Mit einem Hechtsprung in die freie Szene
Man kennt sie aus dem saarländischen „Tatort“– doch lieber spielt Eva Kammigan für Kinder. Am Samstag zeigt sie das Solo „ Jenny Hübner greift ein“an der Congresshalle. Worum geht’s dabei?
SAARBRÜCKENWenn Eva Kammigan über das Schauspielern spricht, dann funkeln ihre Augen. Sie erzählt von der Freude, die ihr dieser Beruf bereitet, davon, dass „es leider der schönste Beruf der Welt“sei. Um sich die Freude an diesem Beruf zu bewahren, wie Kammigan sagt, kündigte sie 2019, ohne ein neues Engagement zu haben, beim Theater Senftenberg. 15 Jahre hatte sie bis dato in festen Engagements verbracht. Zunächst in Salzburg, dann in Celle und Meiningen.
Es sei nicht so, dass es ihr an Landes- oder Staatstheatern nicht mehr gefallen habe, betont sie. „Ich liebe es, in festen Ensembles zu spielen, und am Theater tut man schließlich auch was für die Rente“, erklärt Kammigan.
Dennoch sei ein festes Engagement beim Theater immer auch Dienst nach Vorschrift, die eigene Arbeit immer auch von den Regisseuren und Regisseurinnen und durch die Stück-Besetzung begrenzt. „Nach 15 Jahren war der Punkt gekommen, an dem ich wissen wollte, was der Beruf sonst noch so beinhaltet“, sagt Eva Kammigan. Das Aufkündigen ihres Engagements in Senftenberg und der anschließende Wechsel in die freie Arbeit sei für sie auch wie eine Wiedergeburt als Schauspielerin gewesen.
2019 war auch das Jahr, in dem Kammigan mit ihrem Mann, Igor Holland-Moritz, und dem gemeinsamen Kind nach Saarbrücken kam. Holland-Moritz hatte hier den Job als Chef der Europäischen Kinderund Jugendbuchmesse bekommen.
Kammigan hingegen absolvierte einen Hechtsprung in die freie Szene Saarbrückens. Für ein Jahr übernahm sie die Leitung des Theaterclubs AkTiV, ist Dozentin bei der Schauspielschule Acting & Arts, spielte bei Produktionen mit und inszenierte eigene Solo-Abende.
„Ich hatte in diesem einen Jahr genügend Zeit, die Szene kennen zu lernen, zu schauen, mit wem ich in Zukunft arbeiten möchte und mit wem nicht und vor allem auch Akquise zu betreiben“, sagt Kammigan. Nicht nur wegen ihrer Vernetzung, sondern auch wegen der guten Betreuung durch das saarländische Kultusministerium und wegen der saarländischen Lebensregel Nummer eins – man kennt immer jemanden, der jemanden kennt – sei sie relativ gut durch die Pandemie gekommen.
Dass Kammigan sich für die Zuschussvergabe für die freie Szene der Stadt Saarbrücken mit einem Kinderstück beworben hat, hat vor allem mit praktischen Aspekten zu tun. „Ich hatte vorher nur zwei Mal in meiner Karriere ein Kinderstück gespielt“, sagt Kammigan, „ich habe mir aber gedacht, dass ich mit einem Stück für Kinder, mit dem ich auch noch durch die Grundschulen touren will, die besten Förderchancen habe.“
„Jenny Hübner greift ein“heißt das Stück des Autors Harmut El Kurdi, das Kammigan, alle Rollen selbst spielend, im Rahmen des Encore-Festivals am Samstag an der Treppe der Congresshalle erstmals präsentieren wird. Es erzählt von der Bücherdetektivin Jenny Hübner, die Kinder, die vor lauter Spannung davon bedroht sind in die Geschichten, die sie gerade lesen, selbst hineingezogen zu werden, vor diesem Schicksal rettet.
Auch das nächste Stück „Odys
seus“, das Kammigan gemeinsam mit Frank Lion im Oktober im Theaterschiff Maria Helena realisiert, richtet sich vordergründig an die kleineren Theaterfans. „Es ist die Ilias für Kinder“, erklärt Kammigan, „und zwar als episches Theater, das ist der Reiz daran und macht das Stück auch für Erwachsene interessant“. Auch in „Odysseus“wird Kammigan alle Rollen selbst spielen. Und erfüllt sich damit einen Traum: „Es gibt solche Rollen, die will man unbedingt irgendwann mal spielen“, erzählt sie, „und für mich waren das Hamlet, Martha in ,Wer hat Angst vor Virginia Woolf’ und eben auch Odysseus“.
So ganz nebenbei hat Eva Kammigan auch noch Ausflüge in die Fernsehwelt gemacht. Dem saarländischen Zuschauer etwa könnte sie aus dem saarländischen Tatort bekannt sein. Allerdings sei Film- und Fernsehschauspielerin fast schon ein eigener, anderer Beruf. „Ich bin und bleibe eine Theatertante“, lacht sie. Als Gastschauspielerin wird sie auch im Weihnachtsmärchen des Saarländischen Staatstheaters, „Donkey, der Schotte und das Pferd, das sich Rosie nannte“, in der Rolle der Haushälterin zu sehen sein.