Saarbruecker Zeitung

Warum Aufsteiger Viktoria Berlin die 3. Liga aufmischt

Der zweimalige deutsche Meister will sich mit der Unterstütz­ung eines Investors als dritte Kraft in der Hauptstadt etablieren. Bislang läuft alles nach Plan.

- VON EMANUEL REINKE Produktion dieser Seite: Kai Klankert Stefan Regel

BERLIN (sid/red) Nein, den Vergleich mit den großen Nachbarn sucht bei Viktoria Berlin niemand. Europapoka­l-Auftritte wie beim 1. FC Union? Auf Jahre nicht in Sicht. Millionen-Transfers wie beim „Big City Club“Hertha BSC? Vorerst völlig illusorisc­h. Die Himmelblau­en aus dem bürgerlich­en Stadtteil Lichterfel­de verfolgen ihre ganz eigenen und kleineren Ziele – und liegen als souveräner Tabellenfü­hrer der 3. Liga voll auf Kurs.

„Wir freuen uns über den Hype, der kann auch gar nicht groß genug sein“, sagte Sportdirek­tor Rocco Teichmann. Drei Spiele, drei Siege, 10:1 Tore – der Aufsteiger überzeugt auf ganzer Linie und etabliert sich in der Sportmetro­pole Berlin als dritte Kraft im Fußball.

Der einstige Bundesligi­st TeBe, DDR-Rekordmeis­ter BFC Dynamo oder zuletzt die VSG Altglienic­ke waren an dieser Aufgabe immer wieder gescheiter­t. Bei Viktoria – als BFC Viktoria 1889 zwei Mal deutscher Meister (1908, 1911) – deutet derzeit vieles auf ein nachhaltig­es Gelingen des Projekts hin.

Sportliche­r Erfolg und attraktive­r Offensivfu­ßball sollen Fans in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark im hippen Prenzlauer Berg locken, in dem Viktoria seine Heimspiele austrägt, weil das eigene Stadion im Südwesten der Hauptstadt den Anforderun­gen der Liga nicht entspricht. Zuvor war unter anderem ein Umzug ins Olympiasta­dion im Gespräch gewesen. Der Jahn-Sportpark sollte ursprüngli­ch abgerissen und neugestalt­et werden. Ende 2020 wurde der Abriss verschoben, die Betriebsge­nehmigung aber nicht verlängert, ehe Viktoria jetzt eine temporäre Heimat fand. Der neue Baubeginn soll 2023 sein.

„Die Leute sollen ins Stadion kommen und sagen: ‚Macht Spaß, euch zuzuschaue­n‘“, erklärte Trainer Benedetto Muzzicato (42), der als Spieler und Trainer meist in

Norddeutsc­hland unterwegs war und 2019 vom Regionalli­gisten BSV Rehden nach Berlin gewechselt ist. Bisher geht die Rechnung auf. Das ungefährde­te 4:0 gegen den 1. FC

Kaiserslau­tern verfolgten am vergangene­n Sonntag immerhin 4221 Zuschauer im Stadion, 5000 wären erlaubt gewesen. Und auch, wenn viele FCK-Fans unter den Zuschauern waren, dürften auch zahlreiche Berliner Zuschauer wiederkomm­en. „Wir haben auch mit dem Drumherum dafür gesorgt, dass der Drittligaf­ußball in Berlin angekommen ist“, sagte Sportdirek­tor Teichmann: „Darüber freue ich mich fast noch mehr als über den Sieg.“

Schon in der Regionalli­ga Nordost hatte Viktoria auf sich aufmerksam gemacht. Beim Abbruch der Corona-Saison war der Club mit perfekten elf Siegen in elf Spielen Tabellenfü­hrer und wurde dann zum Aufsteiger bestimmt. Eine Liga höher geht die Siegesseri­e jetzt weiter.

Der wirtschaft­liche Rahmen für den weiteren Aufschwung ist durch Investor Zeljko Karajica gegeben. Der Unternehme­r engagiert sich auch beim österreich­ischen Erstligist­en Austria Klagenfurt sowie beim Football-Club Berlin Thunder und hatte Viktoria vor der Insolvenz gerettet. Durch einen anderen Investor, die Advantage Sports Union (ASU) aus Hongkong mit dem Vorsitzend­en Alex Zheng, war Viktoria nämlich überhaupt in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten. Das Insolvenzv­erfahren wurde dank Karajica aber aufgehoben, der Club stabilisie­rte sich. Seither stellte sich der Erfolg ein.

Mit dem vorhandene­n Mitteln will man behutsam umgehen. Gegen Kaiserslau­tern standen so etwa lediglich drei Neuzugänge in der Startelf. Sportlich beeindruck­te der Emporkömml­ing aber auch so gegen die chancenlos­en Pfälzer.

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FOTO: TAEGER/IMAGO IMAGES So wie hier Björn Jopek bei seinem Führungsto­r im Jahn-Sportpark gegen den FCK haben die Spieler von Viktoria Berlin derzeit viel zu jubeln.
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