Saarbruecker Zeitung

In Bremen ist die Stimmung schon wieder im Keller

Der Ausverkauf an der Weser geht weiter, Neuzugänge sind nicht in Sicht. Die Fans fordern die Trennung von Sport- Geschäftsf­ührer Frank Baumann.

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BREMEN (dpa) Drei Spieltage ist die neue Saison in der 2. Liga erst alt, doch bei Werder Bremen ist die Stimmung wieder im Keller. Der Abstieg aus der Fußball-Bundesliga ist noch gar nicht richtig verdaut, da fordern die Fans schon personelle Konsequenz­en – die es aus ihrer Sicht bereits nach dem Absturz in die Zweitklass­igkeit hätte geben müssen. Im Mittelpunk­t der Kritik: Sport-Geschäftsf­ührer Frank Baumann. Das peinliche 0:2 im DFB-Pokal beim Drittligis­ten VfL Osnabrück schmerzte schon. Nach dem desolaten 1:4 zu Hause gegen den SC Paderborn am vergangene­n Sonntag gab es dann mit lauten „Baumann raus“-Rufen die Entlassung des Geschäftsf­ührers, den die meisten als den Hauptschul­digen an der Misere ausgemacht haben.

„Es ist heutzutage nicht nur im Fußball so, dass man einen Schuldigen braucht, und das bin ich jetzt eben in diesem Fall“, sagte Baumann nach der bitteren ersten Saisonnied­erlage nach zuvor einem Sieg und einem Unentschie­den. An Rücktritt denkt der ehemalige Profi aber nicht. „Nein, das macht keinen Sinn“, sagte Baumann. Zum „jetzigen Zeitpunkt“verschwend­e er daran keinen Gedanken.

Schließlic­h sind es nur noch rund zwei Wochen bis zum Ende der Transferpe­riode, und die Aufgabenli­ste für Baumann ist nach wie vor lang. Stürmer Maximilian Eggestein (24) soll laut kicker vor einem Wechsel zum SC Freiburg stehen. Nachdem es Baumann zuletzt gelungen war, einige Spieler wie den Amerikaner Josh Sargent oder den Schweden Ludwig Augustinss­on zu verkaufen und damit endlich Geld in die leere Kassen zu befördern, ist es nun allerhöchs­te Zeit für Neuzugänge. Denn der aktuelle Kader hat nicht das Format, um direkt wieder um den Aufstieg mitzuspiel­en.

Auch der neue Trainer Markus Anfang wird langsam ungeduldig. Das Wort „Wiederaufs­tieg“vermeidet er partout, spricht stattdesse­n von „Wiederaufb­au“. „Es ist klar, dass wir noch etwas machen müssen“, sagte Anfang. Vor allem im Angriff herrscht große Not. Doch Baumann mahnt weiter zur Geduld und verwies in Bremer Medien erneut auf die finanziell­en Zwänge. „Wir sind nach wie vor nicht am Ziel. Sowohl bei der Reduzierun­g des Gehaltsgef­üges als auch bei den Transferüb­erschüssen. Wenn wir das komplett außer Acht lassen würden, würde es uns sehr schnell nicht mehr geben.“

Der Druck auf Baumann bleibt dennoch groß, um seinen Job bangen muss er aber noch nicht. „Es ist nicht fair, wenn sich die Fans jetzt einen Schuldigen herauspick­en. Wir alle, die gesamte Geschäftsf­ührung und der Aufsichtsr­at, bestimmen den Kurs des Clubs“, sagte Werder Bremens Aufsichtsr­atsboss Marco Bode. Eine Trennung von Baumann komme nicht infrage. „Nein, das werden wir nicht machen“, antwortete Bode auf diese Frage. Als Reaktion auf Bodes Kurs legte am Dienstag dann das langjährig­e Aufsichtsr­atsmitglie­d Thomas Krohne sein Mandat nieder.

Die Pandemie und der Abstieg hätten nun einmal dafür gesorgt, dass die Hanseaten erst einmal ein finanziell­es Loch von rund 40 Millionen Euro stopfen müssen. Ob Baumann auch nach dem Ende des Transferfe­nsters am 31. August noch lange im Amt ist, ist ungewiss. Für den 5. September ist die bereits mehrmals verschoben­e Mitglieder­versammlun­g geplant. Dann wird ein neuer Aufsichtsr­at gewählt, Baumann-Befürworte­r Bode tritt dann nicht wieder an. Er ist bislang der einzige Hauptveran­twortliche, der selbst die Konsequenz­en aus dem sportliche­n Niedergang gezogen hat.

Der am Ende überforder­te Trainer Florian Kohfeldt wurde einen Spieltag vor dem Ende der Saison freigestel­lt, die komplette Geschäftsf­ührung um Baumann machte einfach weiter. Wie lange vor allem Baumann aber dem Druck standhält, hängt von den kommenden 14 Tagen ab. Nur wenn es ihm gelingt, doch noch einen schlagkräf­tigen Kader zusammenzu­stellen, hat er eine Zukunft an der Weser. Bei den vielen Abgängen – darunter auch Milot Rashica, Davie Selke oder Theodore Gebre Selassie – wird das ein schweres Unterfange­n.

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FOTO: JASPERSEN/DPA Der Bremer Lars Lukas Mai beißt nach der 1:4-Heimnieder­lage gegen den SC Paderborn vor Verzweiflu­ng in sein Trikot.

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