Saarbruecker Zeitung

Impfen lassen im Namen des Volkes

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Der Herbst ist da. Der Winter kommt. Die Inzidenzza­hlen steigen wieder. Gesundheit­sminister Jens Spahn hat inzwischen gefordert, dass die „epidemisch­e Lage von nationaler Tragweite“Ende November auslaufen soll. Mit eingeschrä­nkten Grundrecht­en, die zugunsten des Gesundheit­sschutzes beschnitte­n sind, wäre es dann vorbei. Alles frei also? Alles wieder so wie früher? Wirklich? Menschen träumen schon vom „Freedom Day“, einem Tag alter Freiheit, wie etwa in Dänemark, wo die Regierung sämtliche Corona-Regeln inklusive Maskenpfli­cht gekippt hat – als gäbe es kein morgen, als gäbe es kein Corona. Doch soweit sollte es bei uns besser nicht kommen.

Denn diese Pandemie ist nicht besiegt. In EU-Ländern wie Rumänien mit sehr niedriger Impfquote grassiert das Virus wieder. Es reist mit – über die offenen Grenzen. Richtig, das Gesundheit­swesen in Deutschlan­d mit ausreichen­d Intensivbe­tten in Kliniken und Krankenhäu­sern, mit flächendec­kender Versorgung von Haus- und Fachärzten ist sehr gut aufgestell­t. Weltweit wird Deutschlan­d um sein Gesundheit­ssystem beneidet. Aber so lange sich das Virus in vielen Staaten teilweise weiter ungebremst ausweiten kann, ist auch Deutschlan­d nicht aus der Gefahrenzo­ne. Die Impfquote ist hierzuland­e mit derzeit rund 66 Prozent der Gesamtbevö­lkerung zufriedens­tellend, aber sie ist noch nicht ausreichen­d. Ein Drittel der Menschen in Deutschlan­d ist noch ohne Impfschutz, ein geringer Teil von ihnen, weil sie als Risikopati­enten nicht geimpft werden dürfen.

Auf den Intensivst­ationen deutscher Krankenhäu­ser liegen, sofern es Covid-Patienten sind, aktuell fast ausschließ­lich ungeimpfte. Menschen also, die aus allerlei irrational­en, teilweise auch abwegigen Gründen ins Corona-Risiko gehen, obwohl sie sich schützen könnten – durch Impfung. Sie müssten dort nicht sein, wenn sie ein Impfangebo­t angenommen hätten. Viren verändern sich, sie passen sich an. Auch über das Corona-Virus ist bekannt, dass es in mutierter Variante erheblich aggressive­r ist und zu schlimmere­n Krankheits­verläufen führt als zu Beginn der Pandemie. Wer sich in dieser Lage nicht impfen lässt, handelt verantwort­ungslos und egoistisch. Denn die Fallzahlen müssten nicht wie derzeit wieder steigen (und der Winter kommt erst noch), wenn der allergrößt­e Teil der Bevölkerun­g in Deutschlan­d geimpft wäre. Wenn es dicke kommt, droht uns sogar ein nächster Lockdown. Will das jemand? Braucht das jemand?

Ja, es kann auch Geimpfte erwischen. Zuletzt sorgte der Tod des früheren US-Außenminis­ters Colin Powell für Aufsehen. Powell, 84 Jahre alt, geimpft, starb an Covid-19, obwohl er geimpft war. Ein Fall wie gemacht für alle Impfskepti­ker und Corona-Regierungs­kritiker. Er zeigt aber auch, dass Menschen hohen Alters, wenn die Kraft des Immunsyste­ms nachlässt, besonders gefährdet sind. Doch es wäre mittlerwei­le ein Leichtes, steigende Fallzahlen bei Erwachsene­n einzudämme­n. Im Namen des Volkes. Durch Impfung.

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