Gemeinsam für noch mehr Energiewende
Die saarländischen Energie-Unternehmen Creos und Enovos sortieren sich in Deutschland neu unter der gemeinsamen Holding Encevo Deutschland.
SAARBRÜCKEN/HOMBURG In Landau gibt es das schon. Wer dort eine Solarstromanlage auf sein Dach legen lassen will, kann sich für Planung, Installation und Wartung an die Stadtwerke wenden. Die Energie Südwest ist damit nicht mehr bloß Abnehmer von Solarstrom, der auf Dächern von Privatleuten produziert wird. Solche Angebote örtlicher Versorger werden künftig wohl auch saarländische Hausbesitzer in Anspruch nehmen können. Das ist, wenn alles nach Plan läuft, eine konkrete Konsequenz aus einer strategischen Weichenstellung bei den saarländischen Energieunternehmen Creos und Enovos, dem Gas- und Stromnetzbetreiber aus Homburg und dem Energieversorger aus Saarbrücken. Sie sind organisatorisch näher zusammengerückt – mit dem Ziel: „Wir wollen als Gruppe der führende Akteur der Energiewende in der Großregion sein“, sagt Marc André, bisher geschäftsführender Direktor der Enovos Deutschland SE und jetzt Geschäftsführer der Encevo Deutschland GmbH. Die beiden deutschen Partner konzentrieren sich dabei auf das Saarland und Rheinland-Pfalz.
Die Idee zur Neu-Zuordnung der Unternehmen ist schon ein paar Jahre alt. Eine maßgebliche Rolle spielte, die Struktur der Muttergesellschaften aus Luxemburg auf die deutschen Töchter zu übertragen. Die alte Struktur sieht vereinfacht so aus: Über allem steht die Luxemburger Holding Encevo, der die luxemburgischen Unternehmen Creos und Enovos gehören. Darunter waren jeweils deutsche Holding-Gesellschaften angesiedelt: die Creos Deutschland Holding GmbH und die Enovos Deutschland SE mit ihren Tochtergesellschaften. Dieses Modell hat seine Ursprünge in einer Fusion von Saar Ferngas und den luxemburgischen Unternehmen Cegedel sowie Soteg 2009.
Seit Donnerstag vergangener Woche steht ein neues Konstrukt: „Wir haben die Enovos Deutschland SE zur GmbH umgewandelt und in Encevo Deutschland umbenannt, und wir haben die Creos Deutschland Holding GmbH mit der Encevo Deutschland verschmolzen. Die zwei Holding-Strukturen in Deutschland sind zu einer Holding-Struktur zusammengeführt worden“, erläutert André. Das Ganze hat dann folgenden Effekt: „Die Struktur aus Luxemburg wird in Deutschland gespiegelt: Wir haben eine Holding und darunter die Töchter mit den operativen Tätigkeiten sowie die Stadtwerke-Beteiligungen“: also die Dachgesellschaft Encevo Deutschland und darunter die verschiedenen Creos- und Enovos-Töchter – mit alles in allem rund 440 Mitarbeitern.
Für die Kunden bleibt die Encevo im Hintergrund. „Wir wollen mit einer Zwei-Marken-Strategie auf den Markt gehen: Creos ist die Netzexpertin für Strom und Gas und die Wasserstoff-Expertin, genauso bleiben bei der Enovos alle Erzeugungskompetenzen für erneuerbare Energien erhalten“, erläutert Jens Apelt, neben André Geschäftsführer der Encevo Deutschland und Geschäftsführer von Creos in Deutschland. Die Holding unterstützt die Töchter bei gemeinsamen Themen wie Buchhaltung, IT und Controlling, und sie verantwortet die Unternehmensentwicklung. Durch die engere Partnerschaft der beiden Encevo-Töchter und die Vereinfachung der Konzernstruktur soll die Schlagkraft erhöht werden, um bei der die Wende zu den erneuerbaren Energien im Saarland und in Rheinland-Pfalz eine führende Rolle zu spielen. „Die Energiewende wird sich unglaublich beschleunigen. Da spürt man eine ungeheure Dynamik“, sagt Apelt. Und diesen Anforderungen wolle Encevo gewachsen sein.
Creos und Enovos haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Creos hat sein rund 1650 Kilometer langes Gasleitungs-Netz vor vier Jahren um ein 450 Kilometer langes Hoch- und Mittelspannungs-Stromnetz erweitert. Daneben verfolgt das Unternehmen gemeinsam mit dem französischen Partner GRT Gaz ein Projekt zum Aufbau eines Wasserstoff-Netzes in der Region. Enovos hat sich zu einem Erzeuger von erneuerbaren Energien entwickelt und betreibt 20 eigene Wind- und Solarprojekte. Derzeit ist ein riesiger Solarpark in der Südeifel mit einer Gesamt-Höchstleistung von 200 Megawatt in Planung. Enovos ist darüber hinaus bundesweit in der technischen Betriebsführung von Anlagen der erneuerbaren Energien tätig.
Das traditionsreiche Gas- und Stromhandelsgeschäft mit Großkunden, das aus Zeiten von Saar Ferngas stammt, dürfte aber bald Geschichte sein. „Es wurde entschieden, aus dem Strom- und Gas-Großkundenvertriebsgeschäft in Deutschland auszusteigen“, sagt Apelt. Die Sparte steht also zum Verkauf. Vor dem Hintergrund der Unternehmensgeschichte „stellt das einen Paradigmenwechsel dar“. Ein wesentlicher Grund, sich von dem Handelsgeschäft zu trennen, dürfte sein, dass es keine Gewinne, sondern Verluste einfährt – 2018 und 2019 jeweils in Millionenhöhe.
Ein anderes Geschäft soll dagegen aufgebaut werden – nach dem Vorbild der Encevo-Mutter in Luxemburg. Dort gibt es neben Creos und Enovos eine Sparte Enovos Services. In Deutschland läuft das unter dem Arbeitstitel Technical Services. Dabei gehe es etwa um den Bau von Solarund Batterieanlagen, Ladesäulen und Wärmepumpen und Dienstleistungen rund um diese Technik, sagt Apelt. Wie dieses dritte Standbein der Encevo Deutschland entwickelt werden soll, ist noch offen. Apelt kann sich den Kauf von Installationsunternehmen vorstellen, wie es Encevo in Luxemburg vor drei Jahren mit der Übernahme des Anlagenbauers Paul Wagner & Fils vorgemacht hat. Es seien aber auch enge Kooperationen denkbar. Die Encevo Deutschland will also die gesamte Wertschöpfungskette der Energiewende abbilden: von der Erzeugung über den Energietransport bis zu den technischen Anlagen bei den Kunden.
Unter anderem von den Technical Services sollen auch die Stadt
werke-Beteiligungen profitieren. Die Energie Südwest in Landau, an der Encevo Deutschland die Mehrheit hält, hat da schon einen Schritt getan und, so Apelt, einen ortsansässigen Elektroinstallationsbetrieb gekauft. So können die Stadtwerke dort Bau und Wartung von Solaranlagen anbieten. Im Saarland hält Encevo Anteile an den Stadtwerken Sulzbach, Völklingen, St. Ingbert, Saarbrücken, Bliestal und Homburg sowie an der Energis in Saarbrücken. Gut möglich also, dass Hausbesitzer im Saarland bald bei ihrem Energieversorger vor Ort Angebote für den Bau einer Solaranlage einholen können.