Klavier-Lehrer aus Kirkel macht Lust auf die Tasten
KIRKEL An Helmut Hofmann fällt zuerst auf, dass er niemals schon 76 Jahre alt sein kann, was er aber steif und fest behauptet. Das muss man dem in Hassel aufgewachsenen und in Kirkel wohnenden Musiker also einfach glauben. Geradezu jugendlich wirkt er, dazu noch sprudelnd vor Energie – und so jemand soll tief im Rentenalter stecken? Die Lösung des Rätsels liegt in Hofmanns Biografie. Er stamme aus einer Familie mit sieben Kindern und habe sich immer anstrengen müssen, erzählt er. Deswegen gelte seine Bewunderung den Komponisten Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach, bei denen das ebenso gewesen sei. „Schütz hat bis zum letzten Atemzug komponiert. Oder Bach: Der ist mal zehn Tage lang nach Lübeck gelaufen, weil er unbedingt dorthin wollte. Die haben sich immer nur angestrengt und dann durch Leistung
Anerkennung erfahren.“Und so hat sich Hofmann zeit seines Leben auch immer angestrengt. Bis heute schreibt er täglich neue Stücke und Arrangements, gibt Unterricht und arbeitet an seinen Projekten.
Als musikalische Ziehmutter nennt Hofmann die Opernsängerin Charlotte Lehmann, die er als 15-Jähriger begleitet habe und die später die Lehrerin des berühmten Sängers Thomas Quasthoff wurde. Mit 16 begann Hofmann Klavierunterricht zu geben, mit 18 fing er an, Chöre zu leiten, darunter das Vokalensemble Saar. Nach seinem Studium an der Musikhochschule des Saarlandes unterrichtete er bis zum Rentenalter an der städtischen Musikschule in Zweibrücken, danach wechselte er in die private „Musikwerkstatt“ebenda. Dort ist er noch heute an drei Tagen in der Woche aktiv. Zu seinen vielen Projekten zählt der Chor der Justizvollzugsanstalt in Zweibrücken. Für den hat er auch schon Texte von Gefangenen vertont. „Ich kriege die alle zum Singen“, sagt er – und meint das natürlich nicht in Sinne des Knast-Jargons. 15 Kindermusicals hat Hofmann geschrieben oder große Werke von Haydn oder Händel für Kinderstimmen umgearbeitet. Als Nächstes will er das Weihnachtsoratorium von Bach in Angriff nehmen: „Ich habe die Evangelisten rausgeschmissen. Die Musik bleibt original, die Kinder singen dann die Evangelisten mit neuer Melodie.“
Hofmann hat also immer ein Projekt am Laufen, er steht nie still. „Ich bin nur nach vorne ausgerichtet“, sagt er über sich. Das jüngste Projekt ist seine erste Klavierschule namens „Klavierlust – Aller Anfang ist leicht“. Das Buch hat er unter dem Namen Hofmann-Wagner verfasst, weil es bei der Gema schon einen Helmut Hofmann gab. Wagner war der Mädchenname seiner Mutter – „ich schlage mehr in diese Richtung“, sagt er. Da er ja schon seit sechs Jahrzehnten Klavierunterricht gibt, dürfte sonst kaum jemand über einen so reichhaltigen Erfahrungsschatz verfügen.
Was ist nun das Besondere an seiner Klavierschule? „Ich beginne ab der ersten Stunde mit dem kammermusikalischen Musizieren. Das finden Sie sonst nirgendwo“, sagt er. Er meint damit, dass die Schüler sofort das Zusammenspiel erlernen. Schon bei der allerersten einfachen Tonleiter ist der Lehrer zum Mitspielen aufgerufen. Außerdem legt Hofmann von Anfang an Wert auf das Zusammenspiel von linker und rechter Hand. „Ich fordere unbedingt, dass das Gehirn auf beiden Hälften sofort arbeitet. In den Standardschulen heißt es: Üb’ deine linke Hand, üb’ deine rechte Hand. Für den Lehrer ist das ideal. Aber für die Schüler nicht. Ich überrede meine Schüler, es gleich zusammen zu machen.“Auch sollen die Klavierschüler schon bald damit anfangen, eine Sängerin oder einen Sänger zu begleiten. „Das Kind soll sich dem Gesang anpassen. Das ist eine Riesen-Leistung fürs Gehirn.“
Hofmann hat viele der Etüden selbst geschrieben, dazu hat er Arrangements zu bekannten Melodien erstellt wie „O Tannenbaum“oder „Freude schöner Götterfunken“. Popmusik fehlt in der Schule, nicht etwa, weil Hofmann sie nicht mögen würde. „Wenn ein Kind kommt und will einen Song aus dem Radio spielen, arrangiere ich den sofort mit ihm.“Aber die Rechte an solcher Musik sind teuer. Deswegen greift der Autor lieber auf Altbekanntes zurück. Gar nicht altbacken ist die Möglichkeit, mit dem im Buch abgedruckten QR-Code alle Begleitungen zum Üben aufs Handy oder Tablet zu laden. Sogar in der Geschwindigkeit lassen sich die Stücke verändern, gerade wie es zum Üben passt. 83 Übungen sind in dem Buch versammelt, dazu gibt es viele Tipps und farbige Zeichnungen von Dominik Lang. Einen zweiten Band hat Hofmann auch schon fertiggestellt.
Helmut Hofmann-Wagner: Klavierlust – Aller Anfang ist leicht. Blattlaus Verlag, 144 Seiten, 15 Euro.