Saarbruecker Zeitung

Eine Ausstellun­g über und gegen den Krieg

Noch bis zum 16. April zeigt die Künstlerin Clara Stolzenber­ger Arbeiten im Saarbrücke­r Arrival Room. T-Shirts und Kunstpostk­arten stehen zum Verkauf.

- VON SILVIA BUSS Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frank Kohler

SAARBRÜCKE­NZwei Arten von Bildern zeigt Clara Stolzenber­ger im Saarbrücke­r Arrival Room in der Großherzog-Friedrich-Straße. Das eine sind kleine, quadratisc­he Skizzen, das andere vier bis fünf Mal so große, detaillier­t ausgearbei­tete Gemälde. Alle sind figurativ, alle handeln vom Krieg. „Anti“hat die Saarbrücke­r Kunststude­ntin, die im nächsten Jahr ihren Bachelor-Abschluss macht, die Ausstellun­g überschrie­ben. Um klarzustel­len, dass ihre Haltung eindeutig ist, da Kunst meistens nun mal viele Deutungsmö­glichkeite­n zulässt. Eine kluge Prämisse Stolzenber­gers lautet: Wir nehmen Krieg fast nur medial vermittelt, also über die Massenmedi­en wahr. Das stimmt sogar jetzt, wo uns der Krieg so unerwartet nah gerückt ist. Dass das Thema, das die junge Frau schon seit einigen Jahren und verstärkt seit dem Syrien-Krieg beschäftig­t, auf einmal noch aktueller geworden ist, hat die Studentin selbst überrascht. Die kleinen Ölskizzen, die sie, wie man in einem Video im Netz sehen kann, mit leichter Hand und groben Konturen malt und den Hintergrun­d meist durchschei­nend lässt und verwischt, rufen daher oftmals ein Déjà-vu hervor. Es sind Szenen vom Krieg, die sich ins kollektive Gedächtnis eingebrann­t haben: das kleine Mädchen in Vietnam etwa, das nackt und schreiend auf den Betrachter zuläuft, nachdem es sich die vom Napalm-Angriff brennenden Kleider vom Leib gerissen hat.

Wie Stolzenber­ger mit wenigen groben Strichen das Mädchen wiedererke­nnbar macht, ist fasziniere­nd, das Rot der Konturen schreit wie Blut. Manche Szenen kommen einem von vielen Fronten bekannt vor, wie der Panzer im gelben Wüstensand, vor dem schemenhaf­te Personen fliehen, oder der Afrikaner, der mit einer an den Körper gedrückten AK47 Wache hält.

Die großen, erst kürzlich entstanden­en Bilder, ebenfalls in Öl, die sich laut der Künstlerin um den Nahen Osten drehen, zeigen dagegen nicht nur bis ins Detail realistisc­h ausgearbei­tete, sondern auch durchkompo­nierte, komprimier­te Szenen. Da sieht man etwa Männerbein­e auf einen wohl umgestürzt­en steinernen Diktatoren­kopf treten und eine Frau – eine bekannte Form der Schmähung – diesen mit ihren Schlappen traktieren. „Freedom“leuchtet es in ColaSchrif­t auf einem roten Sweater, und im Hintergrun­d stehen Ölpumpen.

Diese so verdichtet­en Kriegsansi­chten tragen schwer an der hineingele­gten Bedeutungs­last, etwas sehr schwer. Demgegenüb­er macht das Skizzenhaf­te der kleinen Papierarbe­iten gerade deren starke Wirkung aus. Eine Andeutung genügt, um in Kopf und Herz des Betrachter­s etwas in Gang zu setzen. Zusätzlich zu ihrer Malerei hat Clara Stolzenber­ger für den Arrival Room auch T-Shirts gestaltet und die Werke als Kunstpostk­arten drucken lassen. Den Erlös aus dem Verkauf wollen sie und der Arrival Room der Flüchtling­shilfe spenden. Eine engagierte Künstlerin trifft hier also auf einen engagierte­n Galerie-Verein – der Besuch ist doppelt lohnend.

Bis 16. April. Die Ausstellun­g ist geöffnet von Dienstag bis Samstag, jeweils von 12 bis 19 Uhr. https://arrivalroo­m.wordpress. com/home

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FOTO: BUSS Die Künstlerin Clara Stolzenber­ger im Saarbrücke­r Arrival Room.

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