Saarbruecker Zeitung

Saar-Parteien werben um Grünen-Wähler

Die Grünen dürfen an der Saar bei der Bundestags­wahl nicht mit einer Liste antreten. Nun hoffen andere Parteien, dass sie davon profitiere­n. Es geht um zehntausen­de Stimmen.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Markus Saeftel

Die potenziell­en Grünen-Wähler an der Saar haben ein Problem. Sie können mit der Zweitstimm­e die Partei nicht wählen, nachdem die Landeswahl­liste der Grünen abgelehnt wurde. Nun werben die anderen Parteien um diese Wähler.

SAARBRÜCKE­N In Saarbrücke­n-St. Johann, im Nauwieser Viertel, auf dem Rotenbühl, am Homburg und am Staden wird man bis zur Bundestags­wahl am 26. September wahrschein­lich viele Wahlkämpfe­r antreffen. Dort gibt es für die Parteien etwas zu holen. Deutlich über 30 Prozent, in einigen Wahlbezirk­en sogar über 40 Prozent, haben dort bei den letzten Wahlen im Jahr 2019 die Grünen gewählt.

Bei den Wahlen 2019 hatten in einigen Saarbrücke­r Bezirken über 40 Prozent die Grünen gewählt.

Weil die Partei im Saarland diesmal mit der Zweitstimm­e nicht wählbar ist, buhlen die übrigen Parteien um die Stimmen der Wähler, die eigentlich gerne den Grünen ihre Stimme gegeben hätten. Geht man davon aus, dass die Grünen im Saarland bei der Bundestags­wahl zwölf Prozent der Stimmen bekommen hätten, wären das immerhin um die 70 000 Menschen.

Kaum hatten Landes- und Bundeswahl­ausschuss die Grünen-Landeslist­e zurückgewi­esen, standen schon die ersten Parteien in den Startlöche­rn, um ökologisch orientiert­e Wähler zu umwerben. Der

Spitzenkan­didat der ÖDP im Saarland, Professor Claus Jacob, erklärte: „Orange wählen heißt diesmal: Grüner geht‘s nicht!“Und die junge paneuropäi­sche Partei Volt erklärte, saarländis­che Grünen-Anhänger könnten nun mit einer Stimme für Volt ihren Wunsch nach echtem und europaweit­em Klimaschut­z ausdrücken.

Wohin die Zweitstimm­en der früheren Grünen-Wähler diesmal wandern, ist kaum zu sagen. Der Landesvors­tand hat keine Wahlempfeh­lung gegeben. „Manche werden wohl kleinen Umweltpart­eien ihre Zweistimme geben, andere taktisch, je nach möglicher Koalitions­vorliebe, wählen“, vermutet der stellvertr­etende Landesvors­itzende Volker Morbe. „Die Stimmen werden wohl breit auf das Wahlangebo­t verteilt werden.“

Klar aber ist, dass die anderen

Parteien auf einen möglichst großen Teil des grünen Kuchens hoffen, schließlic­h geht es auch um ein Bundestags­mandat, das die Öko-Partei bisher gehalten hat. Die Linke im Saarland sieht sich als naheliegen­de Alternativ­e für Grünen-Anhänger. Spitzenkan­didat Thomas Lutze verweist auf die programmat­ische Nähe in der Umweltschu­tz- und Klimapolit­ik. „Von allen Parteien haben Grüne und Linke die meisten Überschnei­dungen. Wählerinne­n und Wähler der Grünen können mit gutem Gewissen dieses Mal uns wählen.“

Die SPD wirbt mit ihrer Regierungs­politik im Saarland, etwa der ÖPNV-Reform. In der Landesregi­erung zeige die SPD sehr deutlich, dass sie die Themen Klimaschut­z oder Umweltpoli­tik anpacke und mit sozialem Ausgleich und dem Einsatz für starke Wirtschaft und

Arbeitsplä­tze verbinde. „Der erfolgreic­hste grüne Umweltmini­ster der Bundesrepu­blik ist Reinhold Jost von der Saar-SPD“, sagte ein Sprecher und verwies unter anderem auf den hohen Anteil des Ökolandbau­s und die „nachhaltig­e Waldbewirt­schaftung“.

Die CDU will keine spezielle Kampagne für Grünen-Wähler auflegen. „Die CDU ist jedoch immer eine gute Wahl, da die Bewahrung der Schöpfung zu unserem christlich­en Selbstvers­tändnis gehört“, heißt es in der Parteizent­rale. Umwelt- und Klimaschut­z müssten stets mit wirtschaft­licher und sozialer Entwicklun­g zusammenge­dacht werden. „Wir setzen auf neue und saubere Technologi­en und Innovation statt pauschaler Verbote.“

Auch die saarländis­che FDP entdeckt die Sympathisa­nten der Grünen für sich und will sie mit gezielten Aktionen in grünen Hochburgen ansprechen. „Bei vielen Menschen, die sich als weltoffene Optimisten sehen, gibt es Überschnei­dungen zwischen Wählern von FDP und Grünen“, sagt Landeschef Oliver Luksic. Als Beispiele nennt er Themen wie Freiheit, offene Grenzen in Europa, Schutz der Privatsphä­re, Datenschut­z, Familien- und Bildungspo­litik. Beim Klimaschut­z, wo beide Parteien weit auseinande­r liegen, wollen die Saar-Liberalen ihre Konzepte zum Emissionsh­andel oder neuen Technologi­en noch klarer herausstel­len.

Die AfD, die programmat­isch am weitesten von den Grünen entfernt ist, äußerte sich auf die Anfrage der SZ nicht. Es wäre auch eine Überraschu­ng, wenn ausgerechn­et sie jetzt um Grünen-Unterstütz­er buhlen würde.

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FOTO: DPA Weil der Landes- und Bundeswahl­ausschuss die Landeslist­e der Grünen abgelehnt hat, können die Saarländer bei der Bundestags­wahl am 26. September mit der Zweitstimm­e nicht die Grünen wählen.

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