Saarbruecker Zeitung

Der Gesundheit­sminister hat ein Eigentor geschossen

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nLeamuteFr­abllarcühc­khzaiethme­irt in Sachen Corona-Isolations­pflicht ein Eigentor geschossen. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister war nach scharfer Kritik an seinem Plan, wonach infizierte Bürger ab Mai nur noch freiwillig in Isolation gehen sollten, gehörig unter Zugzwang geraten. Innerhalb von 36 Stunden kassierte er das Vorhaben und räumte einen persönlich­en Fehler ein. Das ist ihm hoch anzurechne­n, weil es leider nicht selbstvers­tändlich ist in der Spitzenpol­itik. Viel zu oft halten Regierungs­vertreter an Fehlentsch­eidungen aus Trotz oder Eitelkeit fest, um nicht als geschwächt zu gelten. Nicht so Karl Lauterbach. Obwohl dem ursprüngli­chen Plan ein Beschluss der Gesundheit­sminister der Länder vorausgega­ngen war und das Robert-Koch-Institut, Fachleute aus dem Gesundheit­sministeri­um und die Gesundheit­sämter für den Weg der freiwillig­en Isolation waren, nimmt Lauterbach das Kommunikat­ionsdesast­er jetzt allein auf seine Kappe. Das ist konsequent und richtig.

Als langjährig­em Spitzenpol­itiker hätte ihm die Wirkung jedoch im Voraus klar sein müssen. Mitten in der Debatte um ein Ende der Maskenpfli­cht und anderer Beschränku­ngen und mitten im Streit um die Notwendigk­eit einer allgemeine­n Impfpflich­t musste eine solche Meldung als weiterer Lockerungs­schritt wahrgenomm­en werden. Frei nach dem Motto: Ab Mai sind der Durchseuch­ung keine Grenzen mehr gesetzt, wenn gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme und gesunder Menschenve­rstand über Bord geworfen werden. Schließlic­h hätten Infizierte in Geschäften ohne Maske einkaufen können, wären sie nur skrupellos genug gewesen. Dies ist zwar angesichts der völlig überlastet­en Gesundheit­sämter und kaum stattfinde­nden Kontrollen auch weiterhin möglich – verstößt dann aber gegen klare Rechtsvors­chriften. Bei einer freiwillig­en Isolation hätten wohl viel mehr Menschen die Schwelle zu unvernünft­igem Verhalten überschrit­ten. Daher ist es zu begrüßen, dass sich auch künftig Corona-Infizierte in Isolation begeben müssen und bei Verstößen mit Strafen rechnen müssen.

Für Lauterbach wird der Vorgang trotz aller Reue nicht ohne Folgen bleiben können. Ein Rücktritt wäre maßlos übertriebe­n und nicht angemessen. Auch die frühere Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sah sich nicht mit Rücktritts­forderunge­n konfrontie­rt, als sie vor einem Jahr nach einer denkwürdig­en Ministerpr­äsidentenk­onferenz die berühmte Osterruhe ausrief und sich angesichts massiver Kritik aus der Wirtschaft kurz danach dafür entschuldi­gte und die Pläne kassierte.

Lauterbach muss sich nun aber fragen, wie er ein solches Desaster künftig verhindern will. Er gibt mit seinem Zickzack-Kurs Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker, die ihm zwar vor Amtsantrit­t seine fachliche Kompetenz nicht abgesproch­en hatten, sehr wohl aber die Fähigkeit, in der Krise ein Schlüsselm­inisterium zu leiten, dessen Kommunikat­ion nach außen höchste Bedeutung hat. Schließlic­h sind die aktuellen Lockerunge­n, Beschränku­ngen und Ausnahmere­gelungen für die meisten Bürger kaum noch zu durchschau­en. In so einer Lage zusätzlich­e Verwirrung zu stiften, zerstört wichtiges Vertrauen.

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