Zwischen Party und Prostitution
In einem Dreiteiler werden „Die Paten von St. Pauli“und ihre Geschichten vorgestellt.
SAARBRÜCKEN (ry) Bei einem Urlaub in Hamburg ist der Gang auf die Reeperbahn eigentlich Pflicht. Das berühmt-berüchtigte Amüsierviertel beherbergt zwar viele Bars, Theater und Clubs, hat allerdings auch eine dunkle Seite als „sündige Meile“, die in dem Dreiteiler „Die Paten von St. Pauli“im Fokus steht. Regisseur Oliver Schwabe taucht darin gemeinsam mit dem Zuschauer in die Vergangenheit St. Paulis ein und beginnt mit der Geschichte des Viertels in den 60er-Jahren. ZuWortkommen unter anderem ehemalige Zuhälter, Prostituierte, Polizisten und Szenekenner von St. Pauli und der Welt im Rotlicht. Viele von ihnen haben den größten Teil ihres Lebens aufdemKiez und derReeperbahn verbracht. Für sie ist dieHalbwelt des Milieus ein Zuhause, das unberechenbar und auch tödlich sein kann, aber dennoch ihr Leben nachhaltig beeinflusste – ob nun positiv oder negativ. Ihre teils drastischen Erzählungen werden mit selten gezeigtem Archivmaterial und Animationen ergänzt, die realistisch darstellen, wie sich ein Stadtteil in einen Sumpf aus Drogen, Gewalt und Prostitution verwandelte.
Zum Auftakt erklärt Schwabe, wie aus dem einfachen Hafenarbeiter Wilfrid Schulz in den 60ern binnen kürzester Zeit der unangefochtene Pate von St. Pauli wurde.
Er war ein selbst ernannter„ehrenwerter“Ganove, der stets gut gekleidet war und dasMilieu fest im Griff hatte. Zwischen Beatschuppen und Touristenströmen wurde er mit Bordellen, Glücksspiel und Stripshows reich. Doch dieKonkurrenz schlief nicht. Es war eine Zeit, in der Arbeiter leicht zu Zuhältern werden konnten, aufdemKiez eine Goldgräberstimmung herrschte und einMikrokosmos aus Sex und Gegenkultur eine Anziehungskraft ausübte, die der Beginn eines einzigartigen und zugleich abschreckenden Sittengemäldes deutscher Geschichte wurde. In den 70ern, die im zweiten Beitrag ab 21.00 Uhr behandelt werden, drängten schließlich die jungenWilden auf den Kiez. Neue Luden-Banden bestimmten das Geschäft auf der Reeperbahn. Zu den bekanntesten zählten die „GMBH“und die „Nutella-Bande“, gegründet vonKlaus Barkowsky, dem „schönen“Klaus. Dieser protzte gern auffällig gekleidetmit teuren Autos. Reich wurde er aufKosten seiner vielen Frauen, die für ihn anschafften. Bis in die 80er-Jahre schwelgten die Banden in Luxus und Reichtum. Doch ihr süßes Leben sollte schnell ein Ende finden, wie der Abschluss der Reihe ab 21.45Uhr zeigt. Zunächst ließ die Ausbreitung von AIDS das Geschäft mit den Prostituierten einbrechen, dann beanspruchte eine neue Bande das Revier für sich.
Die Paten von St. Pauli (1-3/3), 20.15 Uhr, Arte