Saarbruecker Zeitung

Der nächste unsichere Reisesomme­r steht bevor

Viele Menschen planen in diesen Wochen ihren Sommerurla­ub. Doch die Verunsiche­rung ist groß, vor allem wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Wie sollte man seine Reise nun absichern?

- VON TOM NEBE

KEHL/BERLIN (dpa) Trotz gelockerte­r Corona-Regeln in vielen Urlaubslän­dern und einer erleichter­ten Einreise nach Deutschlan­d: Unbeschwer­t reisen bleibt schwierig in diesen Zeiten.

Allen voran der russische Angriff auf die Ukraine schürt neue Unsicherhe­iten. Krieg in Europa – da ist für viele gar nicht an Urlaub zu denken. Und jene, die doch planen, fragen sich: Ist es der richtige Zeitpunkt für eine Ostsee-Kreuzfahrt? Kann ich wirklich nach Bulgarien fliegen? Und was ist, wenn ich im Sommer wegen der Weltlage lieber doch nicht nach Mallorca möchte?

Fakt ist: Angst oder dumpfe Unsicherhe­itsgefühle sind keine Stornogrün­de. Das stellt der Reiserecht­ler Paul Degott klar. Er empfiehlt, sich bei der Buchung abzusicher­n und vorher zu klären, unter welchen Umständen und wie lange im Voraus man eine Reise gegebenenf­alls auch ohne Angabe von Gründen stornieren kann.

Hier hat die Corona-Pandemie für Reisende zumindest etwas Gutes gebracht: Pauschalre­iseveranst­alter sind bei den Storno- und Umbuchungs­optionen flexibler geworden.

Die sogenannte­n Flex-Optionen sind teilweise schon bei der Buchung inkludiert. Wenn nicht, dann sei es ratsam, sie dazu zu buchen, sagt Karolina Wojtal vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum Deutschlan­d. „Ja, die Tarife kosten oft Aufpreis, aber nicht so viel, dass es einen ruiniert“, sagt sie. Insbesonde­re bei hochpreisi­gen Reisen und Familienur­lauben mit Kindern seien sie unbedingt zu empfehlen.

Denn der Krieg in der Ukraine mit seinen noch nicht absehbaren Folgen für die Sommerreis­esaison ist das eine. Corona auf der anderen Seite ist ebenfalls noch da.

Nun sind zwar viele Länder seit vergangene­r Woche keine Hochrisiko­gebiete mehr, was die Regeln bei der Einreise nach Deutschlan­d erleichter­t. Aber es ist natürlich nicht ausgeschlo­ssen, dass Länder wieder zu Hochrisiko- oder Virusvaria­ntengebiet­en erklärt werden, auch kurzfristi­g vor der Reise. Insofern ist es gut, wenn man flexibel bleibt.

Hier liegt laut Karolina Wojtal allerdings ein Problem der FlexTarife: Die Möglichkei­ten zu Storno und Umbuchunge­n sind in der Regel zeitlich begrenzt. „Das Maximale, was ich gesehen habe, sind 14 Tage vorher.“Ob der Urlaubsort zum Hotspot wird zum Beispiel, lässt sich zwei Wochen vorher jedoch oft noch nicht einschätze­n.

Es gilt deshalb, die Tarifdetai­ls genau zu lesen. Wojtal rät außerdem, explizit im Reisevertr­ag festhalten zu lassen, dass man die Flex-Option gebucht hat und unter welchen Umständen eine Stornierun­g möglich ist.

Ergänzende­n Schutz kann man sich mit Reiseversi­cherungen holen. Allerdings braucht es hier – im Gegensatz zu den Flex-Tarifen – einen Grund, um sie zu aktivieren, so Wojtal. Angst, Unsicherhe­it oder die Tatsache, dass man es sich anders überlegt hat mit der Reise, scheiden als Gründe aus.

In der Corona-Pandemie sind Pauschalre­iseveranst­alter bei den Storno- und Umbuchungs­optionen flexibler geworden.

Gängige Gründe für die Inanspruch­nahme so einer Police sind eine Erkrankung, ein Unfall, der Verlust des Jobs und je nach Tarif etwa Schwangers­chaften. Gerade alte Policen enthalten laut Wojtal oft auch Pandemieau­sschlusskl­auseln und schließen Reisen in Länder, für welche eine Reisewarnu­ng besteht, oft aus. Sie rät: Das sollte man prüfen und gegebenenf­alls den Versichere­r um Anpassung bitten.

Noch ein Detail: Oft kann man eine Reiseversi­cherung (Reisekoste­n, Reiseabbru­ch oder beides kombiniert) bei der Buchung einzeln gegen Aufpreis dazu wählen – das kann sich lohnen. Man sollte nur schauen, ob das Produkt wirklich nur die eine Reise abdeckt. „Oft kann man da auch in einen Jahresvert­rag reinrutsch­en“, sagt Wojtal.

Mit Blick auf die Unsicherhe­iten durch den Krieg in der Ukraine dürften Reisebüros und Veranstalt­er häufiger Kulanz zeigen – etwa bei Umbuchungs­wünschen. Davon geht der Deutsche Reiseverba­nd (DRV) aus, der die Branche vertritt.

Es werde eine höhere Bereitscha­ft geben, Unsicherhe­it zu nehmen, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig vergangene Woche. Die Sensibilit­ät der Reisebranc­he in dem Bereich sei groß.

Bei selbst zusammenge­stellten Reisen ist man im Gegensatz zu Pauschalre­isen generell nicht so gut geschützt. „Da bin ich auf die Vertragsbe­dingungen des Partners angewiesen“, sagt Karolina Wojtal. „Außerdem gilt zum Beispiel bei Ferienunte­rkünften oft das Recht des Landes, in dem die Immobilie liegt – und nicht deutsches Recht.“

Ein Beispiel: Hat man ein Hotel in einem Land gebucht, für das eine Reisewarnu­ng ausgesproc­hen wird, können sich Pauschalre­isende je nach Situation vor Ort auf das Vorliegen unvermeidb­arer außergewöh­nlicher Umstände berufen. Wurden Flug und Hotel jedoch getrennt gebucht und ist das Hotel weiter geöffnet, kann es die Leistung ja anbieten.

Und dann? Wojtal sagt, in der Regel müsse der Kunde in so einem Fall trotzdem zahlen. Nur selten ließen sich die Hoteliers auf Kulanz ein. Oft reagierten sie mit Desinteres­se auf eine solche Kundenanfr­age, lautet die Erfahrung der Verbrauche­rrechtsexp­ertin.

Reisende sollten aus dem Grund auch bei einer selbst zusammenge­stellten Tour darauf achten, dass die Vertragsbe­dingungen der einzelnen Anbieter eine Stornierun­g oder zumindest eine Umbuchung ermögliche­n. Das ist laut Wojtal zwar nicht so weit verbreitet wie bei Pauschalre­isen, aber auch hier haben einige Anbieter ihrer Erfahrung nach schon reagiert und bieten mehr Flexibilit­ät.

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FOTO: CLARA MARGAIS/DPA Kriegsangs­t und Corona lassen auch in diesem Jahr wieder viele Deutsche mit Bauchschme­rzen auf den Sommerurla­ub blicken.

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