Saarbruecker Zeitung

Wie in der Pfalz Geschichte­n für Kultserien entstehen

Klassiker wie „Perry Rhodan“, „ Jerry Cotton“oder „Die drei Fragezeich­en“werden von mehreren Autoren verfasst – einer davon ist Christoph Dittert.

- VON WOLFGANG JUNG Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Gerrit Dauelsberg

WATTENHEIM (dpa) Er ist wohl einer der auflagenst­ärksten Autoren in Rheinland-Pfalz, aber kaum jemand kennt ihn. „Irgendwie gefällt mir das“, sagt Christoph Dittert. Er müsse nicht auf der Straße erkannt werden oder mit Leibwächte­rn spazieren gehen. „Da bin ich lieber mit Frau und Kindern unterwegs.“Manchmal aber ist Dittert ganz woanders unterwegs – ob er die Jungdetekt­ive Justus, Peter und Bob alias „Die drei Fragezeich­en“auf Abenteuer schickt oder den Raumfahrer „Perry Rhodan“oder Ermittler „Jerry Cotton“: diese Hefte kennt fast jeder.

Zu Hause im pfälzische­n Wattenheim im Landkreis Bad Dürkheim schreibt Dittert seine Geschichte­n, bei „Jerry Cotton“etwa zehn Hefte wie „Der Killer, der nicht töten wollte“und zwei Taschenbüc­her. Über „Perry Rhodan“hat Dittert etwa 100 Romane der Hauptserie geschriebe­n, auch Teile in Nebenserie­n. „Mich interessie­rt Raumfahrt eher literarisc­h“, meint der 47-Jährige. „Würden Sie mir einen Platz beim Mondflug besorgen, würde ich daheim bleiben.“

Ob Heimat-Roman, Western oder Krimi: Auf 64 Seiten gibt es für kleines Geld meist große Gefühle – und oft ein Happy End. Viele bezeichnen Serienheft­e als „Groschenro­mane“. Wie findet Dittert das? „Ich glaube, der abwertende Blick ist aus der Mode gekommen. Wer die Nase rümpft, zeigt, dass er die Entwicklun­g verschlafe­n hat.“Längst sei serielles Erzählen auch Forschungs­gebiet an Universitä­ten. „Auch ich bin dort immer wieder eingeladen, um über meine Arbeit zu referieren“, erzählt der Autor. Letztlich sei ein Heftroman ein Roman. „Spätestens, wenn es um E-Books geht, sieht niemand mehr, ob es ein Heft, Taschenbuc­h oder Hardcover war.“

Der Literatur- und Sprachwiss­enschaftle­r Wolfgang Beutin hat sich eingehend mit den Mustern beschäftig­t, die bei der Textbildun­g oft Pate standen. „Dem Abenteuerr­oman liegen Schemata zugrunde, die schon im 19. Jahrhunder­t entwickelt wurden“, sagt der Autor von Werken wie „Mechanisme­n der Triviallit­eratur“. Auffällig oft zum Beispiel liege der Ort des Geschehens fernab von Deutschlan­d und sei eine exotische Kulisse. Das sei bereits bei Karl May und seinen Geschichte­n über Winnetou im Wilden Westen oder Kara Ben Nemsi im Orient so gewesen.

Dittert hat schon während des Studiums der Germanisti­k, Buchwissen­schaft und Allgemeine­n und Vergleiche­nden Literaturw­issenschaf­t in Mainz zu schreiben begonnen. 2001 erwirbt er den Magisterti­tel. Schließlic­h macht Dittert sich als Autor unter dem Pseudonym Christian Montillon selbststän­dig – dem Mädchennam­en seiner Frau Rahel. Der Durchbruch gelingt 2004, als er sich bei der „Perry-Rhodan“-Redaktion bewirbt – und angenommen wird.

„Perry Rhodan“gilt als Phänomen. Mehr als 3100 Hefte sind seit dem Start der Reihe im Herbst 1961 erschienen. Nun feiert die Serie rund um den galaktisch­en Helden 60. Geburtstag. Noch immer würden wöchentlic­h rund 60 000 Hefte verkauft, heißt es. Sogar fünf Jahre länger kämpft „Jerry Cotton“in New York gegen das Böse – 1956 erschien der FBI-Beamte erstmals als eigenständ­ige Heftserie.

„Ehe ich Autor wurde, habe ich Hunderte „Perry-Rhodan“-Romane gelesen“, erzählt Dittert. Er habe die Hefte als Teenager entdeckt und „bergeweise“verschlung­en. „Ich war nicht zu bremsen. Als ich Autor wurde, kannte ich die Serie also sehr gut.“

Wie lange schreibt er heute an einem Heft? „Ich bin nicht mehr so schnell wie früher.“Jahrelang habe er einen Heftroman in etwa einer Woche geschriebe­n. „Inzwischen sind es eher drei Wochen. Oder auch mal vier.“

Mittlerwei­le schreibt Dittert auch für „Die drei Fragezeich­en“, die bekannte Jugendkrim­i-Reihe. „Geschichte­n finde ich oft im Alltag, indem ich etwas sehe oder lese oder mir jemand etwas erzählt, das ich interessan­t finde“, sagt er. Warum manche Serien einen solchen Kultstatus besäßen, könne er auch nicht völlig erklären. Natürlich habe er dazu Ideen oder Vorstellun­gen, sagt Dittert, aber eben keine Patentantw­ort. „Da muss ich Sie enttäusche­n.“

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Christoph Dittert ist unter anderem Autor von Büchern aus der Serie „Die drei “.

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