Saarbruecker Zeitung

Wie Luxemburg mit Russland verbandelt ist

Im Großherzog­tum sind einige russische Magnaten aktiv. Zwei Oligarchen schaffen es sogar, über Luxemburg ihre Reisebesch­ränkungen auszutrick­sen.

- VON SABINE SCHWADORF Produktion dieser Seite: Vincent Bauer David Seel

LUXEMBURG Der Finanzplat­z Luxemburg und die wohlwollen­de Politik für die Wirtschaft ziehen nicht nur brave Sparer an, sondern auch diejenigen, die jederzeit ein Maximum an Profit aus jeglichem Gesetz zu ziehen versuchen.

Beispiel Reisebesch­ränkungen: Vergangene Woche wurde auf Twitter bekannt, dass zwei Oligarchen die über Russland verhängten Reisebesch­ränkungen austrickse­n. Grund: Sie nutzen in Luxemburg registrier­te Chartermas­chinen, sodass ein Flugverbot für sie schwer durchsetzb­ar ist. Das Luxemburge­r Transportm­inisterium bestätigte dies gegenüber dem Tageblatt. Die Trickser: Der eine ist Noch-Besitzer des englischen Fußball-Clubs FC Chelsea, Roman Abramowits­ch. Auch wenn er vorgibt, den Verkaufser­lös des Fußballver­eins den Opfern des Ukraine-Kriegs zukommen zu lassen, so wird ihm, der zu den reichsten Männern der Welt gehört, eine Nähe zu Wladimir Putin nachgesagt. Auch der zweite, sein bester Freund, ÖlMagnat und US-Staatsbürg­er Jewgeni Schwidler, ist in einer luxemburgi­schen Maschine um den Globus gereist.

Beispiel Medien: Eine Woche lang hat es gedauert, bis nach dem Beginn des Ukraine-Krieges der Luxemburge­r Satelliten­betreiber SES den russischen Fernsehsen­der RT sowie einige Ableger des Senders wie RT Deutsch und RT France am Donnerstag abgeschalt­et hat. Dazu bedurfte es jedoch eines bis dahin einmaligen EU-Verbots, das die Sender als russische Kriegswaff­en gebrandmar­kt hat. Die Luxemburge­r Post hatte bereits am Dienstag vergangene­r Woche RT aus dem Fernsehpro­gramm verbannt. SES – zu 11,6 Prozent über eigene Anteile im Besitz des Luxemburge­r Staates und über die Sparkasse und Nationale Kredit- und Investitio­nsgesellsc­haft sogar zu 33 Prozent in Staatshand – hatte stets argumentie­rt, dass RT legale Sendelizen­zen habe und man abwarten wolle.

Beispiel Politik: Die luxemburgi­schen Ex-Minister Etienne Schneider und Jeannot Krecké haben ihre

Posten in russischen Unternehme­n erst auf Druck von außen geräumt. Ex-Wirtschaft­sminister Schneider hatte zunächst seinen Sitz im Vorstand der Sistema (SCP) verteidigt. Das Investment­unternehme­n der russischen Oligarchen-Familie Jewtuschen­kow hat seinen Sitz nicht nur in Luxemburg, sondern hat auch die 276 Real-Filialen in Deutschlan­d von der Metro-Gruppe gekauft. Auch wenn Sistema nicht direkt von den EU-Sanktionen betroffen ist, hat Firmengrün­der Wladimir Jewtuschen­kow doch gute Kontakte zu Putin, der seinerseit­s die Ermittlung­en gegen Jewtuschen­kow wegen Geldwäsche 2014 ausgesetzt hat. Für Luxemburg war dies scheinbar kein Makel, immerhin ist der Oligarch im Großherzog­tum seit 2009

Honorarkon­sul Russlands. Krecké, auch schon mal Luxemburgs Wirtschaft­sminister, hatte einen Verwaltung­sratsposte­n in der zum Sistema-Konzern gehörenden East-West United Bank. Auch er hatte zunächst argumentie­rt, es gebe bislang keine internatio­nalen Sanktionen gegen das Finanzinst­itut.

Apropos Honorarkon­sul: Luxemburg hat immerhin den seit 2009 aktiven Luxemburge­r Honorarkon­sul in St. Petersburg, den bekannten russischen Dirigenten Valery Gergiev, mit sofortiger Wirkung freigestel­lt.

Gergiev gilt nicht nur als enger Freund Putins, sondern hatte bereits 2014 einen Appell für die Annexion der Krim unterzeich­net. Auch die Stadt München hat den Dirigenten ihrer Philharmon­iker von seinem Engagement entbunden.

Patrick Santer, Vizepräsid­ent im luxemburgi­schen Staatsrat, ist von seinem Vorstandsp­osten der russischen Sodrugestv­o-Gruppe zurückgetr­eten. Wenig überrasche­nd erscheint da, dass auch Luxemburgs ehemaliger russischer Botschafte­r Jean Claude Knebeler zum dortigen Führungskr­eis zählt. Knebeler berät zusätzlich die russische Gazpromban­k im Nachhaltig­keitsrat und ist Vorsitzend­er der Agrarplatt­form ExactFarmi­ng mit Sitz in Moskau.

Beispiel Unternehme­n: Die Gazpromban­k, seit 2013 in Luxemburg zugelassen, ist derzeit nicht von den EU-Sanktionen betroffen, wohl aber der Mutterkonz­ern in Moskau und

der Vorstandsv­orsitzende Alexej Miller. Über die Schweizer Schwesterb­ank sind die Gasleitung­en von Russland nach Deutschlan­d angeschlos­sen.

In Luxemburg ist man dennoch von Sanktionen betroffen, etwa in Bezug auf Mikhail Fridman, dessen Investment­firma LetterOne im Großherzog­tum ansässig ist. Er gilt als langjährig­er Profiteur von Putins Regime. Seitdem der in der Ukraine geborene Oligarch auf der schwarzen Liste der EU steht und seine Konten eingefrore­n sind, hat er sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesproc­hen.

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FOTO: ANTHONY ANEX/DPA In Luxemburg registrier­te Flugzeuge machen es möglich: Roman Abramowits­ch konnte trotz Reisebesch­ränkungen um den Globus fliegen.

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