Spritpreis-Wut entlädt sich beim Tanken
Die Diesel- und Benzinpreise sind in Frankreich derzeit deutlich günstiger als in Deutschland. Eine Fahrt durch die Grenzregion bringt auf der Suche nach Reaktionen deutliche Antworten der Kunden. Und klare Ansagen an die Politik.
SAARBRÜCKEN/FORBACH Die Autos stehen in drei Schlangen vor den Zapfsäulen. Wer zum Bezahlen in den Tankstellen-Shop will, beeilt sich. Es muss schnell gehen, damit neue Autos überhaupt noch aufs Gelände kommen. Ein Fahrer nutzt eine kleine Lücke in der kürzeren rechten Schlange zum Hinüberwechseln. Die Hinterfrau macht nur langsam und widerwillig Platz. Sie hupt – er hupt zurück.
Als sich dann die Autofenster senken, sind auf dem ganzen Tankstellenplatz der „Total Access“an der Rue Nationale in Forbach französische Schimpfwörter zu hören.
„In der Tankstelle müssen sie sich eine Menge anhören, die müssten eigentlich den doppelten Lohn kriegen.“André Messemer Kunde aus Stiring-Wendel
Der Grund für das Gedränge sind die nach den jüngsten Preissprüngen in Frankreich wieder gefallenen Diesel- und Benzinpreise. Das wollen nicht nur die Franzosen nutzen: Im Laufe des Tages sind an den Schlangen vor den Zapfsäulen in Forbach und Oeting immer mehr deutsche Kennzeichen zu sehen. Gemessen an den Saarbrücker Preisen sind Diesel und Benzin im französischen Grenzgebiet aktuell rund 20, teilweise sogar 30 Cent pro Liter billiger. Trotz des Preisunterschieds ist die Stimmung der Autofahrer dies- und jenseits der
Grenze schlecht.
„Ich habe kein Verständnis für die Preise, die sind so schnell gestiegen, das finde ich unmöglich“, sagt Klaus Wilhelm aus St. Wendel, als er gegen 16 Uhr in Forbach seinen Tank vollmacht. Um diese Uhrzeit muss er das teurere „Excellent“-Produkt tanken, weil der normale Diesel schon aus ist – selbst der aber ist noch um rund 20 Cent günstiger als auf der saarländischen Seite.
Dass die Preise am Wochenende auch in Forbach „eine Katastrophe“gewesen seien, erzählt André Messemer aus Stiring-Wendel, der normalerweise in Saarbrücken tankt. Jetzt seien die Preise zwar etwas besser, sagt Messemer, doch dann zeigt er mit den Händen auf die Autoschlangen und fügt hinzu: „Die Leute sind aggressiv. In der Tankstelle müssen sie sich eine Menge anhören, die müssten eigentlich den doppelten
Lohn kriegen.“Fährt man rund fünf Kilometer weiter über die deutsche Grenze, zeigt sich ein ganz anderes Bild: Leere Tankstellen, kaum Betrieb.
Stephanie Paries-Demmer klagt über „erschreckend weniger Kundschaft seit zwei Wochen“. Auch die, die noch zum Tanken kommen, würden nur noch deutlich kleinere Beträge ausgeben, sagt die Betreiberin der „Agip“-Tankstelle an der Metzer Straße nahe der Goldenen Bremm. Den vom Bundesfinanzminister Christian Lindner (FPD) vorgeschlagenen Tankzuschuss sieht sie kritisch. Laut Medienberichten sieht Lindners Plan vor, den Betrag direkt beim Bezahlen an der Tankstelle abzuziehen. Die Tankstellenbetreiber müssten die Rechnung im Nachhinein beim Finanzamt einreichen. Für Paries-Demmer ist das zu viel Bürokratie: „Das ist absolut nicht realisierbar, was Herr Lindner sich da vorstellt, wir sind kein Kreditinstitut.“Eine Absenkung der Energiesteuer wäre aus ihrer Sicht die „unkomplizierteste Lösung für alle“.
An der „MTB“-Tankstelle an der Breiten Straße in Burbach steht Fadi Khlsra mit seinem Taxi. Zum Tanken nach Frankreich zu fahren, lohne sich für ihn nicht, sagt er. Trotzdem ist er verärgert: „Die Hälfte von dem, was man verdient, geht für den Tank drauf“. Die Preise für die Kunden will Khlsra aber genauso wenig erhöhen wie Daniel Zühlsdorf, der im Lieferservice für einen Burger-Laden in Saarbrücken arbeitet. Zühlsdorf zeigt Verständnis für die hohen Spritpreise. „Der russische Krieg in der Ukraine ist schuld“, sagt er. „Putin greift uns alle an, nicht körperlich, aber über die Preise.“