Barbara Spaniol tritt in große Fußstapfen
Oskar Lafontaines Nachfolgerin will die Saar-Linken auch ohne seine Unterstützung ins Parlament führen.
SAARBRÜCKEN Eine bewegtere parlamentarische Vergangenheit als Barbara Spaniol hat kein Abgeordneter im Landtag. Die 58-Jährige hat in 18 Jahren Parlamentszugehörigkeit drei unterschiedlichen Fraktionen angehört und war zweimal fraktionslos. In der Geschichte des Landtags seit 1947 dürfte sie damit den Rekord halten. Nun tritt sie als Spitzenkandidatin der Linken in die Fußstapfen von Oskar Lafontaine. über ihren unermüdlichen Einsatz aussagt, sondern auch über den Zustand der Partei.
Spaniol, die aus Dirmingen stammt und ihr Abitur am Illinger Illtal-Gymnasium ablegte, kennt die Interna des Landtags seit Jahrzehnten. Nach ihrem Studium des wissenschaftlichen Bibliotheks- und Informationswesens in Köln fing sie 1985 in der Dokumentationsabteilung der Parlamentsverwaltung an. Dort lernte sie auch ihren heutigen Mann Andreas Pollak kennen, der von 1994 bis 1999 für die Grünen im Landtag saß.
Auch Spaniol war zunächst bei den Grünen, wurde stellvertretende Landesvorsitzende und 2004 erstmals in den Landtag gewählt. Doch 2007 verließ sie die Partei wieder und wechselte zu den Linken. „Viele Mosaiksteinchen“hätten zu der Entscheidung geführt, die Haltung der Grünen in Fragen der Sozial- oder Friedenspolitik etwa. „Das habe ich mir nicht leicht gemacht“, sagt Spaniol.
Spaniols Wechsel war ein Coup für Oskar Lafontaine, der damals gerade die Linke im Saarland aufbaute. Plötzlich war die Linke mit Spaniol – nunmehr fraktionslos, da es noch keine Linksfraktion gab – im Landtag vertreten. 2009, 2012 und 2017 zog Spaniol für die Linke in den
Landtag ein, wurde Stellvertreterin von Fraktionschef Lafontaine, 2013 sogar Landtagsvizepräsidentin. Ihr Schwerpunkt liegt seit jeher auf der Bildungspolitik.
Je härter in der Partei der Machtkampf zwischen Landesvorstand – dem Spaniol als Parteivizin angehört – und Lafontaines Landtagsfraktion ausgetragen wurde, desto mehr war sie in der Fraktion isoliert. Bis diese Spaniol im Herbst 2021 ausschloss.
Begründung: „Die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit war nicht mehr gegeben.“Spaniols Fraktionskollegen lasteten ihr unter anderem an, dass sie nichts unternommen habe, um die Manipulationen im Landesverband zu beenden.
Spaniol will darüber heute nicht mehr reden, zu dem Thema sei alles gesagt. Über Lafontaine verliert sie öffentlich trotz allem kein böses Wort. Kurz nach ihrem Ausschluss aus der Fraktion und nach einigen Tagen als fraktionslose Abgeordnete gründete sie mit Dagmar Ensch-Engel, die schon 2018 die Linksfraktion im Streit verlassen hatte, eine neue Fraktion namens „Saar-Linke“, die vom Landesvorstand fortan als legitime Vertretung der Linkspartei im Landtag angesehen wurde. So erklärt sich die kurios anmutende Situation, dass eine Abgeordnete, der von der eigenen Fraktion der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde, die Partei in den Wahlkampf führt.
Ein Wahlkampf übrigens, der für Spaniol auch eine Art Familienunternehmen ist: Ihr Sohn Florian, 20 Jahre alt und Jura-Student, ist als Geschäftsführer der Linken im Saarpfalz-Kreis nicht nur eine feste Stütze in Barbara Spaniols Wahlkampf, sondern kandidiert auch selbst für den Landtag.