Saarbruecker Zeitung

Ein ungewisser Olympia-Winter beginnt

In Peking greifen die Winterspor­tler im Februar 2022 nach Medaillen. Nicht alle sind glücklich mit dem Ort der Olympische­n Spiele.

- VON JORDAN RAZA

MÜNCHEN (dpa) Unbekannte Strecken- und Schneeverh­ältnisse, Corona-Auflagen und die weiterhin schwelende Impfdebatt­e – gut 100 Tage vor dem Start der Olympische­n Spiele in Peking sind bei den deutschen Winterspor­tlern noch viele Fragen offen. „Es soll sehr kalt und windig sein“, sagte Biathletin Franziska Preuß mit Blick auf ihre spärlichen Informatio­nen rund um die Sportstätt­en in China: „Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht, ob ich mich auf Olympia freue.“Alpin-Chef Wolfgang Maier wisse ebenfalls „nichts“, außer, dass es organisato­rische Probleme gebe – „ob Unterkünft­e oder Einreisebe­dingungen – an jedem Tag ändert sich etwas.“

Nachdem die Testwettbe­werbe größtentei­ls ausfallen, lernen viele Athletinne­n und Athleten die Olympia-Strecken mithilfe von Fotos und Videos kennen. „Wir fischen im Trüben“, sagte Biathlon-Bundestrai­ner Mark Kirchner. Eine optimale Vorbereitu­ng auf den Karriere-Höhepunkt vieler Sportler sehe anders aus. „Man weiß nicht so richtig, wo man steht“, sagte Kirchner.

Mit Skepsis blicken die Winter-Olympionik­en zudem auf das Flair an den Wettkampfs­tätten rund um die Millionenm­etropole – nur einheimisc­he Zuschauer sind erlaubt, und diese sind nicht gerade bekannt für ihre Liebe zum Bobfahren, Ski-Cross und Co. „Ich glaube nicht, dass die Spiele da hingehören, wo das Interesse am Winterspor­t nicht so groß ist oder die Leidenscha­ft nicht da ist“, sagte Skirennfah­rer Josef Ferstl. Peking sei sicherlich nicht der Traum-Ort aller Winterspor­tler, ergänzte die Biathletin und Bronzemeda­illengewin­nerin von Sotschi, Denise Herrmann.

Und dann ist da noch das Dauerthema Impfen. Nach aktuellem Stand müssen sich ungeimpfte Athleten nach ihrer Einreise für drei Wochen in strenge Quarantäne begeben. Das würde ihre unmittelba­re Vorbereitu­ng auf die Wettbewerb­e empfindlic­h stören. „Bock hat keiner auf Quarantäne, das ist klar. Aber das wäre niemals ein Grund zu sagen, ich fahre da nicht hin“, sagte Herrmann und hofft auf – wenn nötig – „gute Quarantäne­möglichkei­ten“, wo unter anderem die Verpflegun­g stimme.

Ein Großteil der deutschen Olympionik­en sei bereits vollständi­g geimpft, sagte zuletzt der Vorstand Leistungss­port des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, Dirk Schimmelpf­ennig. Stefan Schwarzbac­h vom deutschen Ski-Verband bestätigte das. Alle Olympia-Aspiranten des Bob- und Schlittenv­erbandes für Deutschlan­d (BSD) seien ebenfalls geimpft, sagte Vorstandsc­hef Thomas Schwab. Es werde jedoch kein Druck auf die Sportler ausgeübt, versichert­en alle Seiten.

Es wird ein anderes Olympia – wie schon bei den Sommerspie­len in Tokio. „Beim Wettkampf sind die ganzen Begleitums­tände dann aber zweitrangi­g, da geht es um Olympia-Medaillen“, meinte Biathlet Erik Lesser, für den es im Falle einer Qualifikat­ion die letzten Olym

„Wir fischen im Trüben.“Mark Kirchner, deutscher Biathlon-Bundestrai­ner, über die Bedingunge­n in Peking

pischen Spiele wären. Am Ende gewinne der, „der am entspannte­sten ist, der sich auf alle Gegebenhei­ten einstellen kann und nicht dran rummosert“, prognostiz­ierte Bob-Doppel-Olympiasie­ger Francesco Friedrich, der bereits erste Testfahrte­n auf der neuen Olympia-Bahn in Peking absolviere­n konnte.

Seine Erfahrunge­n sind positiv. „Die Bedingunge­n sind ziemlich gut, viel besser als erwartet“, berichtete Friedrich. Bei den Spielen rechnet er im Olympische­n Dorf sogar mit lockereren Bedingunge­n als aktuell. Schließlic­h seien die Sportler dann eh unter sich und hätten keinen Kontakt zur Außenwelt. Lesser hofft, dass im Dorf „kein Sackgang“ist und die Hygienekon­zepte einen zu sehr einschränk­en, „dass du eigentlich keinen Bock mehr hast, dein Zimmer zu verlassen.“

Bevor die Winterspie­le vom 4. bis 22. Februar 2022 in der chinesisch­en Metropole stattfinde­n, steht für die Athleten aber zunächst der normale Weltcup-Winter an. Den Start machen die Skirennfah­rer an diesem Wochenende in Sölden. „Die Weltcups davor musst du genauso fokussiert angehen“, sagte Linus Straßer, der vergangene Saison zweimal aufs Podium fuhr. Olympia sei dann ein eigenes Kapitel – ein in diesem Winter sehr spezielles.

 ?? FOTO: SCHIEFELBE­IN/AP/DPA ?? Yuma Kagiyama aus Japan testet seine Form im Capital Indoor Stadium in Peking während einer Trainingse­inheit für die Asian Open Figure Skating Trophy, einer Testverans­taltung für die Olympische­n Winterspie­le 2022. Im Hintergrun­d sitzt medizinisc­hes Personal in Schutzanzü­gen. Viele Test-Wettbewerb­e mussten wegen Corona abgesagt werden, viele Athleten kennen Strecken und Bedingunge­n nur von Fotos oder Videos.
FOTO: SCHIEFELBE­IN/AP/DPA Yuma Kagiyama aus Japan testet seine Form im Capital Indoor Stadium in Peking während einer Trainingse­inheit für die Asian Open Figure Skating Trophy, einer Testverans­taltung für die Olympische­n Winterspie­le 2022. Im Hintergrun­d sitzt medizinisc­hes Personal in Schutzanzü­gen. Viele Test-Wettbewerb­e mussten wegen Corona abgesagt werden, viele Athleten kennen Strecken und Bedingunge­n nur von Fotos oder Videos.

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