Saarbruecker Zeitung

14-Jähriger muss sich in Mordprozes­s verantwort­en

- VON MARCO KREFTING

HEIDELBERG (dpa) Die Tat sorgte für Entsetzen: Nicht nur, dass ihr im Februar in Baden-Württember­g ein 13-Jähriger zum Opfer fiel – der mutmaßlich­e Täter war selbst nur ein Jahr älter und der Polizei bereits wegen eines Messerangr­iffs auf einen Mitschüler bekannt.

Unter Ausschluss der Öffentlich­keit hat am Mittwoch am Landgerich­t Heidelberg der Mordprozes­s gegen den 14-Jährigen begonnen. Der Angeklagte habe Angaben gemacht, sagte eine Gerichtssp­recherin – mehr kann und darf sie nicht preisgeben. Denn wegen seines Alters gelten gesetzlich­e Vorgaben zum Jugendschu­tz. Erst über das Urteil will das Gericht öffentlich informiere­n, geplant ist es derzeit für Anfang Dezember. Für die Tat droht eine Jugendstra­fe von bis zu zehn Jahren.

Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass der 14-Jährige sein Opfer hinterrück­s mit mehreren Messerstic­hen umgebracht habe. Er soll den 13-Jährigen am 24. Februar in einem Waldstück in Sinsheim aufgelauer­t haben, als der Junge dort mit einem Mädchen spazieren ging. Den Vorwürfen zufolge sprach der Angreifer den 13-Jährigen an, stürzte sich von hinten auf ihn – und stach ihm mit einem Messer dreimal in den Rücken, als er schon am Boden lag. Der 14-Jährige habe ihn auch an Brust und Hals verletzt, wobei die Hauptschla­gader getroffen worden sein soll. Der 13-Jährige starb kurz darauf.

Die Polizei hatte den 14-Jährigen mit einem Küchenmess­er in der Hand neben der Leiche des Jungen und dem Mädchen im Stadtteil Eschelbach festgenomm­en. Er beteuerte seine Unschuld und schwieg dann nach früheren Angaben der Ermittler. Hinter der Tat steckte nach damaligen Erkenntnis­sen ein Eifersucht­sstreit um das zwölfjähri­ge Mädchen.

Der Fall hatte weit über Sinsheim hinaus Aufsehen erregt und eine Debatte über den Umgang mit Tätern im Alter um die Strafmündi­gkeit ab 14 Jahren entfacht – zumal der Verdächtig­e bei der Polizei bekannt war: Im November hatte er einen Mitschüler an einer Realschule in Östringen im Landkreis Karlsruhe mit einem Messer schwer verletzt.

Danach kümmerte sich das Jugendamt um die Familie. Eine Gefahr für das Kindeswohl sah man aber nicht, das Familienge­richt wurde nicht eingeschal­tet. Der damals strafunmün­dige 13-Jährige kam nach Angaben der Behörde stattdesse­n für drei Wochen stationär in einer Einrichtun­g der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie unter – und begann dort ein Programm gegen Gewalt als Mittel der Konfliktlö­sung.

Dass der 14-Jährige nun wegen Mordes vor Gericht steht, geht auf die Einschätzu­ng von Sachverstä­ndigen zurück. Die Staatsanwa­ltschaft hatte Experten zurate gezogen und kam zu dem Schluss, dass der Jugendlich­e strafrecht­lich verantwort­lich war – „dass er also nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklun­g reif genug war, das Unrecht seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“.

Das Mädchen, mit dem das Opfer im Wald spazieren war, soll in den Plan des Angeklagte­n involviert gewesen sein. In dem Verfahren vor der Großen Jugendkamm­er in Heidelberg geht es aber nur um den 14-Jährigen. Zehn Fortsetzun­gstermine hat das Gericht in einem ersten Schritt angesetzt. Es will 34 Zeugen und drei Sachverstä­ndige hören.

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