Saarländer bauen in der Pandemie Schulden ab
Besonders junge Menschen im Saarland sind derzeit geringer verschuldet. Sie haben während der Corona-Pandemie weniger konsumiert und lieber ausstehende Rechnungen bezahlt.
Die Saarländer sind weniger verschuldet als vor der Corona-Pandemie. Das geht aus dem Schuldenatlas hervor. Viele hätten in dieser Zeit weniger konsumiert und lieber ausstehende Rechnungen bezahlt, schreiben die Autoren.
SAARBRÜCKENDie Schuldenlast von Saarländern ist während der Corona-Pandemie deutlich zurückgegangen. Das hat die Wirtschafts-Auskunftei Creditreform für ihren „Schuldneratlas 2021 Saarland“ermittelt. Geschäftsführer Carsten Uthoff sieht darin einen besonderen Trend, denn die verschärften wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Folge der Corona-Pandemie für zahlreiche Unternehmen sowie Privathaushalte hätten sich bisher nicht negativ ausgewirkt.
Eine Überschuldung liegt nach der Definition von Creditreform vor, wenn ein volljähriger Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht in einer absehbaren Zeit von ungefähr zwei Jahren begleichen kann und ihm für seinen Lebensunterhalt weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Bundesweit sind nach den Erhebungen von Creditreform demnach derzeit rund 6,16 Millionen Menschen überschuldet, an der Saar etwa 87 716 Personen. Damit ist auch die Schuldenquote in unserer Region leicht gesunken auf 10,43 Prozent, bundesweit auf 8,86 Prozent.
Als einer der Hauptgründe für den Rückgang der Überschuldung nennt Geschäftsführer Uthoff das zurückgegangene Angebot an Dienstleistungen sowie Konsum-Möglichkeiten während der Corona-Pandemie. So sei etwa der Urlaub auf Pump wegen fehlender Reiseangebote ausgefallen. „Haushaltsdisziplin hat 2021 einen besonderen Stellenwert bekommen“, betonte Uthoff. Besonders stark hat die Überschuldung jüngerer Menschen abgenommen. Diese konsumierten deutlich weniger und bezahlten dafür deutlich häufiger fällige Rechnungen. Zudem hat sich nach Beobachtungen von Creditreform auch die Einkommens-Situation vieler junger Menschen im Saarland verbessert, denn in wachsender Zahl stellten Betriebe derzeit junge Menschen ein. Zugleich haben sich nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei die Risiken für ältere Menschen, von Altersarmut getroffen zu werden, weder erhöht, noch sind sie zurückgegangen. Generell sei zu beobachten, dass Männer eher die Bereitschaft zur Verschuldung zeigen als Frauen.
Erstmals seit Jahren stellt Creditreform auch eine deutliche Zunahme der Privatpleiten an der Saar fest. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass man sich dank einer neuen Gesetzgebung und bei entsprechend diszipliniertem Verhalten heute innerhalb von drei Jahren aus dieser Schuldenfalle befreien könne. Allerdings ist immer noch fast jeder elfte Bundesbürger überschuldet. Das entspricht einer Quote von 8,86 Prozent gegenüber 9,87 Prozent im Vorjahr.
Entwarnung gibt Creditreform-Geschäftsführer Uthoff nicht. Gravierendere Folgen durch die Corona-Krise und stark ansteigende Kosten seien voraussichtlich erst Anfang, Mitte 2022 zu erkennen. Die Corona-Pandemie selbst erhöhe die Einkommensunterschiede und fördere die Gefahr zur Überschuldung. In Folge dieser Entwicklung hätten Geringverdiener kaum noch finanzielle Möglichkeiten, um Einkommenseinbußen auszugleichen. Zudem wirkten sich Probleme wie etwa gestörte Lieferketten immer stärker auf zahlreiche Unternehmen und Branchen aus. Stark steigende Energiepreise sowie die anhaltend hohe Inflation, also steigende Kosten für Mieten, Energie, Gesundheit sowie Mobilität, wirkten sich ebenfalls bremsend auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sowie die Vermögensverhältnisse in den Privathaushalten aus.
Uthoff rät der CDU/SPD-Landesregierung deshalb, den Strukturwandel an der Saar zu beschleunigen. Durch die erkennbaren Krisen in der Autoindustrie, deren Zulieferbetrieben sowie in der Stahlindustrie zeige sich ein erhöhter Handlungsbedarf. Es zeige sich deutlich, dass das oberste Ziel innerhalb des Strukturwandels Vollbeschäftigung sein müsse. Auch der Ausbau von Wohnungen an der Saar sei wichtig. Zudem rät Creditreform dazu, die Finanzkompetenz der Menschen zu stärken, etwa durch die Stärkung der Schuldner- und Insolvenzberatung. Hier könnten auch Familienpaten eine größere Rolle übernehmen, die Familien dabei unterstützen, eine Überschuldung zu verhindern.
Im Hinblick auf das kommende Jahr zeige sich schon, dass die Überschuldungssituation angespannt bleibt mit hohen Unsicherheiten. Es müsse noch häufiger damit gerechnet werden, dass Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren und dadurch zum Beispiel Kredite auf ihr Haus nicht mehr bedienen könnten.
Ein Blick auf das gesamte Saarland zeigt, dass die Überschuldung in allen Landkreisen 2021 abgenommen hat. Spitzenreiter in der Überschuldung bleiben jedoch die vom Strukturwandel besonders betroffenen Regionen Regionalverband Saarbrücken, der Landkreis Neunkirchen sowie der Landkreis Saarlouis. Auffällig ist nach Angaben von Creditreform zudem, dass im Regionalverband auch die Überschuldung in sozialen Brennpunkten wie Malstatt und Burbach zurückgegangen ist. Auch hier sei das auf Konsumverzicht sowie eine erhöhte Bereitschaft zurückzuführen, fällige Rechnungen zu bezahlen. Im Stadtgebiet von Saarbrücken und Neunkirchen ging die
87 716 Menschen im Saarland sind derzeit überschuldet. Quelle: Wirtschafts-Auskunftei Creditreform
Überschuldungsquote in den vergangenen Monaten spürbar zurück, während sie in den übrigen saarländischen Landkreisen eine geringere oder annähernd gleiche Quote erreichte wie der Bundesdurchschnitt. Im Deutschlandvergleich liegt das Saarland auch weiterhin stabil im unteren Drittel. Beim Vergleich der Landeshauptstädte, was die Überschuldungsquote betrifft, erreicht der Regionalverband Saarbrücken mit fast 15 Prozent den zweithöchsten Wert hinter Wiesbaden. Die geringsten Überschuldungsquoten erreichen Mainz und Potsdam.