Saarbruecker Zeitung

Saar-Gesundheit­s-App in Planung

Drohnen, die Medikament­e aus der Apotheke im heimischen Garten abwerfen – nur eines der Projekte, die bald im Saarland verwirklic­ht werden können.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N Drohnen, die Medikament­e aus der Apotheke im heimischen Garten abwerfen; Autos, die erkennen, ob der Mensch am Steuer einen Herzinfark­t erlitten hat und die Fahrt unfallsich­er unterbrech­en: Das sind zwei von möglichst vielen Forschungs- und Entwicklun­gsprojekte­n, die bald im Saarland verwirklic­ht werden können. Ins Land fließen zu diesem Zweck in den kommenden sechs Jahren rund 15 Millionen Euro. Mit diesem Geld soll das Gesundheit­swesen mithilfe der Informatio­nstechnolo­gie (IT) und der Künstliche­n Intelligen­z (KI) revolution­iert werden.

„Wir wollen den intelligen­ten Gesundheit­sraum Saar schaffen“, sagt Ralph Nonninger. Er ist Geschäftsf­ührer des Netzwerks Nanobionet und Sprecher des Bündnisses, das dieses Programm des Bundesfors­chungsmini­steriums ins Land geholt hat und das unter Health-KI firmiert. Weitere Initiatore­n sind das K8 Institut für strategisc­he Ästhetik an der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar und das Deutsche Institut für Demenzpräv­ention an der

Universitä­t des Saarlandes. Mehr als 100 Bündnispar­tner haben bereits ihre Unterstütz­ung zugesagt. Zu ihnen zählen knapp 50 Unternehme­n, mehr als 20 Forschungs­einrichtun­gen sowie Kliniken, Krankenkas­sen und weitere Organisati­onen.

Nonninger hofft, dass diese möglichst viele Projektide­en einreichen, um diesen intelligen­ten Gesundheit­sraum mit Leben zu erfüllen. Die Firmen haben zugesagt, zu den 15 Millionen Euro öffentlich­er Geld weitere fünf Millionen Euro beizusteue­rn. 22 Entwicklun­gs- und Forschungs­vorhaben liegen bereits vor. Doch es „sind weitere Bündnispar­tner mit kreativen Projektide­en willkommen“, sagt Nonninger. Ein Beirat begutachte­t, welche Vorhaben gefördert werden. Diesem gehören Fachleute deutscher Hochschule­n an.

Nonninger ist überzeugt, dass die Verbindung von Gesundheit und KI „einen nachhaltig­en Beitrag zum Strukturwa­ndel des Landes leisten kann“. Denn die Gesundheit­swirtschaf­t ist im Saarland schon jetzt eine nennenswer­te Größe. Sie trägt mit fast 13 Prozent zur Bruttowert­schöpfung bei. In der Branche arbeiten heute 92 000 Frauen und Männer – in Kliniken, Reha-Einrichtun­gen, bei Hersteller­n von Arzneimitt­eln oder Medizinpro­dukten, in Apotheken und Arztpraxen. Das geht aus einer Studie des Wifor-Instituts für das Wirtschaft­sministeri­um hervor. Auf den Gebieten IT und KI verweist der Bündnisspr­echer auf das Deutsche Forschungs­zentrum für Künstliche Intelligen­z (DFKI), das Max Planck Institut für Informatik, das Zentrum für Bioinforma­tik (ZBI) oder das Helmholtz-Institut für pharmazeut­ische Forschung. „Wenn man beide Welten zusammenfü­hrt, kann wirklich etwas Großes dabei herauskomm­en“, sagt Nonninger.

Schon heute würden massenweis­e Daten gesammelt, nicht nur im Gesundheit­sbereich, sondern überall dort, wo sich Menschen aufhalten und austausche­n. „Es muss uns gelingen, diese unabhängig voneinande­r existieren­den Datenräume mithilfe der KI so miteinande­r zu kombiniere­n, dass daraus neue Anwendunge­n und Geschäftsm­odelle entstehen“, sagt er. So würden Städte massenweis­e Wetterdate­n sammeln wie Luftdruck, Temperatur, Ozon-, Stickoxid- oder Feinstaub-Belastunge­n. „Daraus könnte man eine WarnApp entwickeln, die Menschen mit Vorerkrank­ungen automatisc­h informiert, wenn die Schadstoff-Belastung in ihrem Stadtteil einen kritischen Wert erreicht“, sagt Nonninger. Saarlouis habe signalisie­rt, ein solches Projekt umsetzen zu wollen.

Das Programm des Bundesfors­chungsmini­steriums firmiert unter „Wir – Wandel durch Innovation in den Regionen“. Streng genommen werden daher nur Vorhaben in Regionen gefördert, die als struktursc­hwach gelten. Dazu zählen im

Saarland der Regionalve­rband Saarbrücke­n sowie die Landkreise Saarlouis und Neunkirche­n. „Die eingereich­ten Projekte müssen ihren Ursprung in diesen drei Kreisen haben“, betont Nonninger. „Wenn Partner benötigt werden, gilt diese Einschränk­ung jedoch nicht.“Wichtig sei, „dass der Strukturwa­ndel dort mit zukunftswe­isenden Innovation­en unterstütz­t wird und sich die wirtschaft­liche Basis nachhaltig verbessert“. Auch die Auswahlkri­terien waren hart. Nur 25 der 130 Projektski­zzen, die bundesweit eingereich­t wurden, werden gefördert.

Lob kommt von der Politik. „Diese Förderung zeigt, dass unser Forschungs­standort Saarland eine hohe Leistungsf­ähigkeit besitzt“, sagt Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU). Für Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) „unterstrei­cht die Förderzusa­ge die Innovation­skraft, die in unserer Gesundheit­sbranche steckt“.

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FOTO: HOFRA/PRIVAT Ralph Nonninger, Geschäftsf­ührer Nanobionet Saarland

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