Als Friedrich Merz ein Saarländer war
Der künftige CDU-Bundesvorsitzende lebte früher ein paar Jahre in Saarbrücken – als Nachbar von Oskar Lafontaine. Das ist nicht sein einziger Bezug zum Saarland.
SAARBRÜCKEN An den künftigen CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz erinnern sich manch ältere CDU-Mitglieder vom Saarbrücker Rotenbühl noch als freundlichen, jungen Mann, der im Vorstand des Ortsverbandes mitarbeitete und beim Sommerfest an der Theke half. „Wir sind sehr gut mit ihm klargekommen“, sagt der frühere Saarbrücker CDU-Chef und HTW-Rektor Professor Rudolf Warnking, der Merz im Ortsverband Rotenbühl erlebte.
Merz, der heute 66-Jährige, hat in den 80er Jahren mit seiner Familie in Saarbrücken gelebt. Dort begann er 1982 sein juristisches Referendariat. Später wurde er Richter am Saarbrücker Amtsgericht, zuständig für Wirtschaftskriminalität und Rauschgiftdelikte, wie er Jahre später einmal erzählte.
Schon als Steppke war Merz häufig im Saarland, wenn auch damals „mein Horizont nicht über Lockweiler hinausging“, wo seine Großtante wohnte, wie er im Jahr 2000 bei einer SZ-Forums-Veranstaltung sagte. Es blieb nicht die einzige familiäre Bande ins Saarland: 1980, im Studium in Bonn, lernte Merz seine spätere Frau Charlotte Gass kennen, eine Saarbrückerin aus St. Arnual. In der dortigen Stiftskirche heiratete das Paar 1981, damals war schon ihr erstes von drei Kindern, Sohn Philippe, unterwegs. 1982 zogen sie nach Saarbrücken. Sie wohnten zur Miete in einer Doppelhaushälfte in der Scheidter Straße. Aus dem Garten blickten sie direkt auf das Anwesen, in dem damals Oskar Lafontaine wohnte.
Über seine Frau Charlotte (60), die aus einer Saarbrücker JuristenDynastie stammt und sich in ihrer Jugend in der Jungen Union in Saarbrücken engagierte, machte Merz schnell Bekanntschaft mit CDU-Politikern. Über die schwierige Lage der Saar-CDU nach dem Machtverlust 1985 hätten sie damals intensiv diskutiert, sagt Peter Jacoby, der 1986 im Alter von 35 Jahren den CDU-Landesvorsitz übernahm. „Er kennt im Saarland die Strukturen, das sollte man nicht unterschätzen“, sagt er über den künftigen CDU-Chef.
Mit dem unvorteilhaften Bild, das Medien zuweilen von Friedrich Merz zeichnen, er sei hochnäsig, können Bekannte aus dieser Zeit wenig anfangen. Merz sei „herzlich, freundlich und lustig“, sagt Anette Hübinger. Als
„extrem kontaktfreudig mit einem verschmitzten Lächeln“wird Merz vom Saarbrücker Juristen Volker Müller beschrieben, der mit Merz seit gemeinsamen Saarbrücker Tagen befreundet ist. Merz sei „offen für
Scherze“und wie seine Frau immer für klare Worte. „Bei dieser Familie weiß man immer, woran man ist“, sagt Müller, der heute als Hauptgeschäftsführer die Unternehmerverbände Niedersachsen leitet.
Als Friedrich Merz mit seiner Familie 1986 das Saarland in Richtung Bonn verließ, übernahmen seine Saarbrücker Bekannten Raimund und Anette Hübinger die Wohnung in der Scheidter Straße. Anette Hübinger sollte ihrem Vormieter Jahre später auf politischem Parkett begegnen: 2005, als sie für die CDU in den Bundestag gewählt wurde.
1989 ließ sich Merz ins EU-Parlament wählen, ohne das Saarland ganz aus dem Blick zu verlieren. „Als früherer Wahl-Saarländer und mit einer Saarländerin immer noch glücklich verheiratet“, lese er gelegentlich noch die SZ, schrieb er damals in einem Leserbrief an unsere Redaktion, in dem er beklagte, dass in einem Kommentar die Arbeit der saarländischen EU-Abgeordneten Doris Pack nicht erwähnt werde.
Seinen politischen Aufstieg, ab 1994 im Bundestag, verfolgten Parteifreunde in der alten Heimat gebannt. Als er 2000 an die Spitze der CDU/ CSU-Fraktion gewählt wurde, gratulierte sein früherer CDU-Ortsverband Rotenbühl mit einem Blumenstrauß, Merz bedankte sich.
2005 verabschiedete sich Merz aus der Fraktionsspitze, 2009 stieg er ganz aus der Politik aus und konzentrierte sich auf seinen Job für eine internationale Anwaltskanzlei und später für den Vermögensverwalter Blackrock. Ins Saarland kam er noch öfter, nicht nur zu seinen Schwiegereltern.
Beim Tag der Saarländischen Bauwirtschaft 2010 bescherte Merz’ Rede dem Arbeitgeberverband einen Besucherrekord, der Konferenzsaal auf dem Halberg platzte aus allen Nähten. Als der Gastgeber ihn bat, noch einmal über eine Rückkehr in die Politik nachzudenken, gab es langanhaltenden Applaus. Das Verbandsmagazin überbot sich später mit Lobeshymnen („geradlinig, direkt, analytisch und rhetorisch brillant“).
Weniger populär war Merz in der Spitze der Saar-CDU. Aus der ersten Reihe dürfte er auch diesmal eher wenig Unterstützung gehabt haben, einige hielten ihn für einen Mann von gestern, ohne Gespür für Veränderungen in der Gesellschaft. Seine wirtschaftsliberalen Einstellungen und seine konservative Haltung in der Migrations- oder Familienpolitik schienen nicht so recht zu dem Landesverband zu passen, der traditionell links der Bundespartei steht.
Allerdings: Der klare Sieg mit 62 Prozent beim Mitgliederentscheid spricht dafür, dass Merz auch unter den 15 000 CDU-Mitgliedern im Saarland vorne lag. Merz-skeptische Unionsleute wie Peter Altmaier rechnen ihm an, dass er sich inzwischen „sehr differenziert und problembewusst zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen“positioniere.
Erleichterung herrscht in der SaarCDU nun darüber, dass sich die Vorsitzenden-Suche nicht noch länger hinzog, schließlich sind am 27. März Landtagswahlen. Das „bleierne Vakuum in der Führung der CDU“sei nun beendet, freute sich CDU-Landeschef Tobias Hans. Der Besuch im Saarland, zu dem Hans den künftigen CDU-Chef eingeladen hat, wird zu einer Reise in die eigene Vergangenheit.
„Bei dieser Familie weiß man immer, woran man ist.“Merz’ Freund Volker Müller, ein Jurist aus Saarbrücken