Lerchen rupfen des Nachts
Mit zunehmendem Alter brauche man weniger Schlaf, heißt es. Das wage ich zu bezweifeln. Nur ist es so, dass der Körper einen plötzlich zu den ungewöhnlichsten Nachtzeiten weckt. Einfach so, er hat ja gerade nichts zu tun. Dann wieder einzuschlafen, ist harte Arbeit.
Die Augen fest zu und weitergeschlummert funktioniert nicht. Es müssen die wolligen Kandidaten ran: Schäfchen zählen! Man kann nun so viele Schafe von den Weiden scheuchen, wie man will, sie würden fast sämtliche Schafställe des Erdenrunds füllen, der Schlaf will trotzdem nicht kommen. Dann eben Kühe zählen und gleich die scheckigen, schwarzen, weißen und braunen sortieren, die mit und die ohne Hörner, die mit Glocken um den Hals und die mit besonders schönen Augen. Immer noch kein Sandmann in Sicht! Mich jetzt gleich damit abfinden, weniger Schlaf zu brauchen? Nein, nix da! Frösche zählen vielleicht, die kann man lustig nach allen Seiten weghopsen lassen. Ist nur zu lustig. Da lieg‘ ich nun, ich
Plötzlich ist er weg. Allen gängigen Methoden, ihn wiederzufinden, bleibt der Erfolg versagt. Nach der Schafszählung soll die Erfassung von Kühen und Fröschen den entfleuchten Schlummer zurückbringen, ohne dass es zum Erfolg führt. Vielleicht führt ja ein Vögelein, die Lerche, besungen in der Sprache der Nachbarn zurück in Morpheus‘ Arme. Ach, Alouette ...
armer Tor und bin noch wacher als zuvor! Die zählbaren Tiere gehen mir nicht aus, aber die Nerven ... Aufstehen und einen Beruhigungstee kochen? Da weigere ich mich. Das klappt nie, danach brauch ich gar nicht mehr ins Bett. Schlaflieder also: „Schlaf Kindlein, schlaf, dein Papa ist ein Schaf…“. Ging das so…? „Wer hat die schönsten Schäfchen, die hat der goldne Mond, der hinter unsren Bäumen am Himmel oben wohnt.“Das hat Hoffmann von Fallersleben gedichtet. Der mit dem „Kuckuck und der Esel“und dem „Lied der Deutschen“. Nichtsdestotrotz, sie gehen mir auf den Wecker, seine Schäfchen. Klingelt wahrscheinlich bald, der Wecker. „Alouette, gentille alouette. Alouette, je te plumerai. Je te plumerai la tête…“Sie kennen es, das französische Volkslied über die arme Lerche.
Die rupfe ich jetzt. Und rupfe und rupfe bis nirgendwo auch nur noch das kleinste Federchen …