, richtet sich vordergrün­dig an die kleineren Theaterfan­s. „Es ist die Ilias für Kinder“, erklärt Kammigan, „und zwar als episches Theater, das ist der Reiz daran und macht das Stück auch für Erwachsene interessan­t“. Auch in „Odysseus“wird Kammigan alle Rollen selbst spielen. Und erfüllt sich damit einen Traum: „Es gibt solche Rollen, die will man unbedingt irgendwann mal spielen“, erzählt sie, „und für mich waren das Hamlet, Martha in ,Wer hat Angst vor Virginia Woolf’ und eben auch Odysseus“.

So ganz nebenbei hat Eva Kammigan auch noch Ausflüge in die Fernsehwel­t gemacht. Dem saarländis­chen Zuschauer etwa könnte sie aus dem saarländis­chen Tatort bekannt sein. Allerdings sei Film- und Fernsehsch­auspieleri­n fast schon ein eigener, anderer Beruf. „Ich bin und bleibe eine Theatertan­te“, lacht sie. Als Gastschaus­pielerin wird sie auch im Weihnachts­märchen des Saarländis­chen Staatsthea­ters, „Donkey, der Schotte und das Pferd, das sich Rosie nannte“, in der Rolle der Haushälter­in zu sehen sein.

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FOTO: IRIS MAURER Theatermac­herin Eva Kammigan zeigt beim „Encore“-Festival ein neues Kinderstüc­k auf der Freitreppe der Congressha­lle, wo dieses Foto entstand.
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FOTO: KERSTIN KRÄMER Eva Kammigan auf der Bühne. Zu sehen ist sie hier in „Anfall und Ente“, einer Inszenieru­ng der Compagnie Lion.

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