Wie Luxemburg mit Russland verbandelt ist
Im Großherzogtum sind einige russische Magnaten aktiv. Zwei Oligarchen schaffen es sogar, über Luxemburg ihre Reisebeschränkungen auszutricksen.
LUXEMBURG Der Finanzplatz Luxemburg und die wohlwollende Politik für die Wirtschaft ziehen nicht nur brave Sparer an, sondern auch diejenigen, die jederzeit ein Maximum an Profit aus jeglichem Gesetz zu ziehen versuchen.
Beispiel Reisebeschränkungen: Vergangene Woche wurde auf Twitter bekannt, dass zwei Oligarchen die über Russland verhängten Reisebeschränkungen austricksen. Grund: Sie nutzen in Luxemburg registrierte Chartermaschinen, sodass ein Flugverbot für sie schwer durchsetzbar ist. Das Luxemburger Transportministerium bestätigte dies gegenüber dem Tageblatt. Die Trickser: Der eine ist Noch-Besitzer des englischen Fußball-Clubs FC Chelsea, Roman Abramowitsch. Auch wenn er vorgibt, den Verkaufserlös des Fußballvereins den Opfern des Ukraine-Kriegs zukommen zu lassen, so wird ihm, der zu den reichsten Männern der Welt gehört, eine Nähe zu Wladimir Putin nachgesagt. Auch der zweite, sein bester Freund, ÖlMagnat und US-Staatsbürger Jewgeni Schwidler, ist in einer luxemburgischen Maschine um den Globus gereist.
Beispiel Medien: Eine Woche lang hat es gedauert, bis nach dem Beginn des Ukraine-Krieges der Luxemburger Satellitenbetreiber SES den russischen Fernsehsender RT sowie einige Ableger des Senders wie RT Deutsch und RT France am Donnerstag abgeschaltet hat. Dazu bedurfte es jedoch eines bis dahin einmaligen EU-Verbots, das die Sender als russische Kriegswaffen gebrandmarkt hat. Die Luxemburger Post hatte bereits am Dienstag vergangener Woche RT aus dem Fernsehprogramm verbannt. SES – zu 11,6 Prozent über eigene Anteile im Besitz des Luxemburger Staates und über die Sparkasse und Nationale Kredit- und Investitionsgesellschaft sogar zu 33 Prozent in Staatshand – hatte stets argumentiert, dass RT legale Sendelizenzen habe und man abwarten wolle.
Beispiel Politik: Die luxemburgischen Ex-Minister Etienne Schneider und Jeannot Krecké haben ihre
Posten in russischen Unternehmen erst auf Druck von außen geräumt. Ex-Wirtschaftsminister Schneider hatte zunächst seinen Sitz im Vorstand der Sistema (SCP) verteidigt. Das Investmentunternehmen der russischen Oligarchen-Familie Jewtuschenkow hat seinen Sitz nicht nur in Luxemburg, sondern hat auch die 276 Real-Filialen in Deutschland von der Metro-Gruppe gekauft. Auch wenn Sistema nicht direkt von den EU-Sanktionen betroffen ist, hat Firmengründer Wladimir Jewtuschenkow doch gute Kontakte zu Putin, der seinerseits die Ermittlungen gegen Jewtuschenkow wegen Geldwäsche 2014 ausgesetzt hat. Für Luxemburg war dies scheinbar kein Makel, immerhin ist der Oligarch im Großherzogtum seit 2009
Honorarkonsul Russlands. Krecké, auch schon mal Luxemburgs Wirtschaftsminister, hatte einen Verwaltungsratsposten in der zum Sistema-Konzern gehörenden East-West United Bank. Auch er hatte zunächst argumentiert, es gebe bislang keine internationalen Sanktionen gegen das Finanzinstitut.
Apropos Honorarkonsul: Luxemburg hat immerhin den seit 2009 aktiven Luxemburger Honorarkonsul in St. Petersburg, den bekannten russischen Dirigenten Valery Gergiev, mit sofortiger Wirkung freigestellt.
Gergiev gilt nicht nur als enger Freund Putins, sondern hatte bereits 2014 einen Appell für die Annexion der Krim unterzeichnet. Auch die Stadt München hat den Dirigenten ihrer Philharmoniker von seinem Engagement entbunden.
Patrick Santer, Vizepräsident im luxemburgischen Staatsrat, ist von seinem Vorstandsposten der russischen Sodrugestvo-Gruppe zurückgetreten. Wenig überraschend erscheint da, dass auch Luxemburgs ehemaliger russischer Botschafter Jean Claude Knebeler zum dortigen Führungskreis zählt. Knebeler berät zusätzlich die russische Gazprombank im Nachhaltigkeitsrat und ist Vorsitzender der Agrarplattform ExactFarming mit Sitz in Moskau.
Beispiel Unternehmen: Die Gazprombank, seit 2013 in Luxemburg zugelassen, ist derzeit nicht von den EU-Sanktionen betroffen, wohl aber der Mutterkonzern in Moskau und
der Vorstandsvorsitzende Alexej Miller. Über die Schweizer Schwesterbank sind die Gasleitungen von Russland nach Deutschland angeschlossen.
In Luxemburg ist man dennoch von Sanktionen betroffen, etwa in Bezug auf Mikhail Fridman, dessen Investmentfirma LetterOne im Großherzogtum ansässig ist. Er gilt als langjähriger Profiteur von Putins Regime. Seitdem der in der Ukraine geborene Oligarch auf der schwarzen Liste der EU steht und seine Konten eingefroren sind, hat er sich gegen den Ukraine-Krieg ausgesprochen.