Saar-Regierungschef schließt neuen Lockdown im Saarland aus
Auch bei hohen Corona-Zahlen soll es im Herbst keine Schließungen mehr geben. Ein 2G-Modell will Hans aber nicht gänzlich ausschließen.
SAARBRÜCKEN Selbst wenn im Winter die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder deutlich steigen sollte, wird das Saarland das öffentliche Leben nicht mehr drastisch einschränken. Dieses Versprechen hat Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) am Donnerstag gegeben. „Einen Lockdown wird es nicht mehr geben, das ist für mich unumstößlich“, sagte Hans. Man habe den Menschen in der Pandemie von Beginn an die
Rückkehr zur Normalität versprochen, sobald ein Impfstoff da sei. Deshalb dürften die Menschen nun „auf gar keinen Fall“ein weiteres Mal eingeschränkt werden.
Flächendeckende Schließungen wären auch nicht verhältnismäßig, sagte Hans. „Wir müssen dann eben versuchen, mit 3G-Modellen und – wenn es hart auf hart kommt – mit 2G-Modellen die Normalität zu sichern, soweit es irgendwie geht.“Grundsätzlich sei das 3G-Modell, das geimpften, genesenen und negativ getesteten Personen etwa Zutritt zur Gastronomie oder zu Veranstaltungen gestattet, das richtige. Er glaube aber nicht, dass man in der Gastronomie 2G verhindern könne, sagte Hans. Das würde bedeuten: Wirte könnten selbst entscheiden, ob sie Ungeimpften den Zutritt verweigern und dafür im Gegenzug auf Corona-Einschränkungen weitgehend verzichten.
Auf jeden Fall müsse es dann aber Ausnahmen für Menschen geben, die sich nicht impfen lassen können – etwa Kinder und Jugendliche unter zwölf Jahren oder Schwangere. „Ich möchte keine Gesellschaft, in der schwangere Menschen oder Familien mit Kindern nicht mehr ins Restaurant gehen können. Das kann nicht sein“, sagte Hans.
SAARBRÜCKEN Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat am Donnerstag in der Staatskanzlei eine Bilanz der bisherigen Corona-Politik im Saarland gezogen. „Wir haben die Pandemie weitaus besser unter Kontrolle, als es vor einem Jahr zu erwarten gewesen wäre“, sagte er. Das Saarland habe gemessen an der Bevölkerungszahl weniger Todesfälle und weniger Infektionen zu verzeichnen gehabt als im Bundesschnitt – trotz der hohen Bevölkerungsdichte und der Nähe zu Lothringen und Luxemburg mit zeitweise hohen Inzidenzen. Das Saarland-Modell mit seinen Anreizen, sich testen zu lassen, sei aufgegangen. Hans äußerte sich zu weiteren Aspekten der Pandemie-Bekämpfung.
Impfquote: Laut Robert-Koch-Institut sind derzeit 34 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen, 72 Prozent der 18- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der über 60-Jährigen mindestens einmal geimpft. Damit liegt das Land in der Spitzengruppe der 16 Länder. Die Quote sei „gut, aber nicht gut genug, um die Pandemie langfristig unter Kontrolle zu halten“, sagte Hans. Wenn ab 1. Oktober die Tests kostenpflichtig werden, rechnet er mit einem weiteren Anstieg der Impfquote: „Wenn es um den Geldbeutel geht, reagieren die Menschen sensibel.“Das werde zwar keinen Impfskeptiker überzeugen, sich impfen zu lassen, aber doch diejenigen, die sich bisher noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht hätten.
Impfpflicht: Eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen, wie sie unter anderem der Homburger Humangenetiker Wolfram Henn, Mitglied im Deutschen Ethikrat, fordert, lehnt Hans entschieden ab. „Wenn wir heute eine Impfplicht verhängen, wird das dazu führen, dass wir gerade in absoluten Mangelberufen wie der Pflege Aussteiger haben.“Wenn nach dem Ende der Pandemie dann in der Pflege immer noch Personalmangel herrsche, müsste man sich dafür verantworten, „dass wir Leute aus der Pflege in andere Berufe gedrängt haben“. Hans: „Ich kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht verantworten.“
Verkehr: Hans wiederholte, dass er eine 3G-Regel in Fernzügen der Bahn und bei Kurzstreckenflügen nicht nur für erforderlich hält, sondern auch für technisch machbar. „Es kann mir keiner erklären, dass das nicht möglich sein soll.“
Arbeitgeber: Sollen Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber sagen müssen, ob sie geimpft sind? Die Gewerkschaften warnen davor, die Arbeitgeber wüssten es aber gerne, um ihre Schutzmaßnahmen gegebenenfalls anzupassen. Dafür bekommen sie nun Unterstützung vom Ministerpräsidenten. Es mache für die Hygiene-Maßnahmen der Arbeitgeber schon einen Unterschied, ob 100 Prozent oder 60 Prozent ihrer Beschäftigten geimpft seien. „Arbeitgebende sollten schon die Möglichkeit haben, den Impfstatus zu erfragen, wenn sichergestellt ist, dass es nicht zu Nachteilen und personalisierten Rückschlüssen führt“, sagte Hans. Niemand in der Belegschaft werde erfahren, wer nicht geimpft sei; aber man erfahre, wie viel Prozent geimpft seien.
Neue Kennzahlen: Die Inzidenz als alleiniger Maßstab für Corona-Einschränkungen hat ausgedient. Nun soll vor allem die Zahl der stationären Covid-Patienten den Ausschlag geben. Einen genauen Indikator dafür gibt es im Saarland noch nicht. Hans sagt, das bayerische System einer Krankenhaus-Ampel, die die Covid-bedingten Krankenhauseinweisungen der letzten sieben Tage und die aktuelle Zahl der Covid-Intensivpatienten berücksichtigt, sei „nicht uninteressant“, das werde man sich nun anschauen. Allerdings warnte er vor einer starren Regelung, weil die Bettenbelegung zum Beispiel im Winter während der Grippesaison anders zu bewerten sei als im Sommer.
Maskenpflicht: Sie wird es nach Ansicht von Tobias Hans noch auf längere Zeit geben – auch für geimpfte Personen. Denn auch sie könnten infektiös sein und andere Personen anstecken. Die Maskenpflicht wird nach Hans‘ Ansicht benötigt, um Menschen zu schützen, die sich nicht impfen lassen können, etwa schwangere Frauen und Kinder. „Die Maskenpflicht ist die geringste Einschränkung, die wir haben“, sagte er.
„Wenn wir heute eine Impfplicht verhängen, wird das dazu führen, dass wir gerade in absoluten Mangelberufen wie der Pflege Aussteiger haben.“Tobias Hans saarländischer Ministerpräsident