Bundesregierung steht schwer unter Druck
Die Bilder der Gräueltaten von Butscha sind kaum zu ertragen. Es sind Kriegsverbrechen gegen wehrlose Zivilisten in einem Krieg, den Russlands Präsident Wladimir Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar begonnen hat. Das Leid ist groß, der Pfad zurück in die zivilisierte Welt scheint für Putins Russland derzeit kaum noch zu beschreiten sein.
Was kann die deutsche Politik dem noch entgegensetzen? Bundeskanzler Olaf Scholz trat am Sonntag vor die Presse und kündigte weitere Sanktionen gegen Russland im Kreise der europäischen Verbündeten an. Und sprach von weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland in die Ukraine.
Hier muss die Regierung deutlich nachlegen, auch bei schweren Waffen. Die Warnung vor einer Eskalation der militärischen Situation in der Ukraine hat sich bereits erübrigt. Es gilt, schnell zu klären, warum sich Lieferungen verzögern, oder gar ausbleiben. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wirkt als hätte sie die Lage nicht im Griff. Weder kommunikativ, noch logistisch. Wenn die SPD-Politikerin ihr Haus nicht bestellen kann, dann ist sie falsch an diesem Platz – was mittlerweile auch GrünenPolitiker öffentlich aussprechen. Kanzler Scholz sollte sich das nicht allzu lange anschauen.
Der Druck angesichts der Bilder aus Butscha wächst, auch die russischen Energielieferungen nach Deutschland auf den Prüfstand zu stellen. Vereinzelte Politiker in der Ampel fordern das bereits, auch in der EU mehren sich Stimmen, einem russischen Gasembargo nicht im Weg zu stehen. Polen etwa weist mit dem Finger auf Deutschland – und will selbst die russischen Importe zum Jahresende beenden.
Ein überstürztes Handeln wäre falsch und würde das eigene Land zum Nachteil aller schwächen, so die Argumentation der Regierung. Die Begründung ist nicht von der Hand zu weisen – und hätte eben auch Auswirkungen auf Deutschlands Rolle als größter Nettozahler der EU. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf das Land, das (noch) abhängig ist von russischem Gas, machen Unternehmen und Gewerkschaften in einer ungewohnten Allianz gerade sehr deutlich.
Der Fehler, Deutschland in diese Energieabhängigkeit von Russland gebracht zu haben, reicht in die Regierungszeit von Angela Merkel zurück. Am Wochenende hatte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, erneut die deutsche Politik und namentlich auch das deutsche Staatsoberhaupt, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, scharf kritisiert. Steinmeier räumte am Montag Fehlentscheidungen etwa bei der Pipeline Nord Stream 2 ein.
Für die Protagonisten der Ampel-Regierung, den Kanzler, den Wirtschafts- und den Finanzminister, wird der moralische Druck angesichts der Gräuel immer größer. Doch wenn sie sich für diesen Weg entschieden haben, um Schaden vom eigenen Land abzuwenden, dann sollten sie ihn immer wieder gut begründen.
Und eine Alternative erarbeiten. Denn bisher haben die westlichen Sanktionen Putin von gar nichts abgehalten.