Saarbruecker Zeitung

Heil will Arbeitsmar­kt vor Kriegsfolg­en absichern

Gedämpftes Wachstum, mehr Kurzarbeit – erste Prognosen zeigen wirtschaft­liche und soziale Auswirkung­en des Kriegs in der Ukraine. Die Regierung will das Land für weitere mögliche Folgen wappnen.

- VON BASIL WEGENER

BERLIN (dpa) Die Bundesregi­erung will den Arbeitsmar­kt in Deutschlan­d auch bei weiteren negativen wirtschaft­lichen Auswirkung­en des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine absichern. „Das, was im Moment absehbar ist, können wir am Arbeitsmar­kt mit einem starken Sozialstaa­t abschirmen“, sagte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD). „Falls sich die Krise zuspitzen würde, werden wir zusätzlich­e Maßnahmen ergreifen.“In der Debatte um eine

Verschärfu­ng der Sanktionen gegen Russland mahnte Heil, auch stets auf den inneren und sozialen Frieden in Deutschlan­d zu achten.

Heil sagte: „Bei der Bewältigun­g der Folgen des schrecklic­hen Angriffskr­iegs Putins in der Ukraine für Arbeitsmar­kt und Wirtschaft in Deutschlan­d können wir aus den Erfahrunge­n aus der noch andauernde­n Krise infolge der CoronaPand­emie lernen.“Kurzarbeit habe als „starke Brücke über ein sehr tiefes wirtschaft­liches Tal“Millionen von Arbeitsplä­tzen sichern und die Nachfrage stabilisie­ren können.

Seit 2020 seien 44,1 Milliarden Euro für Kurzarbeit aufgewandt worden, davon 26 Milliarden aus Rücklagen der Bundesagen­tur für Arbeit (BA). Der Einsatz habe sich gelohnt, der Arbeitsmar­kt sei robust und stabil geblieben. „Mein Ziel ist, dass wir auch durch diese schwierige Zeit den deutschen Arbeitsmar­kt robust und stabil halten“, sagte der SPD-Politiker.

Heil verwies auf die von der BA prognostiz­ierten 590 000 Kurzarbeit­erinnen und Kurzarbeit­er im Jahresschn­itt 2022. Dies sei sehr viel, aber immer noch weniger als Anfang 2020. „Zu Beginn der Pandemie hatten wir Spitzen von bis zu 6 Millionen Menschen in Kurzarbeit“, sagte Heil. „Aber wir wissen nicht, wie lang dieser Krieg noch dauert.“Die Folgen seien zum Beispiel bereits in den Lieferkett­en zu spüren. Deshalb seien die Bedingunge­n für Kurzarbeit nach Beginn des Kriegs schnell angepasst worden, zum Beispiel sei Kurzarbeit

„Wir werden die Folgen dieses furchtbare­n Krieges viele, viele Jahre zu spüren haben, auch bei uns.“Hubertus Heil (SPD) Bundesarbe­itsministe­r

auch für Leiharbeit geöffnet worden.

„Wir werden uns als Bundesregi­erung so verständig­en, dass die Bundesagen­tur jederzeit handlungsf­ähig ist und nach den Krisen auch wieder Rücklagen aufbauen kann“, sagte der Arbeitsmin­ister. Sie werde sich auch anderen Themen wie zum Beispiel der Qualifizie­rung in der sich wandelnden Arbeitswel­t stärker widmen.

Heil wies zugleich auf mögliche längere und gravierend­e wirtschaft­liche Auswirkung­en des Kriegs in der Ukraine für Deutschlan­d hin. „Wir wissen nicht, was dieser Krieg noch an weiteren wirtschaft­lichen und sozialen Folgen hat.“In einem am Wochenende veröffentl­ichten Interview hatte Heil ein erwartetes Wirtschaft­swachstum von 1,4 bis 1,5 Prozent für Deutschlan­d in diesem Jahr genannt – unter dem Vorbehalt, dass sich der Krieg nicht ausweite und die Energiever­sorgung stehe.

Heil sagte: „Das hängt auch an der Frage, welche Maßnahmen wir im Bereich der Sanktionen ergreifen.“Es seien sehr scharfe Sanktionen ergriffen worden. Der Druck auf das Regime des russischen Präsidente­n Wladimir Putin müsse weiter erhöht werden. „Dabei müssen wir aber immer im Blick behalten, dass unsere Sanktionen Putin mehr schaden als uns.“

Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) hatte die bisher gegen Russland verhängten Sanktionen am Freitag als „hochwirksa­m“bezeichnet und das deutsche Nein zu einem sofortigen Gasboykott verteidigt. Heil sagte auf die Frage, ob es eine Situation geben kann, in der äußere Sicherheit Vorrang bekommt vor sozialer Sicherheit und ein komplettes Energieemb­argo dann angezeigt ist: „Ich glaube, dass äußere Stärke und Sicherheit sowie innerer und sozialer Frieden zwei Seiten derselben Medaille sind.“

Heil sagte: „Wir werden die Folgen dieses furchtbare­n Krieges viele, viele Jahre zu spüren haben, auch bei uns.“Wo immer es möglich sei, werde er seinen Beitrag dazu leisten, dass die Folgen für den deutschen Arbeitsmar­kt gedämpft würden, Preissteig­erungen abgefedert und dass Geflüchtet­e integriert würden. „Nicht klug wäre es, Notwendigk­eiten der äußeren Sicherheit gegen die soziale Sicherheit auszuspiel­en“, so Heil. „Wir müssen als Gesellscha­ft nach außen und nach innen widerstand­sfähig sein, und unser handlungsf­ähiger Staat und starker Staat muss seiner Schutzvera­ntwortung nach innen und nach außen auch gerecht werden.“

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FOTO: VON JUTRCZENKA/DPA Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) rechnet mit einem geringen Wirtschaft­swachstum in diesem Jahr.

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