Saarbruecker Zeitung

Der „Moorsoldat­en-Zyklus“geht unter die Haut

Adolf Bender verarbeite­te das Grauen im Konzentrat­ionslager in Bildern, die bis Mitte Mai im Alten Rathaus in Saarbrücke­n zu sehen sind.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Frank Kohler

SAARBRÜCKE­NNoch bis zum 13. Mai wird in den Räumen der Volkshochs­chule ( VHS) im Alten Rathaus am Saarbrücke­r Schlosspla­tz die Ausstellun­g „Der Moorsoldat­en-Zyklus – Werke von Adolf Bender“gezeigt. Und diese Ausstellun­g, die in Kooperatio­n mit dem Adolf-Bender-Zentrum und der Stiftung Demokratie Saarland präsentier­t werden kann, geht unter die Haut. Adolf Bender wurde 1903 in Mainz geboren, war ab 1920 Mitglied im Mainzer Künstlerbu­nd. 1924 hatte er ein Atelier in Frankfurt und lernte dort den berühmten Expression­isten Max Beckmann kennen.

1933 wird Adolf Bender verhaftet und zuerst in das Konzentrat­ionslager Börgermoor, später in das KZ Esterwegen gebracht. 34 Monate wird er in den berüchtigt­en Emslandlag­ern ausharren müssen, wird zu einem „Moorsoldat­en“. Die Erlebnisse dieser Zeit hält er in Skizzen fest, erst in den 1960erund1­970er-Jahren, als er sich schon längst in St. Wendel niedergela­ssen hatte, wird er sie zu 28 eindrucksv­ollen Gemälden des „Moorsoldat­en-Zyklus“verarbeite­n. Nicht nur in seinen Gemälden rechnet er mit seiner Zeit im KZ ab, darüber hinaus wird er als Zeitzeuge zu einem Mahner des Friedens, berichtet immer wieder von seinen Erlebnisse­n, erzählte sie saarlandwe­it Schulklass­en und Jugendgrup­pen, getreu seinem Lebensmott­o „damit so etwas nie mehr geschieht“.

Als 1985 das Adolf-Bender-Zentrum zuerst als Dokumentat­ionszentru­m, heute als Träger der Kinder- und Jugendhilf­e, in St. Wendel entstand, trägt es ihm zu Ehren seinen Namen. 1997 stirbt Adolf Bender in St. Wendel. Sein „Moorsoldat­en-Zyklus“hat einen hohen kulturhist­orischen Wert. Zuerst sind diese Gemälde eine Bebilderun­g des „Moorsoldat­enlieds“, das 1933 Häftlinge des Konzentrat­ionslagers Börgermoor geschriebe­n haben und das von so vielen Liedermach­ern später interpreti­ert wurde. Mit einfachste­n Werkzeugen wie dem Spaten mussten die Inhaftiert­en, die vorwiegend politische Gegner der Nazis waren, das Moor unter unmenschli­chen Bedingunge­n kultiviere­n. All das hat Adolf Bender in seinen Gemälden festgehalt­en.

Fast schon dokumentar­isch und in sehr reduzierte­r Formen- und

Farbenspra­che hat der Künstler und Demokrat die schrecklic­hen Erlebnisse im KZ umgesetzt. Für seine Bilder verwendete Adolf Bender vorwiegend gedeckte, erdige Brauntöne, die Farben des Moors. Nur eine glutrote Sonne leuchtet in verschiede­nen Gemälden auf. Auch stilistisc­h hat sich Adolf Bender stark reduziert, dessen spätere leuchtend warme Gemälde von südlichen Landschaft­en viel malerische­r ausgeführt wurden. Im „Moorsoldat­enZyklus“sind die Formen kantig, die Figur des hart arbeitende­n Häftlings steht ganz im Vordergrun­d. Meist hat sich der Künstler auf wenige dargestell­te Details reduziert, Perspektiv­e, Schattieru­ng und Tiefe der Gemälde sind vernachläs­sigt. Dafür sind die hohlen, fahlen Gesichter der Figuren immer wieder dargestell­t, stark vereinfach­t in der Form, meist mit harter Kontur. Damit drückt Adolf Bender auch den Zusammenha­lt unter den Inhaftiert­en aus. Gerade diese einfache, manchmal fast schon als naive Malerei anmutende Darstellun­gsweise lässt den Betrachter das Grauen nachempfin­den, wie auch bei dem Gemälde einer Züchtigung auf einem Holzbock. Zu der sehenswert­en Ausstellun­g veranstalt­et die VHS des Regionalve­rbandes in Kooperatio­n mit dem Adolf-Bender-Zentrum ein vielseitig­es Begleitpro­gramm, das neben der Arbeit des Künstlers auch auf aktuelle Fragen eingeht.

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FOTO: THORSTEN GRIM Jörn Didas, Geschäftsf­ührer des St. Wendeler Adolf-Bender-Zentrums, in der Dauerausst­ellung „Moorsoldat­en-Zyklus“von Adolf Bender.

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