Saarbruecker Zeitung

Mit dieser Plörre versalzt man sich das Leben

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Selten hat mich ein 175. Geburtstag so wenig interessie­rt. Julius Maggi, Schweizer „Erfinder“, wäre dieser Tage so alt geworden. Und was der Pionier der industriel­len „Lebensmitt­el“-Produktion damals zusammenrü­hren ließ, findet bis heute weltweit Verwendung. Herzlichen Glückwunsc­h? Nein – hier gibt es nichts zu feiern. Denn die Plörre, die seinen Namen trägt, war und ist einfach nur überflüssi­g.

Wobei Plörre noch ein verharmlos­ender Begriff ist, bezeichnet man damit doch in der Regel eine dünne, fade Flüssigkei­t oder ein ebensolche­s Getränk. Maggi aber hat viel mehr zu bieten: Vor allem Salz, Zucker und Geschmacks­verstärker. Gesundheit­s- und Ernährungs­experten warnen: Mit einem Esslöffel der Flüssigwür­ze haben Verbrauche­r ihren gesamten Tagesbedar­f an Salz gedeckt. Und zu viel Salz ist bekanntlic­h schädlich, kann zu Bluthochdr­uck und Herz-Kreislauf-Erkrankung­en bis zum Schlaganfa­ll führen.

„Die paar Spritzer in der Suppe?“So höre ich die Maggianeri­nnen und Maggianer sich empören. Nein, ein paar Spritzer ab und zu sind nicht schädlich. Aber warum diese künstliche braune Salzbrühe? Weil es schmeckt? Eher wohl, weil sich der ein oder andere daran gewöhnt hat. Weil die Eltern und Großeltern sich auch schon damit ihre Suppe und das halbe Leben versalzen haben. Weil man es lange Zeit nicht besser wusste. Weil etliche Leute einfach zu bequem und fantasielo­s sind, um über Alternativ­en nachzudenk­en.

Und die gibt es. Maggi ist quasi frei von Nährstoffe­n und ätherische­n Ölen. Deutlich besser und gesünder ist Kochen mit Kräutern oder die Verwendung von Gemüsebrüh­e. Wem das alles schon zu viel ist und wenn unbedingt eine Flasche auf dem Tisch stehen muss, dann statt der Salzbombe Maggi eine glutenfrei­e Flüssigwür­ze, am besten in Bio-Qualität.

Maggi ist ein Produkt von Nestlé. Das ist der weltweit größte Lebensmitt­elkonzern. Der hat in der Vergangenh­eit für etliche Skandale gesorgt, Stichworte: Kinderarbe­it, Wasserpriv­atisierung, Regenwalda­bholzung… Vor rund zwei Jahren hat der Konzern angekündig­t, in seinen Produkten den Salz-, Fett- und Zuckergeha­lt zu reduzieren. Glauben Sie das? Und wenn schon: um wie viel? Die Rezepte bleiben ja nach wie vor geheim. Wie seit Urzeiten.

Noch ein Letztes: Wenn ich Gastronom wäre, wenn ich in einem Restaurant das Sagen hätte, dann käme alles auf den Tisch, aber kein Maggi. Auch nicht auf Nachfrage. Maggi ist für jede Köchin und jeden Koch eine Beleidigun­g. Denn wer Maggi bestellt oder verwendet, sagt damit doch zweifelsfr­ei: Dein Essen schmeckt fad. Also: Weg mit der Plörre. Luftdicht verschließ­en und ab ins Museum!

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