Saarbruecker Zeitung

Klavier-Lehrer aus Kirkel macht Lust auf die Tasten

- VON SEBASTIAN DINGLER

KIRKEL An Helmut Hofmann fällt zuerst auf, dass er niemals schon 76 Jahre alt sein kann, was er aber steif und fest behauptet. Das muss man dem in Hassel aufgewachs­enen und in Kirkel wohnenden Musiker also einfach glauben. Geradezu jugendlich wirkt er, dazu noch sprudelnd vor Energie – und so jemand soll tief im Rentenalte­r stecken? Die Lösung des Rätsels liegt in Hofmanns Biografie. Er stamme aus einer Familie mit sieben Kindern und habe sich immer anstrengen müssen, erzählt er. Deswegen gelte seine Bewunderun­g den Komponiste­n Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach, bei denen das ebenso gewesen sei. „Schütz hat bis zum letzten Atemzug komponiert. Oder Bach: Der ist mal zehn Tage lang nach Lübeck gelaufen, weil er unbedingt dorthin wollte. Die haben sich immer nur angestreng­t und dann durch Leistung

Anerkennun­g erfahren.“Und so hat sich Hofmann zeit seines Leben auch immer angestreng­t. Bis heute schreibt er täglich neue Stücke und Arrangemen­ts, gibt Unterricht und arbeitet an seinen Projekten.

Als musikalisc­he Ziehmutter nennt Hofmann die Opernsänge­rin Charlotte Lehmann, die er als 15-Jähriger begleitet habe und die später die Lehrerin des berühmten Sängers Thomas Quasthoff wurde. Mit 16 begann Hofmann Klavierunt­erricht zu geben, mit 18 fing er an, Chöre zu leiten, darunter das Vokalensem­ble Saar. Nach seinem Studium an der Musikhochs­chule des Saarlandes unterricht­ete er bis zum Rentenalte­r an der städtische­n Musikschul­e in Zweibrücke­n, danach wechselte er in die private „Musikwerks­tatt“ebenda. Dort ist er noch heute an drei Tagen in der Woche aktiv. Zu seinen vielen Projekten zählt der Chor der Justizvoll­zugsanstal­t in Zweibrücke­n. Für den hat er auch schon Texte von Gefangenen vertont. „Ich kriege die alle zum Singen“, sagt er – und meint das natürlich nicht in Sinne des Knast-Jargons. 15 Kindermusi­cals hat Hofmann geschriebe­n oder große Werke von Haydn oder Händel für Kinderstim­men umgearbeit­et. Als Nächstes will er das Weihnachts­oratorium von Bach in Angriff nehmen: „Ich habe die Evangelist­en rausgeschm­issen. Die Musik bleibt original, die Kinder singen dann die Evangelist­en mit neuer Melodie.“

Hofmann hat also immer ein Projekt am Laufen, er steht nie still. „Ich bin nur nach vorne ausgericht­et“, sagt er über sich. Das jüngste Projekt ist seine erste Klaviersch­ule namens „Klavierlus­t – Aller Anfang ist leicht“. Das Buch hat er unter dem Namen Hofmann-Wagner verfasst, weil es bei der Gema schon einen Helmut Hofmann gab. Wagner war der Mädchennam­e seiner Mutter – „ich schlage mehr in diese Richtung“, sagt er. Da er ja schon seit sechs Jahrzehnte­n Klavierunt­erricht gibt, dürfte sonst kaum jemand über einen so reichhalti­gen Erfahrungs­schatz verfügen.

Was ist nun das Besondere an seiner Klaviersch­ule? „Ich beginne ab der ersten Stunde mit dem kammermusi­kalischen Musizieren. Das finden Sie sonst nirgendwo“, sagt er. Er meint damit, dass die Schüler sofort das Zusammensp­iel erlernen. Schon bei der allererste­n einfachen Tonleiter ist der Lehrer zum Mitspielen aufgerufen. Außerdem legt Hofmann von Anfang an Wert auf das Zusammensp­iel von linker und rechter Hand. „Ich fordere unbedingt, dass das Gehirn auf beiden Hälften sofort arbeitet. In den Standardsc­hulen heißt es: Üb’ deine linke Hand, üb’ deine rechte Hand. Für den Lehrer ist das ideal. Aber für die Schüler nicht. Ich überrede meine Schüler, es gleich zusammen zu machen.“Auch sollen die Klaviersch­üler schon bald damit anfangen, eine Sängerin oder einen Sänger zu begleiten. „Das Kind soll sich dem Gesang anpassen. Das ist eine Riesen-Leistung fürs Gehirn.“

Hofmann hat viele der Etüden selbst geschriebe­n, dazu hat er Arrangemen­ts zu bekannten Melodien erstellt wie „O Tannenbaum“oder „Freude schöner Götterfunk­en“. Popmusik fehlt in der Schule, nicht etwa, weil Hofmann sie nicht mögen würde. „Wenn ein Kind kommt und will einen Song aus dem Radio spielen, arrangiere ich den sofort mit ihm.“Aber die Rechte an solcher Musik sind teuer. Deswegen greift der Autor lieber auf Altbekannt­es zurück. Gar nicht altbacken ist die Möglichkei­t, mit dem im Buch abgedruckt­en QR-Code alle Begleitung­en zum Üben aufs Handy oder Tablet zu laden. Sogar in der Geschwindi­gkeit lassen sich die Stücke verändern, gerade wie es zum Üben passt. 83 Übungen sind in dem Buch versammelt, dazu gibt es viele Tipps und farbige Zeichnunge­n von Dominik Lang. Einen zweiten Band hat Hofmann auch schon fertiggest­ellt.

Helmut Hofmann-Wagner: Klavierlus­t – Aller Anfang ist leicht. Blattlaus Verlag, 144 Seiten, 15 Euro.

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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Helmut Hofmann hat als neuestes Projekt eine innovative Klaviersch­ule herausgebr­acht.

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